Flug ins Feuer
deutlich bemerkbaren Schmerzen in seinen hellblauen Augen und seine Leidensmiene brachten sie schier um. »Lass mal sehen.« Aber als sie sich neben ihn hockte und ihn auf den Schoß zog, um sich die Pfote anzusehen, zog er sie weg und fauchte sie wieder an.
»Na, fein.« Hände in die Hüften gestemmt, immer noch
auf dem Fußboden, sah sie ihm hinterher, wie er wegging – weghumpelte. »Dann leide eben. Wirst ja sehen, ob mir das was ausmacht.«
Aber es machte ihr etwas aus. Es tat ihr sogar weh. Keine Frage, sie brauchte Hilfe für ihn. Sie griff nach dem Telefon und rief Sam an.
»Du bist zurück«, sagte er, bevor sie mehr als seinen Namen ausgesprochen hatte. »Toll. Wann willst du als Nächstes fliegen, weil hier eine ganze Ladung nach Alaska transportiert werden muss, inklusive zweier Zahnärzte, die bereit sind, sich den Rest ihres Sommerurlaubs den Arsch abzufrieren und auch noch reichlich dafür zu blechen.«
»Ich brauche Griffin Moores Adresse.«
»Was?«
»Ich brauche...«
»Ich habe dich verstanden.« Er wechselte von geschäftlichem zu spielerischem Tonfall. »Du willst die Adresse von dem Typen, für den du angeblich keine Schwäche hast. Der Typ, den du geküsst hast, ohne es zugeben zu wollen.«
»Hast du sie in deinen Unterlagen oder nicht?«
»Ich glaube schon. Du willst es also tatsächlich ein zweites Mal probieren, hm? Das klingt absolut nicht nach dir.«
»Gib mir einfach die Adresse«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Sie zog Lucifer an sich, und für ihre Bemühungen wurden ihre blauen Hosen mit Mehl bestäubt. Der kleine Kater miaute leise und hielt die Pfote hoch und sah so unglaublich klein und jämmerlich aus, dass es ihr die Kehle zuschnürte. »Es tut mir Leid«, flüsterte sie ihm zu. Ihr Fehler. Er war viel zu jung, um allein gelassen zu werden. Und sie hätte ihn nie mit nach Hause nehmen dürfen, denn offensichtlich war sie kein Typ, auf den man sich verlassen konnte.
»Das haben wir gleich …«
Sie hörte, wie Sams Finger über die Tastatur seines Computers huschten. »Nebenbei bemerkt, es ist nicht sehr professionell von mir, dir einfach eine Adresse zu geben«, sagte er.
Lucifer jammerte wieder, und ihr Herz zog sich zusammen. »Als ob du dich je um Professionalität gesorgt hättest. Nun mach schon, Sam.«
»He, ich mache mir Sorgen um dich .« Er gab ihr die Adresse eines Hauses am Ocean Beach. »Willst du mir vielleicht sagen, warum du wie am Rande eines Nervenzusammenbruchs klingst?«
Lucifer leckte jetzt seine schlimme Pfote, und allein sein Anblick, so klein und hilflos, zerrte an ihr. »Ich stehe nicht vor einem Zusammenbruch.« Lügnerin, Lügnerin. » Es ist nur so, dass Lucifer irgendwas mit seiner Pfote hat, und...«
»Lucifer? Wer ist Lucifer?«
Haustiere hatte er ihr vor Jahren verboten.
»Miau.«
»Du hast doch wohl kein Tier«, sagte er. » Lyndie ? Sag mir, dass du kein Haustier in meinem Gästehaus hältst.«
»Äh …«
»Miau«, sagte Lucifer wieder.
»Eine Katze? Ist das eine Katze? Die … Lucifer heißt?«
»Lucifer besteht nur in unserer Einbildung.«
»Lyndie …«
»Muss mich beeilen, Sam. Vielen Dank.« Sie legte auf, sprang hoch und hatte immer noch Lucifer auf dem Arm. Sie schnappte sich ihre Schlüssel und eilte zur Tür. Dann fuhr sie zu der Adresse, die sie von Sam bekommen hatte.
Lucifer gefiel die Fahrt gar nicht. Er rollte sich auf dem Beifahrersitz ihres Trucks ein und ließ sie lautstark wissen,
wie sehr er jeden einzelnen Augenblick dieses Abenteuers hasste. Wenn er nicht gerade laut maunzte, leckte er sich die Pfote und sah so elend aus, dass Lyndie sich noch schlechter fühlte. Als sie endlich vor Griffins Haus hielt, war sie ein totales Wrack.
Sein Haus war klein, hellblau mit Weiß abgesetzt und stand auf dem Kliff mit Blick auf den Strand. Die Fensterläden waren dunkelblau und geöffnet, um die Nachmittagssonne hereinzulassen. Genau wie die Vordertür.
Es wirkte geradezu überwältigend einladend.
Sie schnappte sich den Kater, der sofort aufhörte zu maunzen, sobald sie den Motor ausgeschaltet hatte, und eilte über den Gartenpfad. »Alles wird wieder gut«, versprach sie ihm voreilig. »Er bringt das gleich wieder in Ordnung.«
Hoffte sie. Sie klopfte, und von drinnen war das Geräusch von nackten Füßen zu hören, die auf sie zu tappten.
Griffin war gerade zurück von dem Vorstellungsgespräch bei Jake Rawlins von der Feuerwehr San Diego, als es klopfte. Die Arbeit in der Stadt war
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