Flug ins Feuer
hatten.
»Verdammt.« Sie sprang auf und versuchte, ihn aus der Gardine zu befreien, wurde aber mit einem anhaltenden Fauchen belohnt, während er die kleinen Ohren flach an den Kopf legte.
»Das Gefühl beruht auf Gegenseitigkeit, du Rüpel.« Sie hob ihn hoch und sah ihm in die Augen. »Regel Nummer eins, kein Lärm vor acht Uhr morgens. Regel Nummer zwei, kein Schaukeln in den Gardinen, sie gehören mir nicht mal.«
Sie setzte ihn auf den Boden. »Regel Nummer drei, mach ja keinen Ärger .«
Auf der Suche nach Ärger flitzte der Kater davon. Sie hätte ihn in dem Katzenkorb lassen sollen, den zu kaufen
sie am Flughafen gezwungen gewesen war. Sie blickte sich um. Hier und da lagen Wäschehaufen und Kleidungsstücke herum, um die sie sich noch nicht hatte kümmern können. Sie neigte dazu, sich lieber neue Unterwäsche zu kaufen, als sie zu waschen. Und andere persönliche Dinge hatte sie sich in all der Zeit, die sie inzwischen hier wohnte, nicht angeschafft. Deshalb gab es auch nicht viel, was der kleine Kater zerstören konnte, was genau genommen auch nicht zu ihrem Wohlbehagen beitrug.
Seit wann war dieser Ort eigentlich so steril?
Aber sie kannte die Antwort darauf bereits. Jeder Ort, an dem sie gelebt hatte, war steril gewesen, angefangen mit den Armeewohnungen, in denen sie mit ihrem Großvater gelebt hatte. Sie war richtig gut darin geworden, nur das zu besitzen, was sie leicht in einem Koffer verstauen konnte, wenn es Zeit wurde zu verschwinden.
Na gut, jetzt hatte sie also ein paar Tage ausschließlich für sich. Sie könnte den Kühlschrank ausräumen und reinigen. Gestrichen – er war bereits leer. Hmm … Sie könnte Sam anrufen und fragen, ob er eine Sonderschicht für sie hätte, aber da sie ihn bekniet hatte, ihr ein paar Tage freizugeben, war das keine gute Idee.
Sie könnte … verdammt, sie könnte die Fliesen an der Decke zählen, wenn sie wollte, aber sie hatte eine bessere Idee. Sie würde sich an den Strand legen und die Wellen beobachten. Das würde schon mal eine Stunde brauchen. Vielleicht würde sie sogar schwimmen und ein bisschen von der Rastlosigkeit verlieren, die sie einfach nicht abschütteln konnte. Sie zog sich das T-Shirt aus, in dem sie geschlafen hatte, den Badeanzug über, schnappte sich ein Handtuch, ging zur Tür und blieb stehen, als sie bemerkte, dass sie beobachtet wurde.
Der Höllenkater lag auf dem Fußboden, kaute an ihren flachen Lederschuhen und sah sie dabei mit seinen strahlend blauen Augen an.
»He«, sagte sie. »Das sind meine!«
»Miau.«
»Du kannst mich mal mit deinem ›Miau‹.« Sie riss ihm den ruinierten Schuh aus den Krallen und drohte ihm damit. »Dies ist ein direkter Verstoß gegen die Regeln.«
Unbekümmert hob er eine Pfote und begann sich zu putzen.
»Fein.« Sie gab auf und warf den Schuh weg. »Aber ich haue ab.«
Das brachte ihn dazu, das Putzen zu unterbrechen und sie anzusehen.
»Untersteh dich, mich so anzusehen. Ich bin gleich wieder zurück. Und dass du mir nichts kaputt machst während meiner Abwesenheit, hast du mich verstanden?«
Der Satansbraten gähnte sie nur an.
Sie ging aus dem Haus und schlug die Tür zu. Sie ließ das große Haus – Sams Haus, über 300 Quadratmeter Raum, vollgestopft mit schicken Sachen, in denen sie sich immer wie ein Elefant im Porzellanladen vorkam – links liegen und ging Richtung Strand. Del Mar war einer dieser erstaunlichen Orte, an denen Menschen viel zu viel Geld für ihre Häuser bezahlten, nur um diesen unglaublichen Blick auf den knallblauen Ozean und einen so hellen Himmel zu haben, dass man ständig eine Sonnenbrille tragen musste.
Die vergangene Nacht verfolgte sie noch, was sie hier draußen im hellen Tageslicht zugeben konnte, als sie über den steinigen Pfad zum Strand ging, über dem noch der Nebel hing. Es gefiel ihr nicht, wie Griffin und sie sich getrennt hatten, aber sie fand einfach nicht heraus, warum
das eine Rolle spielte. Sie hatte sich eingeredet, dass sie schließlich ihre eigenen Sorgen hatte.
Und dennoch erschien ihr heute ihr eigenes Leben … leer.
Sie hatte es selbst gewählt, so zu leben. Sie hätte es im Laufe der Zeit auch ändern können, aber das hatte sie nicht getan. Jetzt war sie allein am Strand, genau wie sie es schätzte, und das war in Ordnung so. Niemand, um den sie sich kümmern musste, niemand, den sie verlieren konnte.
Sie seufzte ruhelos, setzte sich hin und zog die Knie an die Brust.
»Wahnsinn, nun sieh sich das einer an, du kannst
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