Flurfunk (German Edition)
schlimmer, im Sender und vor Felix wie ein Depp dazustehen, weil man nicht einmal ein so einfaches Interview mit der Leiniger hinbekam.
Ich beschloss, mit offenen Karten zu spielen.
»Felix, hast du mal ’ne Minute?«
Felix sah erstaunt auf.
»Klar. Irgendwas nicht okay bei dir?«
Ich zog die Tür zu und setzte mich auf den Besucherstuhl.
»Es gibt ein Problem mit dem Annabelle-Leiniger-Interview.«
»Wieso? Hat sie abgesagt?«
»Nein, es steht alles und ist auch vorbereitet. Es handelt sich mehr um ein privates Problem.«
Felix sah mich verständnislos an.
»Wie? Versteh ich nicht!«
»Versprichst du mir, dass das, was ich dir jetzt sage, unter uns bleibt?«
»Ich unterliege zwar keiner Schweigepflicht, aber ich kann schon die Klappe halten, wenn du Wert darauf legst. Jetzt bin ich aber neugierig! Was hast du denn für ein Problem mit der Leiniger?«
Ich atmete durch und fasste mir ein Herz.
»Eigentlich hat sie ein Problem mit mir, weil ich mit Justus Staufen zusammen bin oder zumindest gerade auf dem Weg dahin.«
Schweigen.
»Nee! Sag das noch mal! Du hast was mit Justus Staufen?«
Da ich A gesagt hatte, musste ich auch B sagen und erzählte Felix von Justus und den Problemen mit Annabelle.
Er schüttelte ungläubig den Kopf.
»Lotte, Lotte! Ich fass es nicht! Die Becker kann wirklich eklig sein, wenn sie will. Und wenn sie was vermarkten will, kennt sie auch keine Grenzen. Hab da auch schon meine eigenen Erfahrungen machen dürfen. Aber Justus Staufen ist ein guter Typ, wieso blickt der da denn nicht durch. Warum lässt er sich von den Weibern so tyrannisieren?«
»Gute Frage! Wüsste ich auch gern.«
Felix rieb sich nachdenklich über das Kinn, dann sagte er: »Lotte, es ist gut, dass du zu mir gekommen bist. Das mit dem Interview würde so wirklich keinen Sinn machen. Ich sehe nur eine Möglichkeit. Wir fragen Imka, ob sie die Fragen übernimmt.«
»Aber Imka kommt doch erst in einer Woche zurück!«, warf ich ein.
»Ja, aber es geht ihr sehr gut, ich habe erst gestern mit ihr gesprochen. Und glaub mir, wenn sie uns helfen kann, macht sie das. Ich müsste sie nur einweihen. Ist das okay?«
Warum eigentlich nicht? Zu verbergen in dem Sinne hatte ich nichts, und Imka würde es bestimmt nicht rumtratschen. Wir hatten ihren Ausfall ja auch nicht weitererzählt.
»Gut. Lass uns Imka fragen. Ist für alle wahrscheinlich das Beste!«
»Denk ich auch. Und du, Lotte, lässt dich von diesen Weibern nicht einschüchtern, klar? Wir sehen uns morgen im Vivaldi . Lass uns eine halbe Stunde früher mit Imka an der Bar treffen und die Fragen mit ihr durchsprechen.«
Erleichtert atmete ich auf! Das Interview war zwar immer noch nicht mein Traumtermin, aber immerhin müsste ich nur dabei sein und Imka würde die Fragen stellen.
Beruhigt fuhr ich nach Hause.
Heute würde ich mir einen ruhigen Abend machen und früh ins Bett gehen, komme, was wolle.
Lena stand gerade am Herd, als ich hereinkam.
»Hallo, Süße! Magst du mitessen?«
»Was gibt’s denn?«
»Wokgemüse und Reis.«
Das klang gut.
»Gerne. Aber bist du nicht mit Casper eingeladen?«
Lena verdrehte die Augen.
»Ja, schon. Seine Eltern geben wieder irgendeinen Empfang,
aber da gibt’s immer nur Sachen mit Fleisch, und ich will nicht den letzten Rest Sympathie seiner Eltern für mich mit dem Satz ›Ich bin Vegetarierin‹ zunichte machen. Da esse ich lieber jetzt und sage nachher, ich hätte ’ne Magenverstimmung und dürfe nichts essen.«
Sieh an! War das etwa meine Lena, die immer und überall ihren Standpunkt vertrat und lauthals predigte, die Leute müssten einen so akzeptieren, wie man sei?
»Das passt gar nicht zu dir, so eine Notlüge. Normalerweise macht dir Anecken doch geradezu Spaß.«
Ertappt schaute Lena mich an.
»Ja. Stimmt. Aber ich habe keine Lust, mich mit Casper den ganzen Abend zu streiten, nur weil ich die in Honig gebratenen Hühnchenschenkel nicht esse und seine Eltern beleidigt sind.«
Es musste ihr wirklich Ernst mit Casper sein, denn Kompromiss war ein Wort, das Lena nicht einmal buchstabieren konnte.
»Und wie war’s gestern mit Justus? Ich fand seinen Überraschungsbesuch zum Niederknien.«
»Das fand ich auch …« Nachdem er selbst meine Mutter überstanden hatte, standen die Zeichen auf Grün, und ich war zum ersten Mal beruhigt und glaubte an eine Zukunft!
Nach dem Essen räumte ich die Spülmaschine ein, und Lena machte sich auf den Weg.
Endlich mal wieder allein und sich in Ruhe ein Bad
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