Flug in Die Nacht
unbewaffnet zu sein. Also raus!«
Die PJs wurden an ihrem Gurtzeug auf beiden Seiten der Maschine zu Boden gelassen. Sie gingen mit schußbereiten Gewehren vor, während Collins ihr Vorgehen aus der Luft überwachte. Nach knapp einer Minute hatten sie Bowman gefunden.
»Able, hier PJ One, ich hab’ ihn. Sieht wie einer unserer Jungs aus.« Er tastete Bowman rasch nach versteckten Waffen ab, während der zweite PJ ihn aus einiger Entfernung sicherte.
»Klar zum Aufnehmen.« Sobald Collins sich näher herangeschoben hatte, ließen die Männer im Frachtraum einen Dschungelpenetrator zu ihren Kameraden hinunter. PJ One klappte die Faltsitze des Rettungsgeräts auseinander, setzte Bowman darauf und sicherte ihn mit einem Gurt. Bowman hatte noch so viel Kraft, daß er seine Arme um die Mittelsäule schlingen und tun konnte, wozu er aufgefordert wurde.
»Samar … Samar. Vergeßt Samar nicht … «, forderte Bowman seinen Retter auf. Das Röhren der Triebwerke der MV-22A über ihnen machte eine Verständigung fast unmöglich, aber PJ One schnappte immerhin ein Wort auf.
»Er scheint von irgendeinem Sammy zu reden«, meldete der PJ ihrem Piloten über Funk. »Vielleicht ist ein zweiter Mann in der Nähe.«
»Wir können nicht weitersuchen«, wandte der Kopilot ein.»Unser Treibstoff wird immer knapper.«
Collins suchte die nähere Umgebung mit dem FLIR ab. »Ich hab’ noch einen!« rief er dann plötzlich. »Vierzig Schritte rechts. Er bewegt sich nicht. Seht mal nach, wer das ist. Und holt Robby an Bord.« Der erste PJ setzte sich zu dem Geretteten auf den Dschungelpenetrator, schnallte sich an, drückte Bowmans Kopf nach unten und legte seine Arme um ihn, während der Windenmann das Seil einholte. Der zweite PJ bewegte sich inzwischen auf die zweite Fundstelle zu, bekam dabei Anweisungen von Collins und blieb in Deckung, bis erden Mann fast erreicht hatte.
Die Besatzungsmitglieder der MV-22A zogen Bowman in den Laderaum und legten ihm eine Wolldecke um die Schultern. Ein PJ leuchtete ihm mit einer Taschenlampe ins Gesicht und verglich es mit einer Zusammenstellung von Fotos der abgeschossenen Marineflieger der Ranger. »Positiv identifiziert!« meldete er über die Bordsprechanlage. »Er ist Bowman, der Pilot von Bullet Seven.«
Collins atmete erleichtert auf. »Verdammt, wer hätte das gedacht? Wir haben einen! Der andere könnte sein RIO sein.«
Der zweite PJ erreichte jetzt den Leblosen. »Sieht wie’n Filipino aus … Augenblick – er trägt Generalssterne. Kein Namensschild, aber er hat zwei Sterne am Kragen.«
Collins flog langsam näher heran. »Generalssterne … ein General? Namens Sammy? Sammy … Samar? Scheiße, das ist womöglich General Samar, der gottverdammte Vizepräsident!
Los, rauf mit ihm! Beeilung!«
An Bord der USS »Ranger« im Philippinischen Meer Montag,
3. Oktober 1994,06.00 Uhr Ortszeit
Während im Hintergrund die philippinische Nationalhymne erklang, erschien auf dem Fernsehschirm ein Text auf Englisch, Tagalog und Chinesisch, der eine wichtige Mitteilung der philippinischen Regierung ankündigte. Als er nach zwei Minuten verschwand, zeigte die Kamera das grimmige Gesicht von Vizepräsident General José Samar.
Obwohl er Brandwunden hatte und sein linkes Auge zugeschwollen war, trug er keinen Verband, weil er fürchtete, seine Landsleute würden ihn nicht erkennen – und weil alle Welt sehen sollte, was die Chinesen ihm angetan hatten. Unter seinem frischgewaschenen Tarnanzug verbargen sich eine ausgerenkte bandagierte Schulter und weitere großflächige Brandwunden.
»Meine philippinischen Landsleute«, begann er ernst, »ich bin José Samar, Zweiter Vizepräsident der Republik Philippinen. Ich spreche zu Ihnen von Bord des amerikanischen Flugzeugträgers Ranger, der sich auf der Fahrt nach Guam befindet, nachdem er vor drei Tagen von chinesischen Militärflugzeugen angegriffen worden ist. Diese Sendung wird am dritten Oktober um sechs Uhr auf den philippinischen Fernsehkanälen zwei und drei, von der Stimme Amerikas, dem Kurzwellendienst der BBC und weiteren internationalen Rundfunk- und Fernsehkanälen ausgestrahlt.
Wie Sie sehen, bin ich verletzt, aber ich lebe. Nach einem fast tödlichen Angriff chinesischer Soldaten bin ich am zweiten Oktober auf Mindanao von amerikanischen Marineinfanteristen gerettet worden. Chinesische Patrouillen haben mehrere meiner Milizionäre erschossen, während wir – zum Glück mit Erfolg – versucht haben, einen amerikanischen
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