Flurfunk (German Edition)
mich gekommen. Ich hab die Karte gelesen und gemerkt, dass ich leider nicht die umwerfende Charlotte bin, der für einen unvergesslichen Abend gedankt und die gefragt wird, ob sie nicht Lust hat, am Wochenende Justus Staufen am Set zu besuchen.«
»Was?«, kreischte ich entzückt.
Mimi schüttelte sich vor Lachen.
»Lotte, krieg dich wieder ein. Sonst merkt das ja jeder! Felix hat schon wissend gegrinst, als ich meinte, dass die Blumen für dich sind.«
Aufgeregt riss ich ihr die Karte aus der Hand und las mit eigenen Augen.
»Danke für den unvergesslichen Abend. Würde dich gerne bald wieder sehen. Hast du Lust, mich Samstag am Set zu besuchen? Justus.«
Selig drückte ich die Karte an mich. Mimi übergab mir die Blumen. Ein Strauß ganz in Weiß gehalten, mit vielen Callas, Landrosen und Lilien.
Überschwänglich fiel ich Mimi samt Blumen um den Hals. Das Leben war schön, das Leben war gerecht!
Durchs Büro schwebend, stellte ich die Blumen ins Wasser und überging geflissentlich die Bemerkungen meiner Kollegen. Ich rief Justus an, um mich zu bedanken und für das Wochenende zuzusagen, leider war nur seine Mailbox erreichbar, also hinterließ ich eine Nachricht.
Tim freute sich fast noch mehr als ich, er sah sich sozusagen als mein Liebescoach und fand sich sehr erfolgreich, was seine Ratschläge anging.
»Nimmst du mich zum Dank mit aufs Set? Vielleicht werde ich ja auch entdeckt. Gib doch mal Babette ’nen Tipp und steck ihr, dass du jetzt in Schauspielkreisen verkehrst. Was meinst du, wie schnell du ’ne neue Busenfreundin hättest«, scherzte er.
Heute konnte ich über alles, aber wirklich alles lachen. Was waren die Menschen doch witzig! Was hatte ich nur für einen Traumjob!
Selbst als meine Mutter anrief, um mit leidender Stimme mitzuteilen, dass sie sich gerade mit Marlene verschiedene Hochzeitslocations für Katharina zeigen ließ, blieb ich fröhlich und wünschte ihr von ganzem Herzen viel Spaß.
»Ach, Scharlott ! Ich wünsche mir so, dass du auch irgendwann einen Seelenverwandten aus gutem Hause triffst. Un ami de l’âme .« Wenn meine Mutter dramatisch wirken wollte, reicherte sie ihren gefakten Akzent mit französischen Vokabeln an.
»Ach Mama! Vielleicht bin ich ja gerade dabei«, hörte ich mich lachend sagen. Ja, die Sonne schien mir aus dem Hintern!
Meine gut gemeinte, dahingeworfene Bemerkung bereute ich sofort. Natürlich fiel meine Mutter, deren zweiter Name nicht Diskretion hieß, sofort über mich her.
»Du hast einen Freund? Wie heißt er? Was macht er? Wer sind seine Eltern?«
Sie war nicht mehr zu bremsen. Die Aussicht, Marlene mit der eigenen Tochter und deren Freund kontern zu können, versetzte sie in wahre Hochform. Sie wollte am liebsten gleich ausfindig machen, ob er auch zum Angeben taugte, was unter dem Deckmantel »gesellschaftsfähig« verhandelt wurde.
Nur eine Minute nachdem ich meine Mutter abgewürgt hatte, rief meine Schwester an.
»Lotte, du hast einen mysteriösen Freund, habe ich gehört! Gerade rief Mama an und wollte mich ausfragen. Also wenn so etwas Spannendes passiert, möchte ich doch wenigstens eingeweiht werden!«, rief Caroline empört.
»Keine Sorge, das hätte ich noch gemacht. Unsere Mutter nervte eben wieder mit Katharinas Verlobung, da ist mir eine Bemerkung rausgerutscht.«
Hinter vorgehaltener Hand erzählte ich Caroline von Justus. Das Flüstern hätte ich mir allerdings sparen können, denn sie kreischte so laut durchs Handy, dass sie sicher jeder im Umkreis von mehreren Metern hören konnte.
»Lotte, kommst du mal schnell?« Tim winkte mich zu sich.
Ich musste also auflegen und versprach Caroline, beim nächsten Mal ausführlich über die Romanze zu berichten.
»Rate mal, wer ein einziges exklusives Deutschlandkonzert gibt!« Tim war sichtlich aufgeregt.
Verständnislos sah ich ihn an.
»Will Taite!«, rief er wie unter Schock.
Wow! Will Taite war einer der besten Sänger weltweit! Hatte eine prägnante sexy Stimme, schrieb alle Songs selbst, konnte sogar eine Gitarre in die Hand nehmen, ohne dabei auszusehen, als ob er ’ne Klobürste hielt, und bewegte sich im Gegensatz zu seinen meisten Kollegen gekonnt auf der Bühne. Erschwerend hinzu kam, dass er unheimlich gut aussah, aber nicht Boygroup- like , dafür war er zu alt. Nein, er hatte mit Anfang vierzig einen trainierten Body, etwas verwuschelte dunkle Haare und dazu die blitzendsten dunklen Augen, die man sich vorstellen konnte. In Interviews fuhr er eine
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