Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
ihre Freundinnen es fänden, dass sie Annabelle auf der Leinwand bewundern durften, antwortete Annabelle allen Ernstes: »Ich habe eigentlich keine Freundinnen. Mit Frauen bin ich noch nie sonderlich gut ausgekommen. Da gab es früher oder später immer Probleme wegen Jungs und meines Aussehens. Frauen ertragen meine Wirkung nicht. Ich verstehe mich mit Männern viel besser. Meine besten Freunde sind alle männlich. Das ist zwar manchmal nicht leicht, denn es kommt leider immer wieder vor, dass einer mehr als Freundschaft möchte, aber das kläre ich dann. Meine einzige richtige Freundin ist meine Mutter. Wenn wir zusammen in einen Club gehen, werden wir immer wieder für Schwestern gehalten. Ihr kann ich auch alles erzählen. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen …«
    Was war das für eine Nummer mit ihrer Mutter?
    Ansonsten verriet uns Annabelle, dass sie nicht kochen könne, nicht einmal Nudeln, was hervorragend in das Beschütze-und-füttere-mich-Schema passte. Sich selbst beschrieb sie als leicht chaotisch und unorganisiert, »wenn ich eine Rolle lerne, kann mir schon mal passieren, dass ich vergesse, welchen Wochentag wir haben, und an wichtige Termine muss man mich erinnern«.
    Es zeugte nicht von besonders starkem Intellekt, um bei den Drei-Satz-Rollen, die Annabelle bisher gespielt hatte, den Wochentag zu vergessen. War schon klar, was sie damit eigentlich hatte sagen wollen. Seht her, ich bin Künstlerin durch und durch! Ich lebe für die Schauspielerei! Der Effekt war der gegenteilige, Annabelle brauchte dringend jemanden, der sie auf Interviews vorbereitete.
    Warum achtete nicht diese Ulli Becker darauf?
    »Sag mal, Felix. Die Becker ist doch auch die Agentin von Annabelle Leiniger, oder?«
    »Ja, weshalb fragst du?«
    »Ich lese gerade ein Interview und frage mich, wie die Becker das freigeben konnte.«
    Felix lachte.
    »Ach so, du meinst das unsägliche erste Interview von ihr. Da dachte Fräulein Leiniger noch, sie könne alles alleine machen. Erst nach dieser blamablen Story sorgten ihre Eltern dafür, dass sich jemand professionell um das Töchterchen kümmert. Sie haben die Becker darauf angesetzt, die Annabelle auch in Erspare dir die Liebe unterbringen konnte. Man munkelt, ohne Justus als Druckmittel hätten die Produzenten Annabelle nie die Rolle gegeben. Justus wollten sie unbedingt und haben dementsprechend dem Doppeldeal zugestimmt. Und du musst mal schauen, wie ihre Interviews jetzt aussehen. Hier, lies mal!«
    Felix drückte mir die neue Ausgabe eines Promimagazins in die Hand. Unter der Rubrik »Künstler von morgen« war Annabelle spärlich, aber geschmackvoll abgelichtet. Eine kurze Notiz teilte dem Leser mit, dass sie die Glückliche sei, die mit Justus Staufen drehen dürfe. Auf die Frage, wie es sei, mit Justus vor der Kamera zu stehen, hatte sie geantwortet: »Er ist ein begnadeter Schauspieler. Ich kann nur sagen, dass er wahnsinnig viel Charisma hat. Selten habe ich einen so intensiven Menschen getroffen.«
    Da musste sogar ich ihr Recht geben und sie loben, dass sie inzwischen gelernt hatte, wie man antwortete. Diese Becker, so abgebrüht, wie sie war, verstand etwas von ihrem Job.
    Die Recherche für Annabelles Interview hatte mir vor allem eines gebracht: Sie hatte mich abgelenkt.
    Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich bald losmusste.
    Völlig nervös machte ich mich auf den Weg – zuvor hatte ich mir noch lauter gute Ratschläge geben lassen.
    »Denk dran, das ist auch nur ein ganz normaler Typ«, sagte mir Mimi. »Verhalt dich ja nicht so, als ob du den Star in ihm siehst!«
    »Wenn es unlocker ist, geh einfach mit ihm tanzen. Das hat das letzte Mal auch geklappt!«, war Tims Vorschlag.
    »Sei einfach du selbst. Er muss dich wollen, wie du bist!«, erklärte Lena.
    Mein Gefühl aber sagte mir nur eines: Lauf so schnell du kannst und geh einfach nicht hin. Dann kannst du dich auch nicht blamieren.
    Völlig nervös stieg ich in meinen Wagen und fuhr wie ferngesteuert los. Das Treffen stand unter einem guten Stern, wie es schien, denn ich fand gleich einen Parkplatz. Ich blieb so lange im Wagen sitzen, bis ich spät genug dran war, um mich interessant zu machen, und früh genug, um nicht als unverschämt zu gelten. Wieso fühlte sich dieses Date wie ein Termin zur Magenspiegelung an? Mir war übel, und ich glaubte, jeder konnte an meinem unsicheren Gang erkennen, dass ich mich gleich mit Justus Staufen treffen würde, der – ehrlich gesagt – eine Nummer zu groß für

Weitere Kostenlose Bücher