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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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werden. Wo kommst du her, wo gehst du hin?« Den letzten Satz hatte er lachend gesagt, und so erzählte ich, wer ich war.
    Da ich mich in seiner Gegenwart sehr wohl fühlte, ließ ich auch keine Macke und keinen Spleen aus, immer Lenas Worte im Kopf: »Der muss dich genauso wollen, wie du bist!«
    Ihn schockten weder meine Konsumtouren, noch dass ich zum Einschlafen Hui Buh und Die drei Fragezeichen hörte, auch die Tatsachen, dass ich mich in manche Situationen allzu sehr reinsteigerte und eine Möchtegernfranzösin zur Mutter hatte, ließen ihn kalt. Dass ich Lieder ohne Text komponierte und nur »lala« dazu sang, fand Justus laut eigener Aussage total niedlich, und Lena wäre stolz, wenn sie wüsste, wie ich mit offenen Karten spielte und nichts ausließ, was mich eigentlich demütigen müsste.
    Wir saßen noch eine Weile nah nebeneinander, ohne einander zu berühren. Zwar unterhielten wir uns über dies und das, aber eigentlich überlegte ich nur, ob ich noch den einen Zentimeter näher rutschen sollte, der fehlte, um ihn zu berühren, oder ob ich ihn das lieber machen lassen sollte. Wahrscheinlich deutete er mein Verhalten als züchtige Zurückhaltung. Doch dann war es zu spät. Wir brachen auf.
    »Charlotte, ich fahr dich nach Hause und nehm mir dann ein Taxi!«
    Als wir vor meiner Wohnung hielten, stieg er aus und öffnete mir die Wagentür. Manieren hatte er!
    Er geleitete mich zur Tür. Mein Mund war wie ausgetrocknet, und mein Herz raste. Die klassische Türsituation. Wenn er mich toll fand, würde er mich küssen, wenn ich es verbockt hatte, sich artig verabschieden und sich nie wieder blicken lassen. Ich konnte ihn reinbitten, wenn ich es auf einen One-Night-Stand abgesehen hatte, oder ihn fest und lange umarmen, um Anstand zu wahren, aber Interesse durchblitzen zu lassen.
    »Also dann! War ein schöner Abend!«, begann ich die Verabschiedung einzuleiten.
    Er lächelte verschmitzt.
    »Kann ich nur bestätigen. Ich hoffe, ich habe dich nicht verstört.« Ich schüttelte lachend den Kopf.
    »Tja, dann, mach’s gut«, presste ich heraus. »Ruf mich an«, getraute ich mich nicht zu sagen.
    Ich holte die Schlüssel aus meiner Tasche und drehte mich langsam um, um aufzuschließen.
    Justus machte keine Anstalten, mich abzuhalten. Super! Ein Satz mit X: War wohl nix!
    Die Tür war schon geöffnet, da drehte ich kurz noch mal meinen Kopf über die Schulter und lächelte tapfer zum Abschied. Gerade als ich mich wieder abwenden wollte, um hineinzugehen, fasste mich Justus an den Schultern, zog mich wortlos zurück und küsste mich. Danach ging er und ließ mich verdutzt stehen.
    Regungslos verharrte ich für einen Moment und sah ihm nach, als ich plötzlich eine vertraute Stimme wispern hörte: »Jetzt komm endlich rein, Lotte, und erzähl!« Es war Lena.
    »Wieso bist du denn noch wach?«, fragte ich erstaunt.
    »Hab dein Auto gehört und wollte wissen, wie es war. Aber das war eindeutig. Mann, echt filmreif der Kuss! Hab alles von der Küche aus gesehen! Da hat sich dein teurer Fummel wenigstens ausgezahlt.«
    Immer noch hirntaub betrat ich die Wohnung und setzte mich zu Lena in die Küche, nahm aber um mich herum alles nur verlangsamt wahr.
    Sie stellte mir einen Eistee hin, holte einen Becher Jogurteis aus dem Tiefkühlfach und fing an zu löffeln.
    »Und wie war’s im Puck ?«
    Nur allmählich löste sich meine Starre, und ich musste haarklein berichten, immer wieder von Lenas Zwischenrufen »Nee, gibt’s doch gar nicht!« und »Wie aufregend!« unterbrochen.
    Sie war total aufgedreht, ich hingegen eher lethargisch-fassungslos.
    Plötzlich fiel mir ein, dass Justus und ich kein weiteres Treffen ausgemacht hatten.
    »Du Lena, er hat gar nicht gesagt, wann wir uns wieder sehen oder telefonieren werden!«
    Aufgrund meines panischen Blickes wusste Lena, was die Stunde geschlagen hatte. »Lotte, gerade eben hat dich Justus Staufen persönlich geküsst – ich war Zeuge! Du willst doch jetzt nicht schon wieder damit anfangen, rumzuhirnen, wann und ob ihr euch wieder trefft! Entspann und freu dich, okay?«
    Sie hatte Recht. Ich musste endlich lernen, mit der Grübelei aufzuhören und den Moment nicht kaputtzumachen.
    So legte ich mich brav ins Bett und ließ den Abend Revue passieren. Wann immer ich an Justus’ Kuss denken musste, spürte ich kleine Elektroschläge in der Bauchgegend und war hellwach. Wo sollte das nur enden? Ich musste endlich einmal wieder schlafen!

neun »Lotte, ich krieg ’nen

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