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Flugrausch

Flugrausch

Titel: Flugrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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ungefähr, was es bedeutete, es war kein gebräuchliches Wort, und sie wusste, dass er das als versteckten Angriff auf seinen Intellekt verstand. »Ach, lass mich doch in Ruhe«, raunzte er.
    Schweigend fuhren sie weiter. Sie spürte, wie sein Verstand Überstunden machte und nach einer Möglichkeit suchte, ihr zu schmeicheln, sie rumzukriegen, sie einzubeziehen. Um ihn abzulenken, fragte sie: »Glaubst du, Kellock hat Recht?«
    »Womit?«
    Sie konnte sich gerade noch beherrschen, um nicht zu sagen: Was er uns vor fünf Minuten erzählt hat, und sagte stattdessen: »Werden die bösen Jungs von selbst auffällig?«
    »Für mich hörte sich das wie Blödsinn an.«
    »Ich glaube, er hat Recht«, sagte Pam.
    Auf der einen Straßenseite lag eine Grundschule, auf der anderen eine Kirche. Pam verlangsamte vor einer Bremsschwelle und dem Schulübergang. »Ich meine«, fuhr sie fort, »wenn du jemanden wegen eines kaputten Bremslichts anhältst, stehen die Chancen zehn zu eins, dass der Kerl betrunken ist oder bis oben hin voll gedopt, oder er hat keinen Führerschein, sein Fahrzeug ist nicht verkehrstauglich, oder er hat eine Latte an Knöllchen nicht bezahlt. Was ihn betrifft, gelten Geschwindigkeitsbegrenzungen und Warnleuchten nicht.«
    »Ja«, sagte Tankard. »Er ist blöd.«
    »Ich glaube, da steckt noch mehr dahinter«, fuhr Pam fort, doch bevor sie sich darüber auslassen konnte, streckte sich Tankard ausgiebig und ließ seinen Arm auf ihrer Rückenlehne landen. Fast so, als würde er sie umarmen. Sie konnte seinen Arm dort spüren, einen rosigen, haarigen Brocken Fleisch, Millimeter von Hals und Schultern entfernt.
    »Nicht«, sagte sie böse.
    »Was denn?«, tat er unschuldig, nahm aber seinen Arm fort und machte daraus eine ganze Pantomime des Wohlbefindens.
    »Schon besser.«
    »Was denn?«
    Sie wechselte das Thema. »Weißt du irgendwas über diesen Munro?«
    Tankard zuckte mit den Schultern. »Nö.«
    Pam konnte sich nie sicher sein, wie viel John Tankard während der Einweisungen zu Beginn der Schicht tatsächlich mitbekam. Sergeant van Alphen zufolge hatte ein Inspekteur der RSPCA eine Meldung über Not leidende Schafe auf einer Farm in der Nähe von Upper Penzance überprüft. Es bestand der Verdacht, dass der Farmer, ein gewisser Ian Munro, den Inspekteur angegriffen und krankenhausreif geprügelt hatte.
    »Überprüfen Sie die Geschichte dieses Inspekteurs«, hatte van Alphen gesagt, »finden Sie raus, ob er Anklage erheben will, und dann reden Sie mal ein Wörtchen mit diesem Munro.«
    Sie hatten keine Zeit mehr gehabt, Munros Namen durch den Computer zu jagen, aber ein paar Uniformierte im Einweisungsraum kannten Munro offenbar und hatten mit gespielt düsterer Stimme zu Pam gesagt: »Viel Glück«, so als würde sie mehr als nur Glück auf ihrer Seite brauchen.
    »Ein undankbarer Job«, sagte sie.
    »Polizist?«
    »Na ja, das auch, aber ich meinte, es muss wohl ein ziemlich undankbarer Job sein, als RSPCA-Inspekteur.«
    »Wieso?«
    Warum ließ sich John Tankard nie auf ein Thema ein? Warum dachte er jetzt nicht über ihre Bemerkung nach? Denk doch mal drüber nach, wollte sie zu ihm sagen, aber sie waren vor der Einfahrt zum Krankenhaus angekommen, und sie musste wegen eines alten Mannes in einem klapprigen Holden bremsen, von dem man nicht mehr sah als Hut und Hände, die sich an den Lenker klammerten, während der Wagen genau zwischen den beiden Torsäulen stand und der Fahrer sich den nächsten Schritt überlegte.
    »Alter Döskopp«, schimpfte sie und wollte, dass Tankard sich vorstellte, selbst eines Tages als alter Döskopp zu enden.
    Tankard erwiderte nichts. Dann sagte er, als müsse er seine Männlichkeit beweisen: »Nächsten Samstag fängt wieder die Footballsaison an.«
    Pam wusste, dass er für Essendon war und eine sturköpfige Zuneigung zu dem Spiel hegte. Sie auch, aber für Hawthorn natürlich, wo sie mehr oder weniger aufgewachsen war. Dass sie Football mochte, verdankte sie auch der Tatsache, dass sie in einer Familie voller zurückgezogener Universitätsintellektueller groß geworden war, die keine Zeit für körperliche Leistungen hatten – ihre, Pams Leistungen, in gewisser Hinsicht. Ihr Vater wurde besonders bissig, wenn es um »Footballprofessoren« ging, vor allem Professoren für australische Geschichte, die gern glaubten, eins mit dem gemeinen Volk zu sein, tatsächlich aber nur Weicheier waren. Sie schüttelte die Erinnerung ab – sie zumindest liebte Football – und ließ

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