Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
muss duschen.«
    Trotz Lenas Gegenwehr ging ich unter die Dusche. Das heiße Wasser tat gut, langsam sah ich wieder klarer und damit auch die Zeitungsbilder vor meinem inneren Auge.
    »Lena!«, rief ich.
    Sofort kam sie angerannt.
    »Lena, ich möchte hier weg! Können wir übers Wochenende irgendwohin?«
    Sie zögerte keinen Augenblick.
    »Ich packe uns ein paar Sachen und kümmere mich um alles. Zieh du dich einfach an.«

    Nur wenig später saßen wir im Taxi, das uns zum Bahnhof brachte.
    »Mit Felix habe ich gesprochen. Du hast bis Mittwoch frei, eigentlich braucht er dich dringend für die Vorbereitung des
TV -plus-Award , aber unter den Umständen macht er eine Ausnahme. Ich soll dich ganz lieb von ihm grüßen.«
    Was würde ich nur ohne Felix und sein Verständnis machen!
    »Wo fahren wir denn hin?«
    »Lass dich überraschen.«
    Mir sollte alles recht sein, solange ich nur wegkam und keinen Justus sehen musste.
    Lena besorgte die Tickets.
    Als der Zug sich in Bewegung setzte, verriet sie: »Wir fahren nach Paris zu Caroline.«
    Entgeistert sah ich sie an. Zu Caroline nach Paris war eine geniale Idee, genau, was ich jetzt brauchte, aber wieso um Himmels willen saß ich im Zug? Das dauerte Stunden! Natürlich wollte ich nicht undankbar erscheinen, trotzdem fragte ich nach.
    »Das ist ’ne super Idee, aber weshalb fliegen wir nicht? Wir brauchen doch mindestens zehn Stunden!«
    »Genau! Das ist die Therapie dabei. Mit jedem Kilometer merkst du, wie du alles hinter dir lässt. Fliegen ist doch so surreal, da steigt man ein und aus und merkt gar nicht, wie weit das eigentlich ist. Außerdem nehmen wir ab Stuttgart den Nachtzug. Das wollte ich schon immer mal ausprobieren.«
    Ich aber nicht! Das mit der Therapie klang an sich einleuchtend, wäre da nicht Lenas Flugangst gewesen.
    Ich sank in den Sessel. Wenigstens gab es ein Bordrestaurant, das wir gleich in Beschlag nahmen und unter den Augen der verwunderten Gäste in eine Trinkhalle verwandelten.
    Mein Handy klingelte. Es war Justus. Mist, ich hatte total vergessen, es auszuschalten!
    »Drück ihn weg, Lotte!«
    Nichts lieber als das!
    Am besten löschte ich gleich alle seine Nummern aus meinem Handy, so konnte ich erst gar nicht in Versuchung geraten, anzurufen und mein letztes Quäntchen Würde zu verlieren.
    In meinem Kopf war nichts sortiert. Es war, als ob die Bilder von Justus und Annabelle alle gemeinsamen Erlebnisse und Erinnerungen mit Justus und mir gelöscht hätten. Wieso schienen die Fotos aus der Zeitung realistischer und wahrer als meine tatsächliche Beziehung mit Justus? Weil sie schwarz auf weiß gedruckt waren und deshalb bestätigt wirkten? Was war schon mein Wort gegen die Sprache der Bilder in Millionenauflage?
    Und warum wollte Justus mich immer noch sprechen? Hatte er mich nicht schon genug gedemütigt? Und ich Idiot war bereit gewesen, alles zu vergessen und noch mal von vorn anzufangen. Tja, so ist das, wenn man mit dem Feuer spielt. Aber natürlich hatte ich keine Warnung wahrgenommen, weder seine Vergangenheit noch Eves Auftritt in seiner Wohnung oder Ulli Beckers Andeutungen.
    Ulli Becker! Das würde ihr persönlicher Feiertag werden. Endlich hatte sie die Publicity, die sie und ihr bescheuerter Uli-Mann brauchten. Bestimmt war der Film grottenschlecht und jetzt endlich gerettet.
    Ob Annabelle eine Prämie oder Beteiligung zur Belohnung bekam? Am Ende hatte Ulli Becker selbst auf der Lauer gelegen und die Fotos geschossen! Bei der Vorstellung von Ulli Becker im Tarnanzug mit Nachtsichtgerät und Objektiv musste ich unwillkürlich lachen.
    Lena sah mich besorgt an. Wer konnte es ihr verdenken? Mein labiler Zustand, gepaart mit spontanem Gekicher, kam eher wie die Vorstufe zum Wahnsinn rüber anstatt einem Ich-musste-gerade-an-etwas-Erheiterndes-denken-Lachen.
    Sie schenkte mir nach. Auch eine Art, mich ruhig zu stellen.
    Tatsächlich merkte ich erst, wie müde ich war, als Lena mich aus dem Bordrestaurant schob, nachdem ich mit dem Kopf auf die Tischplatte geknallt war und der schwäbelnde Kellner seine Geduld verloren hatte.
    »Des geht aber ned! Was solled denn die Leud denge? Des kennet se bei uns ned mache!«, hatte er geschimpft.
    Leider war ich zu langsam, um zu antworten, dass ein Bundesland, dessen Landeshauptstadt regelmäßige Letz-putz!- Wochenendenveranstaltete, wahrscheinlich nicht einmal dulden würde, dass ein Tropfen Wasser auf die Tischdecke fiele, aber Lena schob mich weiter.
    Dabei mochte ich die Schwaben sonst

Weitere Kostenlose Bücher