Flurfunk (German Edition)
noch kleiner ist als er, zu belästigen! Was macht der Depp? Er bäumt sich vor ihr auf und ruft die ganze Zeit ›Tell me how big I am!‹ «
Das hörte sich nach Unterhaltung an.
»Und was machst du hier, wo du doch eigentlich unabkömmlich bist bei Seiner Majestät?«
Tim schaute sich schnell um.
»Eigentlich braucht der mich gar nicht, bei dem Gefolge, das ihm dient. Der hat sogar einen, der nichts anderes macht, als ihm Fussel von den Klamotten zu fegen. Nein, ich habe mich nur rausgeschlichen, um euch zu sagen, dass Justus und Annabelle schon da sind und eine gemeinsame Kabine haben. Also geht erst mal nicht nach hinten.«
Mein Herz begann wie wild zu pochen. Allein die Tatsache, Justus in der Nähe zu wissen, machte mich so nervös, dass ich anfing zu zittern.
Mimi nahm meine Hand.
»Hey, du schaffst das. Denk einfach an den Job, den du machen musst.«
Das war leichter gesagt als getan. Sobald jemand hinter mir lief oder ich im Augenwinkel jemanden vorbeilaufen sah, setzte mein Herz aus. Einmal meinte ich, Annabelle kreischen gehört zu haben, was sich aber als Irrtum herausstellte.
Wenn ich daran dachte, dass die beiden eine Garderobe teilten, kam mir die Galle hoch. Hatte Justus sich endlich in sein vorbestimmtes Schicksal mit Annabelle gefügt?
Vielleicht gab sie gleich die Verlobung vor laufender Kamera bekannt?
Leider konnte ich mir keine weiteren Horrorszenarien ausmalen, denn ich musste eine Sängerin namens Tyra abholen, die für den Preis Internationale beste Sängerin nominiert war, und sie zur Maske begleiten. Der Gang zur Garderobe war ein echter Spießrutenlauf. An jedem Raum klebten Schilder der einzelnen Künstler oder Bands. Einige hatten sich gegenseitig Nachrichten auf die Schilder gekritzelt wie »Wir finden eure Musik toll und möchten euch treffen. Kommt doch vorbei«. Niedlich, Stars mal selbst als Fans zu erleben.
Wo Justus’ Garderobe war, wusste ich nur zu gut, schließlich hatte ich den Belegungsplan auswendig gelernt. In weitem Bogen eilte ich an seiner und Annabelles Tür vorbei, um ja nicht zufällig auf sie zu treffen.
Als ich Tyra abholen wollte, machte sie noch Atemübungen mit ihrem Gesangscoach.
»Just a moment« – und so sah ich zu, wie sie wie ein Rennpferd vor dem Start nervös mit den Füßen scharrte und immer höhere Tonleitern schmetterte, während ihre Assistentin dampfenden Tee brachte.
Tyra hatte eine fette Erkältung, musste aber gleich performen . Plötzlich kam ein Arzt, gab ihr eine Vitaminspritze und die Anordnung, auf keinen Fall bis zum Auftritt zu sprechen. Mir sollte es recht sein. Dann musste ich wenigstens keinen Smalltalk veranstalten, während meine Gedanken woanders waren.
»Tim für Lotte. Du, ich habe gerade zufällig gehört, wie Annabelle Justus angezickt hat. Sie meinte, er wisse überhaupt nicht, was ihm entginge, und da draußen würden Männer dafür töten, um mit ihr zusammen zu sein. Er hat nichts darauf erwidert und ging einfach weiter. Da läuft definitiv nichts mehr, sag ich dir!«
Bevor ich antworten konnte, war Felix zu hören, der deutlich genervt war.
»Könnt ihr beiden eure kleinen Privatgespräche auf später verlegen? Wir fangen gleich mit der Show an, da kann ich diese Kinderkacke wirklich nicht gebrauchen!«
Wie peinlich! Nicht nur, dass alle über Funk Tim gehört hatten – nein, auch an Felix’ Standpauke hatte ganz TV -plus teilgehabt.
Wenigstens waren es gute Nachrichten gewesen! Sehr gute sogar! Ich fühlte mich augenblicklich besser, es gab also doch noch ausgleichende Gerechtigkeit. Auch wenn Justus sich mit seiner letzten Aktion für immer diskreditiert hatte, so war es mir doch eine gewisse Genugtuung, dass Annabelle mit ihrer Tour nicht weit gekommen war.
»Let’s go!«
Schweigend liefen wir zur Maske. Nina, die Visagistin, nahm Tyra in Empfang, sah ihre rote Nase und roten Augen und griff gleich zu Yxin , einem Mittel, das man eigentlich gegen Bindehautentzündungen nahm. Viele Stars benutzten es vor Fernsehauftritten, um besonders weißes reines Augeninneres zu haben und die roten Äderchen loszuwerden.
Tyra war nach Ninas Behandlung kaum wiederzuerkennen. Sie sah aus wie das blühende Leben. Bei ihrem Auftritt würde keiner bemerken, wie es ihr eigentlich ging. Tja, there is no business like showbusiness.
Kaum hatte ich Tyra zurückgebracht, bekam ich eine Nachricht über Funk. Es war Mimi, die schrecklich nervös klang.
»Mimi für Lotte. Kommst du bitte ganz schnell zur Passausgabe?«
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