Flug ins Feuer
ebenfalls aus, so dass nur noch die höheren Lagen schwelten. Unabhängig vom Wetter würde es nur noch etwa einen Tag dauern, bis es absolut keine Nahrung mehr hatte.
Lyndie hatte noch nie so viel Befriedigung und Erleichterung gespürt. Die erlebte Gefahr, die Adrenalinstöße und die entsetzliche Angst reichten ihr für den Rest ihres Lebens. Die Fahrt zurück zum Gasthaus fand wieder in einem total überfüllten Jeep statt. Sie saß mit ihrem Inhalator – den sie heute viel zu häufig gebraucht hatte – praktisch auf Griffins Schoß auf dem vorderen Beifahrersitz, und alle um sie herum unterhielten sich und schnatterten aufgeregt.
Griffin lächelte über etwas, was Brody hinten im Wagen sagte, und sie ertappte sich dabei, wie sie in sein schmutziges, erschöpftes Gesicht starrte.
Sein Lächeln verschwand nach und nach, aber sein Blick erwärmte sich.
Wie ihr Körper. Herrgott, sie war heute tausend Tode gestorben, als er auf diesem Berg verschwunden war. Sie hatte keine Ahnung, wie es gekommen war, dass er ihr innerhalb so kurzer Zeit so viel bedeutete, ihr, die sich nie Zeit genommen hatte, jemanden kennen zu lernen, aber sie konnte ihre Gefühle nicht leugnen, wenn sie ihn ansah.
Um sie herum regierte das Chaos; das Motorengeräusch des Jeeps, der heulende Wind, das Gelächter der anderen … aber Griffin streckte die Hand aus und streichelte ihre Wange, und bei der simplen Berührung wurde alles andere bedeutungslos – es gab nur noch sie beide.
»Geht es dir gut?«, fragte er sanft.
Ging es ihr gut... Diese letzte Woche war ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen, die im Handumdrehen vergangen war. Sie hatte diesen unglaublichen Mann getroffen, diesen erstaunlichen, starken, intelligenten Mann. Sie hatte gesehen, wie er sich seinem persönlichen Albtraum gestellt und ihn überwunden hatte. Sie hatte mit ihm gelacht und geweint.
Mit ihm geschlafen.
Und heute Abend würden sie alle zusammen essen, sich wahrscheinlich unterhalten und noch ein wenig mehr gemeinsam lachen. Vielleicht würde sie sogar wieder mit ihm schlafen – sie hoffte sehr, dass sie wieder mit ihm schlafen würde -, und dann würde sie ihn morgen früh in seine Welt zurückfliegen und selbst wieder in ihre verschwinden.
Nur das Ende einer weiteren kleinen Episode in ihrem Leben. Es gab einen Haufen unzusammenhängender Episoden, die alle nur noch vage Erinnerungen waren für sie.
Nur für sie allein.
Das war es, was sie immer gewollt hatte. Freiheit. Unabhängigkeit.
»Lyndie?«
»Mir geht es gut.« Sie brachte ein Lächeln zustande. »Mir geht’s immer gut.«
Im Gasthaus wartete Rosa mit neuen Bergen von Essen auf sie. Sie musste heute niemanden zwingen, ordentlich zuzulangen, sie waren alle hungrig wie die Wölfe, einschließlich Lyndie. Sie aß, und hinterher, bevor sie in ihrem Zimmer verschwinden konnte, wirbelte Brody sie im Hof zu den Klängen der mexikanischen Musik herum, die aus dem kleinen Lautsprecher an der Wand plärrte.
Die Nacht war warm und ruhig. Vielleicht halluzinierte
sie ja, oder vielleicht wollte sie es auch nur so sehr, jedenfalls kam ihr die Nacht klarer und noch schöner vor als die Nächte, die sie erinnerte. Der Mond schien auf die Hügel um sie herum und auf den schönen Garten im Hof, den Rosa so hingebungsvoll pflegte.
Nicht gewöhnt an solch leichten Zeitvertreib, versuchte sie sich zu befreien, weil ihr von seinem Herumwirbeln schon schwindlig wurde. »Ich trete dir noch auf die Füße«, warnte sie ihn.
»Deshalb trage ich ja Stahlkappen an den Stiefeln, Schätzchen«, grinste Brody. »Du kannst mir auf die Füße treten so viel du willst.«
Sie sah in ein Gesicht, das mit seiner ruhigen Kraft und den alles sehenden Augen Griffins Gesicht so ähnlich sah und dennoch so verschieden war. Brody lächelte häufiger, was die tiefen Lachfalten bezeugten, und Lyndie konnte sich gut vorstellen, dass Frauen an diesen Moore-Bruder leichter heranzukommen glaubten. »Warum tanzt du überhaupt mit mir?«
»Was, darf ich nicht mit einer schönen Frau tanzen?«
»Die schöne Frau, die mit dir tanzen möchte, steht am Rand der Tanzfläche, hat sich mächtig aufgebrezelt, um deine Aufmerksamkeit zu erregen, und würde mich mit ihren blitzenden Augen am liebsten erdolchen.«
»Ah. Nina «, sagte er mit einem sehr männlichen Seufzer.
»Du weißt, dass ihr Vater bewaffnet ist, ja?«
Brody grinste. »Er würde mich nicht erschießen.«
»Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher.« Sie sah ihn
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