Flurfunk (German Edition)
dem Gettoblaster und den Handtüchern zu mir, setzte sich und reichte mir eine Flasche.
»Endlich alleine!« Der Rentner hatte seine sieben Sachen gepackt und war durch die Büsche verschwunden. Oder hockte er noch irgendwo im Grün?
Mir fiel Lena und ihre Nummer am Feuchtbiotop ein, und ich musste grinsen.
»Woran denkst du?«, fragte Justus, der mich beobachtet hatte.
»Dass es hier fast keine Mücken gibt!«
»Aha! Ist ja schön, worüber du dich so freuen kannst. Aber ich habe an alles gedacht, auch an das beste Mittel, um Mücken zu vertreiben.« Er steckte sich eine Zigarette an und hielt mir die geöffnete Schachtel hin.
»Ich rauche nicht!«, sagte ich und kam mir dabei so uncool vor wie ein Erstklässler ohne Scout-Schulranzen.
»Ich nur, wenn ich nervös bin«, sagte er und schaute mich wieder mit diesem intensiven Blick an.
Justus Staufen und nervös! Der Typ war die Ruhe selbst, wobei … Wie konnte man das bei einem begnadeten Schauspieler, wie er es war, schon wissen.
»Heißt das, du bist jetzt nervös, oder willst du nur die Mücken vertreiben?«
War ich nicht mutig?
Er strich sich eine honigfarbene Strähne hinters Ohr.
»Was wäre dir denn lieber?«
Anstatt einer Antwort schluckte ich.
Justus unterbrach das Schweigen nicht. Erst nach einer Weile fragte er: »Hast du Lust, schwimmen zu gehen?«
Mit Justus hatte ich eigentlich auf alles Lust. Aber …
»Jetzt? Ohne Klamotten?« Absichtlich vermied ich das Wort nackt, denn ich fühlte mich auch schon so spießig genug.
Justus musste über meinen verängstigten Gesichtsausdruck lachen. »Klar, ich geh vor und du kommst hinterher. Keine Angst, ich dreh mich auch nicht um. Dein Handtuch kannst du ja auf den Steg legen, damit ich beim Rausgehen nichts sehen kann, du züchtiges Mädchen.«
Das war doch ein Angebot!
Während ich mich unter dem Handtuch umständlich freimachte, zog Justus sich ohne Scheu die Kleider aus und lief sogleich ins Wasser. Sein Anblick hatte mir den Atem verschlagen. Normalerweise achtete ich auf Dinge wie Augen, Stimme oder Hände, aber dieser Körper sprach selbst bei mir alle niederen Instinkte an!
Warum in aller Welt gab er sich mit mir ab! Diesem Mann lag die Welt zu Füßen!
So rasch wie möglich tauchte auch ich ins Wasser ein. Justus hatte brav abgewandt gewartet und drehte sich erst um, als ich kleine verklemmte Spießerseele rief: »Bin im Wasser!«
Langsam schwamm er auf mich zu. Mit leicht nassen Haaren war er die Personifikation der Versuchung schlechthin.
»Kennst du das Lied?«
Natürlich kannte ich es. Nightswimming von rem lief passenderweise, als ob es getimt wäre. Wer weiß, vielleicht war das hier seine Masche, und er wusste genau, wann er die Mädels ins Wasser treiben musste, um zu Nightswimming neben ihnen im Wasser zu sein? Aber auch wenn es eine Masche sein sollte, bei mir funktionierte sie einwandfrei. Womöglich wollte er aber nur potenzielle Kandidatinnen vorher genauer anschauen, um nicht die Katze im Sack zu kaufen, ließ ich meiner Paranoia freien Lauf.
Die Tiefe des Sees war perfekt. Ich konnte stehen, war aber bis knapp unter den Schultern mit Wasser bedeckt, das von der Sommersonne angenehm aufgewärmt war.
»Gefällt’s dir, oder fühlst du dich unwohl?«
»Es ist herrlich. Und auf alle Fälle besser als im Puck !«
»Finde ich auch. So für das erste Date war das echt nervig. Hier sind wir wenigstens ungestört.«
Ha! Er hatte Date gesagt! Und er wollte ungestört mit mir sein! Wenn das kein gutes Zeichen war.
Er schwamm dichter an mich heran. Wie von allein hielt ich mich an ihm fest. Ich konnte den vorher begutachteten Körper spüren, und es fühlte sich warm und aufregend zugleich an. Wir sahen uns in die Augen, und während er mir zärtlich über den Rücken strich, wurde mir leicht schwindlig, was aber auch an meiner unregelmäßigen Atmung liegen konnte.
Bevor es zu gefährlich wurde, wandte ich mich ab, schließlich hatte meine Mutter in jahrelanger Arbeit uns eingebläut: nie, aber wirklich nie beim ersten Date zu küssen!
Als ich vorschlug, wieder aus dem Wasser zu gehen, war Justus nicht gekränkt, sondern holte mein Handtuch, rubbelte mich sogar später trocken und hüllte mich in den flauschigen Frotteestoff.
Wir setzten uns wieder auf die Wiese und schauten in die monderhellte Nacht.
Justus rückte nah an mich heran.
»So, Charlotte, nachdem du mein Leben schon durchrecherchiert hast, möchte ich bitte auf den gleichen Wissensstand gebracht
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