Flug in Die Nacht
dicken Gummiüberzug der kurzen Wendelantenne. Dieser Hoffnungsschimmer gab ihm die Kraft, das Funkgerät zu ergreifen und an seinen Körper zu ziehen.
»Bullet, warten Sie«, hörte Bowman. »Bullet, schalten Sie Rescue One ein, wenn Sie können. Kommen.«
»Kann nicht umschalten. Bitte, kommen Sie schnell! Landen Sie auf dem Küstenstreifen. Ich bin leicht zu finden.«
Rescue One … das war die Frequenz der Rettungshubschrauber der Ranger. Sie hatten ihn gefunden!
Aber mit wem sprach der Hubschrauber? War tatsächlich ein weiteres Bullet-Besatzungsmitglied in der Nähe? Mit wem sprach der Pilot ? Miller ? Lebte Cookin noch ? Er konnte es kaum glauben – Miller war also durchgekommen!
Aber plötzlich wurde ihm klar, daß das nicht stimmte. Miller war tot. Die Stimme im Funk klang nicht richtig amerikanisch – sie klang zu glatt, zu eingeübt. Das mußte ein Chinese sein!
Die Chinesen versuchten zu erreichen, daß der Hubschrauber landete. Das hätte ein abgeschossener Flieger niemals getan.
Ein abgeschossener Flieger sorgte dafür, daß er geortet wurde, und befolgte dann die Anweisungen aus dem Rettungshubschrauber. Er durfte gar keine Anweisungen geben. Bowmans Notsender PRC-23D war auf die Wachfrequenz eingestellt. Der Frequenzwahlschalter hatte vier Stellungen: ganz am Anschlag im Uhrzeigersinn – in Richtung Antenne – lag die Wachfrequenz; ein Klick nach links war die Stellung AUS, ein weiterer Klick ergab Rescue One, der letzte Klicker gab Rescue Two. Bowman drückte mit zitternden Fingern auf den Drehschalter und ließ die AUS-Stellung einrasten; danach klickte er mit gewaltiger Anstrengung zu Rescue One weiter und drückte auf die wasserdicht gummierte Sendetaste an der Seite des Geräts …
Die Peilanzeige des ersten Funkgeräts bewegte sich etwas nach Süden. »Noch ein paar Meilen«, sagte Collins zu seinem Kopiloten, »dann haben wir seine Position genau … «
Plötzlich ertönte aus dem zweiten Funkgerät der charakteristische Signalton Piiinng! Piiinng! Piiinng! eines Notsenders. Diesmal wies die Peilanzeige genau nach Osten.
»Ein Ton auf Rescue One!« rief Collins. »Aus dem Gebiet, über dem wir vorhin gewesen sind!«
»Dieser Kerl auf der Wachfrequenz muß ein Lauscher gewesen sein«, meinte der Kopilot.
»Und ich wäre fast auf ihn reingefallen. Okay, du folgst der Anzeige für Rescue One.« Collins schaltete von der Wachfrequenz auf Rescue One um. »Bullet auf Rescue One, ich empfange Ihr Signal. Senden Sie nochmals, wenn wir in Ihrer Nähe sind.«
Nach etwa sechzig Sekunden auf dem neuen Kurs sagte Collins: »Ich glaube, daß ich dort unten was habe. PJs, fertig machen zum Absetzen.« Im Laderaum der MV-22A flogen vier Pararescue Jumpers oder PJs mit, von denen jetzt zwei in voller Ausrüstung an den inzwischen geöffneten Laderaumtüren bereitstanden.
Collins steuerte das warme Objekt vor ihnen mit dem FLIR an. Kurz bevor es sich genau unter ihnen befand, hörten sie eine weitere Folge von Signaltönen auf Rescue One. Der Kopilot flog zunächst darüber hinweg, aber Collins drückte eine Taste ihres Bordcomputers AN/AYK-14, um die genauen Koordinaten dieses Punkts zu speichern.
»Bullet, hier Able Zero-Seven, bestätigen Sie Victor-Kilo.
Victor-Kilo.« Keine Antwort. »Bullet, hier Able, ich wiederhole, Victor-Kilo bestätigen. Kommen.«
»Unser Treibstoff reicht gerade für den Rückflug«, stellte der Kopilot fest, »und die Chinesen schicken bestimmt Verstärkung. Wir können nicht länger bleiben.«
»Noch ein Versuch, dann hauen wir ab«, beruhigte Collins ihn. Auf Rescue One sagte er: »Bullet, ich wiederhole … «
»Bullet … bestätigt … Poppa Zero … Poppa Zero … «
»Das war keine vollständige Bestätigung«, sagte der Kopilot.
»Mir reicht sie«, antwortete Collins.
»Aber du weißt nicht, wer dort unten … «
»Das riskiere ich«, entschied Collins. »Ich hab’ die Maschine.« Er übernahm das Steuer, flog eine steile Linkskurve und hielt wieder auf das mit dem FLIR geortete warme Objekt zu. Dann betätigte er einen Schalter, um die Triebwerksgondeln an den Flügelspitzen der MV-22A in Senkrechtstellung zu bringen und den großen Transporter so in einen Hubschrauber zu verwandeln. Nach dem Übergang in den Schwebeflug steuerte Fred Collins die nächste Lichtung an und sagte über die Bordsprechanlage: »PJs, unser Mann liegt vor dem Bug … ungefähr dreißig Schritte. Keine vollständige Identifizierung, aber er ist allein und scheint
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