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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Annabelle-wenn-ich-mal-groß-bin-will-ich-ernsthafte-Rollen-spielen-Leiniger erschien.
    Die bewundernden Pfiffe aus den hinteren Reihen trugen nicht zu meiner Erheiterung bei.
    »Was man mit ’ner guten Visagistin und passender Beleuchtung alles machen kann! Die sollten sie mal in echt sehen«, flüsterte Lena mir aufheiternd zu.
    Ich sah auf die Uhr. Mindestens noch eine Stunde. Da musste ich durch.
    Als die Liebesszenen kamen, unterdrückte ich meine Wut, freute mich, wenn sie sich stritten, und konnte mir ein »Das geschieht ihr recht« nicht verkneifen, als Annabelle tragisch zu Tode kam, während im kompletten Kinosaal die Taschentücher hervorgeholt wurden und meine Nebensitzerin ihrer Freundin zuflüsterte: »Die neben mir ist total abgebrüht!«
    Beim Abspann klatschte die Meute, doch Lena und ich verdrückten uns schnell, und auf dem Weg nach draußen war ich so stolz
wie Lena nach ihrem Flug zurück von Paris. Ich hatte mich dem Geist gestellt und gewann langsam, aber sicher meine Haltung wieder.
    Zu Hause kramte ich meine Depriklamotten heraus, machte den Kamin an und verbrannte unter bestialischem Gestank die Symbole meiner Trauerphase.
    Lenas In-der-dritten-Welt-hungern-die-Menschen-und-du-verbrennst-gute-Kleidung-Blick konterte ich mit: »Hatte ich runtergesetzt gekauft, und die Hose war auch schon etwas durchgescheuert.«
    »Na ja, wenn es dir hilft, Lotte.«
    »Und ob. Das ist meine Art, mit der Trauer abzuschließen.«
    »Wie fandest du eigentlich den Film?«
    Ich musste zugeben, dass der Film sehr gelungen war und sogar Annabelle gut gespielt hatte.
    Lena nickte zustimmend.
    »Aber weißt du, was ich umso komischer finde? Wenn der Film doch gut ist, hätte die Becker das Buhei gar nicht gebraucht. ’ne normale Promotion hätte komplett gereicht, warum also die ganzen Spielchen? Ich versteh das nicht.«
    Lena erst recht nicht, und da ich gerade versuchte nach vorn zu schauen und nicht schon wieder über Justus zu sprechen, wechselte ich schnell das Thema.
    Mein Handy klingelte. Wer rief denn so spät an?
    » Carlotta , du bist nicht etwa noch beleidigt?«
    Meine Mutter, natürlich!
    »Nein, Mama!«
    »Gut, denn ich habe eine Bitte an dich.«
    Das war überhaupt nicht gut, denn wenn meine Mutter schon ausdrücklich eine Bitte hatte, kam das meistens einem »Hol mir ’nen Ring vom Meeresboden« gleich, denn normalerweise stellte sie ihre Forderungen einfach so, ohne es extra als Bitte zu formulieren.
    »Ihr habt diese Preisverleihung nächste Woche. Katharina und Yannick würden so gerne dahin. Und da du praktisch an der Quelle sitzt, kannst du doch sicher Karten besorgen, nicht?«
    Klar, und ’ne Privataudienz beim Papst gleich hinterher. Was kostete die Welt? Meiner Mutter, die zeit ihres Lebens nicht hatte arbeiten müssen, war die Hierarchie eines Unternehmens nicht ganz klar.
    »Ich bin Praktikantin. Das ist die gehobenere Form von Blumen gießen, Kaffee kochen und kopieren. Ich glaube kaum, dass ich an Karten komme. Aber ich werde es versuchen.«
    Mit »versuchen« war meine Mutter nicht zufrieden.
    » Carlotta , ich verlasse mich auf dich.«

einunddreißig »Alle mal herhören. Bevor es losgeht, noch einige Grundregeln. Erstens, überprüft bitte, ob eure Verkabelung funktioniert. Den Funk nur drücken, wenn ihr etwas sagen müsst, ansonsten Finger weg vom Knopf. Zweitens, wenn ich irgendjemanden erwische, wie er einen Star um Autogramme bittet oder ein Foto macht, fliegt er raus. Ihr wisst, dass das strikte Businesspolicy ist. Wir sind hier, um zu arbeiten und nicht, um Profilneurosen zu pflegen. Drittens, schaut eure Pässe genau an. Nur wer Triple A draufstehen hat, darf in alle Bereiche. Alle anderen will ich nicht bei den Umkleiden hinter der Bühne erwischen. Ansonsten, behaltet die Nerven. Let the show begin! «
    Wie aufregend: Noch eine Stunde bis zur Liveübertragung der TV -Preisverleihung! Albert, Chef der Künstlerbetreuung, hatte uns gerade noch mal eingeschärft, was wir zu tun und zu lassen hatten. Als ob man auf dem Weg zur Bühne dem zu begleitenden Künstler schnell den Kuli hinhielt und um ein Autogramm bat. Das wär’s: Du, Justus, ich hätte so gern ein Autogramm von dir, macht’s dir was aus, schnell zu unterschreiben? Wie, du musst da hoch, und die haben deinen Namen schon aufgerufen? Die Minute wirste ja wohl noch haben, oder? Allein der alten Zeiten wegen.
    »Warum kicherst du denn, Lotte?« Felix, der unbemerkt hinter mich getreten war, sah mich misstrauisch

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