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Flugrausch

Flugrausch

Titel: Flugrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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kontrollieren will, alles nur wegen eines anonymen Anrufs. Fenwick, der mit einem Arschtritt davongejagt wird, den er sich in gewisser Weise verdient hat, weil er nun mal ein Arschloch war. Fenwick fährt völlig panisch davon und schmeißt seinen Wagen um. Kommt ins Krankenhaus. Verängstigt, wütend, beschämt erklärt er, seine Verletzungen seien das Ergebnis eines tätlichen Angriffs. Dann überlegt er es sich anders, weil er nicht will, dass ein Kerl wie Munro hinter ihm her ist und ihn niederschießt.
    Er sagt die Wahrheit, dachte Pam – zum Teil jedenfalls, und lässt nur die panische Fahrt den Hügel hinunter und den Unfall in der ersten Kurve aus.
    Trotzdem, mit Munro mussten sie mal ein ernstes Wörtchen reden, bevor er noch jemandem ernstlich was antat.

14
    Heute wurde der Einmischer von noch größerem Missmut angetrieben als sonst. Nicht dass der Tag schlecht begonnen hätte. Diese Woche hatte er die Schicht von sechzehn Uhr bis Mitternacht, also konnte er Jessica in die Schule bringen, und gestern und heute hatte er beschlossen, das Frettchen mitzunehmen und den Kindern zuzuschauen, wie sie sich nervös herandrängten, es streicheln wollten, aber Angst vor den spitzen Zähnen hatten. Er forderte sie sogar ein wenig heraus. Das machte ihm Spaß – ihre Angst, seine Andersartigkeit im Vergleich zu den anderen Eltern: Schmarotzer, die meisten von ihnen.
    Dann war er an der Bäckerei vorbei nach Hause gegangen, hatte Milch, eine Schnecke und den Progress gekauft, hatte es sich mit einem Milchkaffee auf der vorderen Veranda gemütlich gemacht, von der aus man auf Adlerfarne und Brombeerstecken blickte und hinüber zu den toten Eukalyptusbäumen an der Five Furlong Road. Hatte seinen Kaffee getrunken, die Schnecke gegessen – leicht trocken, wahrscheinlich vom Vortag – und durch die Zeitung geblättert, hatte seinen wöchentlichen Brief unter der Überschrift »Bericht des Einmischers« gelesen, der seinen allgemeinen Zorn wieder aufflammen ließ. Hatte sich dann Tessa Kanes eigener wöchentlicher Kolumne zugewandt, die direkt neben seinem Brief stand. Hatte ein paar Zeilen gelesen. Und dann hatte sich eine ungeheuer große Scham seiner bemächtigt. So etwas war ihm sein Lebtag noch nicht passiert.
    Die Schlampe hatte ihn damals in Rosebud mit dem Frettchen spazieren gehen sehen, und nun schrieb sie darüber und nannte ihn einen Spinner. Am Morgen hatte er schon das Gefühl gehabt, komisch angegafft zu werden. Offenbar hatten ein paar Leute den Artikel gelesen und eins und eins zusammengezählt.
    Allgemeine Belustigung, auf seine Kosten. Hinter seinem Rücken mit dem Finger auf ihn zeigen: Spinner. Mostyn Pearce fieberte.
    »Spinner.«
    »Einmischer.« Seine Haut glühte vor Scham, und er bekam kaum noch Luft.
    Er stolperte aus dem Haus, ging die Crescent, dann die Five Furlong Road entlang, wo er wie ein Zombie weiterlief, brennend, brennend. Was konnte er nur gegen diese Verachtung tun, wie sie entschärfen? Mit dem Frettchen konnte er sich jedenfalls nicht mehr sehen lassen. Verdammt, wie er sich diese Schlampe von Kane mal vorknöpfen wollte. Was war das überhaupt für ein Name, Kane? Jüdisch? Verdammt, diese Schlampe. Einerseits hatte er immer gewollt, dass sie wusste, wer er war, wie er wirklich hieß, dieser Mann, den sie den Einmischer nannte und dessen Briefe sie jede Woche abdruckte. Aber wenn er sich jetzt outete, dann würde sie in ihm den Mann mit dem Frettchen wiedererkennen, den Spinner, und sein allwöchentlicher Zorn auf die kommunale Unfähigkeit und auf eigensüchtige Mitbürger würde alle Kraft verlieren. Sie würde kichern, mit dem Finger auf ihn zeigen, sagen: »Sie sind der Einmischer?«, und nie wieder etwas von ihm drucken.
    Er stapfte mitten auf der Straße weiter und kam sich hilflos vor. Die toten Eukalyptusbäume bildeten über seinem Kopf ein Gewirr aus knorrigen grauen Fingern. Auf der anderen Seite des von Brombeeren überwucherten Zaunes lag eine alte Wiese mit Obstbäumen, deren Blätter sich verfärbten. Einen halben Kilometer weiter lag Upper Penzance wie eine ummauerte Siedlung ohne Mauer hochnäsig auf der Anhöhe. Links lag Ian Munros Farm. Keine Spur von den geschundenen Schafen zu sehen. Hatte die RSPCA Untersuchungen angestellt? Wetten, dass nicht? Heutzutage kümmerte sich doch niemand mehr um irgendwas.
    Pearce kam an dem amerikanischen Briefkasten vorbei. Unfassbar. Die kleine rote Fahne war oben. Pearce klappte sie herunter.
    In diesem Augenblick hörte

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