Flurfunk (German Edition)
weit entfernt war, wenn meine Mutter sich amüsierte, gesellte sich mit Katharina und ihrem Verlobten zu uns.
In gewohnter Manier riss Marlene das Gespräch an sich, um – wer hätte es gedacht – von Katharina und ihrer Verlobung zu sprechen.
Mit feuchten Augen erzählte sie, wie »ihre Prinzessin« Yannick kennen gelernt hatte. Katharina hielt zum ersten Mal den Mund und unterbrach die Logorrhö ihrer Mutter nicht, schließlich betrieb diese mit ihrer Geschwätzigkeit beste PR für sie und ihr junges Glück.
Meine Mutter, ergriffen von der jungen Liebe, warf mir zwischendurch vorwurfsvolle Blicke zu, die in der überaus mitfühlenden Mitteilung gipfelten: »Ach, das wünsche ich meiner Scharlott auch so sehr! Aber sie ist so kompliziert und wählerisch. In ihrem Alter war ich bereits Mutter …« Und schon ging die übliche Diskussion los, über Frauen von heute und diese furchtbaren Emanzen. Diese waren sozusagen der Inbegriff des Bösen.
Meine Mutter und Marlene ereiferten sich, dass sich solche Frauen nicht mal die Beine rasierten und bloß auf dem Karrieretrip wären. Sie kamen noch zu dem Schluss, dass Emanzen einsam und allein sterben würden, und nahmen sich ohne Atempause allein erziehende Mütter vor, denen sie unterstellten, ihre Kinder zu psychologischen Krüppeln zu erziehen.
Gerade als Marlene fragte, ob Schwule und Lesben Kinder adoptieren dürfen und, wenn ja, eventuell nur Kinder mit hiv, die sonst niemand adoptieren möchte, rief ich, bevor Lena ausrastete, dazwischen: »Ihr habt ja noch gar nicht erzählt, wie es beim Floaten war!« Zu meiner großen Erleichterung wurde sofort das Thema gewechselt.
» Scharlott , das musst du ausprobieren! Bei mir hat es Energien freigesetzt, ich kann dir sagen!«
Zum Glück kamen verspätete Gäste durch den angelegten Wildheckengang, und meine Mutter samt Marlene eilten ihnen zur Begrüßung entgegen.
Tim, der Marlenes Frage zum Glück nicht mitbekommen hatte, weil er ausgiebig den Garten bestaunt hatte, stupste mich in die Seite. »Deine Mutter ist ja sehr charmant. Ist sie eigentlich Französin? Sie hat so einen leichten Akzent.«
»Nein, aber wenn du sie das fragst, steht deiner Adoption wirklich nichts mehr im Wege.«
Leider ließ Marlene ihren Sonnenschein Katharina samt Verlobtem bei uns stehen. Und Katharina schaffte es innerhalb kürzester Zeit, Mimi und Tim zu nerven.
Zuerst versuchte sie anzugeben und mit name dropping zu beeindrucken, womit sie leider an die Falschen geraten war. Wie hätte sie auch ahnen können, dass die beiden den Großteil der Bekanntschaften, mit denen sie angab, persönlich kannten.
»Ich habe letzte Woche im Schneewittchen Carsten Schweighof getroffen. Ich kenn ihn ja sehr gut. Der betrügt seine Freundin mit so einer kleinen Rothaarigen. Keine Ahnung, was er an der findet. Ich habe zufällig an der Bar gehört, dass sie sogar gemeinsam nach Portugal wollten. Ganz schön dreist, oder?«
Sie sah sich Beifall heischend um. Mimi, die sich die ganze Zeit auf die Lippen gebissen hatte, platzte der Kragen.
»Dreist finde ich eher zu sagen, dass du ihn gut kennst. Denn wäre das der Fall, wüsstest du, dass das rothaarige Mädel, das du so ätzend findest, seine Halbschwester Corinne ist und die Eltern der beiden in Portugal leben.«
Sagte ich schon, dass ich Mimi einfach liebe!
Noch nie hatte ich Katharina so fassungslos gesehen. Doch sie fing sich schnell wieder.
»Woher willst du das denn wissen?«, versuchte sie, sich kläglich aus der Affäre zu ziehen.
Das übernahm ich – und wie gern!
»Katharina, darf ich vorstellen. Das sind Mimi und Tim, meine Kollegen bei TV -plus . Mimi arbeitet in der News-Redaktion und Tim bei entertainment tonight .«
Anstatt das Thema zu wechseln oder peinlich berührt den Ort des Geschehens zu verlassen, machte Katharina einfach weiter.
»Du siehst aber noch ganz schön jung aus.«
Mimi versuchte die Fassung zu bewahren und steckte sich eine Zigarette an.
»Ich nehme das jetzt mal als Kompliment. Ich werde im März fünfundzwanzig.« Und dann fügte sie noch hinzu: »Ich war nach dem Abi im Ausland, habe anschließend einige Praktika gemacht und bin jetzt Volontärin bei TV -plus .«
Katharina wurde nun immer unverschämter. »Also ich würde nie in den Medien arbeiten, ohne vorher studiert zu haben. Man braucht doch einen Abschluss. Wie stellst du dir das vor? Was soll denn später mal aus dir werden?«
Mimi schaute mich an, verdrehte die Augen und antwortete zuckersüß:
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