Flugrausch
Munro die Casement umbringen wollte, warum hat er dann die ganze Zeit damit gewartet?«
Challis war auch nicht überrascht, als er Ellen etwas darauf erwidern hörte, so als habe sie auf die Frage gewartet: »Er hat ein Foto von ihr gekauft, also hat er vielleicht angenommen, er habe den einzigen Abzug. Dann hat er herausgefunden, dass sie noch eine zweite Kopie davon hatte, oder er fragte sich, was, wenn sie noch einen Abzug hat.«
»Woher sollte er denn wissen, dass sie einen Abzug hatte, wenn er ihn nicht an der Pinnwand gesehen hat? Und wenn, warum hat er ihn nicht mitgenommen und verbrannt? Es sei denn, er hatte Angst, dadurch Aufmerksamkeit zu erregen.«
»Also, ich weiß nicht«, antwortete Ellen. »Ist Munro ein Typ, der einen Flugplatz aufsucht?«
Scobie schüttelte den Kopf. »Nicht der Munro, den ich kenne.«
Ellen drehte sich um und sah Challis zwischen den Sitzen an. »Hal? Irgendwelche Ideen?«
»Vielleicht hat er letztes Jahr das Foto von ihr gekauft, weil man den Cannabis darauf erkennen kann und er nicht wollte, dass das jemand anderes sah. Kitty schien keine Ahnung zu haben, was auf dem Foto war, also wiegte er sich in Sicherheit. Dann hatte er doch Bedenken. Fragte sich, was, wenn sie die Negative für Kunden aufhob, die weitere Abzüge wollten, zum Beispiel.«
»Sie deswegen umbringen zu wollen ist doch wohl ziemlich drastisch, es sei denn, er hatte von ihr wirklich etwas zu befürchten.«
Challis nickte. »Ich weiß. Wir können nicht ausschließen, dass sie entdeckt hat, was auf dem Bild ist, und ihn darauf angesprochen hat oder dass sie es schon die ganze Zeit gewusst und ihm damit gedroht hat.«
»Erpressung?«
Challis zuckte mit den Schultern. »Oder sie wollte eine Beteiligung.«
»Sie ist doch eine Freundin von Ihnen, Hal.«
»Und?«
»Wollen Sie weiter dranbleiben?«
»Im Augenblick ist das Ihr Fall, Ellen.«
»Oder aber«, überlegte sie weiter, »jemand anderes hat versucht, sie umzubringen. Wenn es denn ein Mordversuch war.«
Sie waren eine Weile still, dann sagte Challis zögerlich: »Scobie, könnte ein gewöhnlicher Farmer wie Munro Marihuana anbauen, ernten, trocknen, verpacken, transportieren und unter die Leute bringen?«
Sutton schüttelte den Kopf. »Nicht der Munro, den ich kenne. Aber er steckt in finanziellen Schwierigkeiten und war vielleicht empfänglich für die Idee, Marihuana anzubauen. Damit ist viel Geld zu verdienen. Eine Pflanze in Hydrokultur bringt fünfhundert Gramm Cannabis im Wert von viertausend Dollar oder mehr. Zehn Pflanzen, drei bis vier Ernten im Jahr, das bringt bis zu hundertsechzigtausend.«
Challis nickte. Er kannte die verschiedenen Täterprofile: Da gab es die »Wilden«, die irgendwo im Freien ein paar Pflanzen für den Eigenbedarf zogen; die etwas besser organisierten, die bis zu hundert Pflanzen pro Saison ernteten, um ihr Einkommen aufzubessern; Großpflanzer, die das Einkommen dazu verwendeten, um legale Unternehmen zu finanzieren; und sich abstrampelnde, ehemalige Grundstücksbesitzer, die größere Flächen bewirtschafteten, um die schlechten landwirtschaftlichen Einkünfte aufzubessern.
»Munro ist doch sicher in der Gegend viel zu bekannt, um das Zeug hier zu verkaufen«, sagte Challis, »also, wer hilft ihm dann? Und liefert er weiter weg, bis nach Melbourne, zum Beispiel? Hat er dort Kontakte? Und was, wenn die Pflanzen kränkeln? Es wäre ja nicht das erste Mal, dass ein Pflanzer sich der Hilfe eines ehemaligen Botanikers des Landwirtschaftsministeriums bedient, um einen Ernteverlust zu verhindern. Das sind ein paar der Fragen, auf die wir Antworten suchen.«
»Stimmt.«
Challis warf Ellen einen Blick zu. »Tut mir Leid, wenn ich mich in Ihre Arbeit einmische.«
Ellen zuckte leichthin mit den Schultern. »Macht mir nichts aus. Je mehr Köpfe darüber nachdenken, umso besser, finde ich. Anhaltspunkte für steigende Drogenaktivität gibt es genug, wenn auch nicht notwendigerweise Marihuana. Daran ist meiner Meinung nach South Australia schuld.«
Challis wusste, worauf sie anspielte. Aufgrund der dort herrschenden laxen Marihuana-Gesetzgebung war South Australia zu einem Mekka der Marihuana-Hydrokultur geworden. Dies bedeutete allerdings auch intensiven Lieferverkehr von dort nach Victoria und New South Wales, per Auto, Bus, Flugzeug und Lastwagen. Die Polizei kontrollierte in der Zwischenzeit auf den Interstate-Highways stärker und bedrohte so die Versorgungsrouten, was die Dealer in Victoria und New South Wales
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