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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Behandlung. Was sich sehr glamourös anhört, stellte sich letztlich als dunkle Schlammmasse heraus, mit der der ganze Körper eingecremt wurde. Es bildeten sich hier und da Klümpchen, was aber kein Problem sei, wie mir erklärt wurde, denn das Tolle an dieser Schlammmasse war, dass sie gleichmäßig von der Haut aufgenommen wurde und sich so im Gegensatz zu herkömmlichen Selbstbräunern tatsächlich keine Flecken bildeten. Das Ergebnis begeisterte mich so sehr, dass ich die Maske seither auch zu Hause selbst machte, was eine Riesenschweinerei war, weil es das ganze Bad verdreckte. Das bedeutete eine Putzrunde extra. Wenn wir doch noch unsere Putzfrau hätten …! Aber auf Lenas Geheiß hin, denn welche normale WG leistet sich schon eine Putzhilfe, hatten wir ihr gekündigt!
    Das Einzige, worauf man bei Saint Tropez aufpassen musste, war, nicht süchtig zu werden, denn wenn man es zu häufig anwandte, färbte sich die Haut orange. Daran erkannte man englische Promis, die es gern mal übertrieben. Jüngstes Opfer: Posh Spice Victoria Beckham. In der Heat aus England, einem jungen und sehr viel frecheren Pendant zur Gala , gab es regelmäßig Abbildungen der Saint-Tropez-Abhängigen , die von leicht Orange über sehr Orange bis hin zu »Oh-my-God« -Orange alle Farbstufen abdeckten.
    Ich war natürlich sparsam mit der Masse umgegangen und hatte nun einen schönen goldbraunen Ton am ganzen Körper, was gut zu dem weißen Sommeranzug und den Edelbast-Flipflops aussah.
    Lena hatte mir später noch gerade so viel Rotwein eingeflößt, dass es reichte, müde zu werden, und hinterher, vorsorglich wie sie war, einen Baldrian-Hopfen-Tee gereicht.
    »Wenn du dir etwas nicht leisten kannst, dann unausgeschlafen auszusehen«, hatte sie gemeint.
    Da Justus mich zum ersten Mal schon verkatert und mit Ringen unter den Augen getroffen hatte, tat ich Lena und mir den Gefallen und wurde trotz Aufregung müde und schlief mühelos durch.
    Natürlich war die Unruhe morgens zurückgekommen, und ich stand den Tag über so ziemlich neben mir. Wann immer ich auf die Uhr schaute und an abends dachte, zuckte ich nervös zusammen.
    Zumindest optisch aber hatte ich vorgesorgt und sah bestens aus, was eine kleine Hilfe war. Als Tim mich endlich abholte, um mich zum Schafott zu führen, baute er mich auf.
    »Lotte, du siehst hinreißend aus! Und wenn ich das sage, stimmt das. Schließlich haben schwule Männer von Haus aus guten Geschmack.«
    Normalerweise hätte ich gekontert, dass es auch positive Diskriminierung gab. Den Begriff hatte Joy geprägt, eine Freundin, die schwarz war und weder singen noch besonders gut tanzen konnte oder gar sportliche Höchstleistungen vorzuweisen hatte, auch wenn alle Welt das von ihr erwartete. Aber momentan hatte ich keine Lust, Wortgefechte auszutragen, mir war so schon schlecht genug.
    Die Premiere fand mitten in der Pampa auf einem Anwesen mit einem kleinen Wasserschloss statt. Die Veranstalter hatten einen Shuttle Service eingerichtet, und so saßen wir mit Pressefuzzis und Fotografen in einer Mercedeslimousine und wurden bis zum eigens eingerichteten Pressezelt am Fuße des Schlösschens gefahren. Dort bekamen wir unsere Akkreditierungen.
    Die ganze Zeit schon hielt ich nervös Ausschau nach Justus, konnte ihn im Getümmel aber nicht entdecken.
    Die Veranstalter hatten an alles gedacht und sogar ein Freiluft-Kino in der Parkanlage aufgebaut, mit roten Plüschsitzen. Der erste Feinkost- und Partyservice der Stadt hatte das Büfett und Häppchen sowie erfrischende Cocktails mit liebevollen Ideen hergerichtet und dekoriert. Die perfekte Kulisse, um Justus wiederzutreffen.
    »Ob der dich noch erkennt, bei so viel Leuten, die er trifft?«, rutschte es Tim heraus.
    Danke! Daran hatte ich gar nicht gedacht! Das würde gerade noch fehlen, dass Justus nach all den schlaflosen Nächten und Anstrengungen, die ich betrieben hatte, um umwerfend auszusehen, einfach an mir vorbeiging, weil er sich an die kleine Praktikantin von TV -plus nicht erinnerte. Wie peinlich wäre das? Diese Gedanken halfen nicht, meine Unsicherheit zu verdrängen. Überhaupt, was machte ich eigentlich hier? Wie kam ich auf die absurde Idee, dass Justus sich genauso zu mir hingezogen fühlte wie ich zu ihm? Er suchte im Gegensatz zu mir nicht Mittel und Wege, um mich wiederzusehen.
    »Tim, das war ’ne komplette Schnapsidee! Komm, lass uns gehen. Ich möchte hier weg!«
    »Ich glaube, dafür ist es zu spät. Sieh mal, wer da kommt!«
    Ich drehte

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