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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Seidenschal oder Einstecktuch, meistens mit schwarzen Budapester oder eben erwähnten Segelschuhen, die Mädels mit glatten langen Haaren, meist blond und Pagenschnitt, Anzug, Kostüm oder auch gern mal weiße und hellblaue Blusen mit einem leichten Strickpullover um die Schultern und Perlenohrringen. Und damit man sich auch außerhalb der geheizten Räume auf einen Blick gegenseitig erkennt und nicht etwa aus Versehen einem Politologen oder noch schlimmer Soziologen in die Arme läuft, tragen beide Geschlechter ganz aufgeklärt und unisex die gute alte Barbour-Jacke und haben den obligatorischen Schönfelder Gesetzestext, der mindestens drei Kilo wiegt, unterm Arm als Zeichen der Bürde, an der man schleppt, wenn man über Gut und Böse zu entscheiden hat.« Lena genoss ihre Lästertirade sichtlich.
    »Dass diese Katharina das Klischee gut bedient, steht wohl außer Frage, aber ehrlich gesagt, seid ihr ja auch nicht gerade schlecht im Über-einen-Kamm-Scheren, wenn ich das mal bemerken darf. Mein Bruder und eine meiner besten Freundinnen studieren auch Jura und sind weder doof noch spießig, auch wenn sie diese Klamotten tragen«, sagte Mimi entrüstet.
    Natürlich hatte sie Recht. Auch ich zählte einige Jurastudenten zu meinem Freundeskreis, die nicht wie Katharina wichtige Literatur in der Bibliothek in Regale einsortierten, wo sie nicht hingehörten, nur um als Einzige Zugang zum Herrschaftswissen zu haben. Und die fanden es auch nicht witzig, dass die Bibliotheksleitung entsprechend reagiert hatte und eine Dame eingestellt hatte, deren Aufgabe einzig und allein war, falsch einsortierte Jurabücher wieder an ihren Platz zu stellen. Ja, so brachte man die Konjunktur in Schwung und sorgte für neue Arbeitsplätze. Zumindest sah Katharina das so. Sie fand es auch zum Schreien komisch, Abfall in der Uni einfach fallen zu lassen und dann großmütig zu verkünden: »Ich sichere nur den Arbeitsplatz der Putzkolonne!«
    Die anderen Gäste hatten das Fest mittlerweile verlassen oder waren ins Haus umgesiedelt, und die Jungs vom Partyservice machten zum ersten Mal an diesem Abend eine Rauchpause, bevor sie die leeren Gläser einsammelten. Meine Mutter stürmte uns gewohnt theatralisch die Verandastufen herunter entgegen. Wir waren die Einzigen, die noch im Garten saßen.
    » Scharlott , da bist du ja? Ich möchte dir jemanden vorstellen.«
    Meine Mutter! Das hatte ich ja komplett vergessen. Sie hatte angedroht, mir einen »ganz außergewöhnlichen jungen Mann« vorzustellen.«
    Wir hielten auf halbem Weg vor der Laube an, und schon wurde ich mit Casper Kröger bekannt gemacht, der – man musste es eigentlich gar nicht mehr sagen – entweder Arzt in spe war oder gerade im väterlichen Großkonzern eingearbeitet wurde.
    Wir tauschten Höflichkeiten aus, während meine Mutter nicht einen Schritt von unserer Seite wich. Caspers Blick schweifte die ganze Zeit, während er mit mir sprach, ab. Sehr schmeichelhaft. Dass ich ihn dermaßen langweilte, hätte er auch galant überspielen können.
    Plötzlich bemerkte ich, dass sein Blick Lena galt.
    »Und wer bist du, wenn ich fragen darf?«
    Zum Entsetzen meiner Mutter sprach er Lena auch noch an.
    Die beiden plauderten ausgelassen, während meine Mutter mir zuflüsterte: »Bring dich ein, Scharlott , bring dich doch endlich in das Gespräch ein.«
    Ich schüttelte den Kopf und begleitete stattdessen Mimi und Tim, die sich verabschieden wollten, ins Haus und ließ meine Mutter zusammen mit Casper Kröger und Lena vor der Laube stehen.
    »Danke für die Einladung und das schöne Fest«, sagte Mimi.
    Ich wartete, bis das Taxi für die beiden da war.
    Als ich in den Garten zurückkam, unterhielten sich Lena und Casper immer noch, während meine Mutter daneben stand und sie keinen Moment aus den Augen ließ.
    Es war eindeutig, dass Lena und Casper miteinander flirteten. Das musste einer der schwärzesten Abende für meine Mutter sein, denn anscheinend bekam die seltsame Freundin eher einen viel versprechenden Kandidaten ab als die eigene Tochter …
    »So, Kinder. Ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich bin sehr müde. Wie wäre es, wenn wir diese kleine Feier auflösen?«, intervenierte meine Mutter so gut sie konnte. Wenn schon ich den Fisch nicht an Land ziehen würde, dann durfte ihn auch keine andere fangen.
    Wir verabschiedeten uns, und Lena und ich stiegen kurz darauf ins eilig herbeigerufene Taxi.
    Im Wagen kicherten wir beide los.
    »Hast du die gefrorenen Gesichtszüge

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