Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
Filmstars, und ich fühlte mich in eine andere Zeit versetzt.
    Das Gefühl blieb, als wir durch das alte Treppenhaus des Altbaus stiegen, in dem Justus wohnte. Seine Wohnung war zum Glück keines dieser totrenovierten Exemplare, bei denen man sich fragte, warum der Besitzer nicht gleich in einen Neubau eingezogen war. Justus’ Wohnung hatte schöne alte Dielen, eine gemütliche große Küche, die irgendwann erneuert und mintgrün gestrichen worden war. Ein alter Kühlschrank und eine selbst gebaute Metallvorrichtung über dem Herd gaben der Küche das gewisse Etwas. Ein einfacher robuster Tisch mit zwei Stühlen stand darin.
    Die Schlafzimmertür stand offen, und ich sah auf ein mitten im Raum stehendes flaches Doppelbett, das mit weißer Bettwäsche bezogen war, an der Wand lehnte ein alter Spiegel, davor lag ein aufgeschlagenes Kunstbuch mit Skulpturen. Auf dem Boden standen einige dicke Kerzen verteilt, und wenn mich nicht alles täuschte, führte eine Tür direkt ins Bad und eine andere auf den Balkon.
    »Geh schon mal durch. Magst du Aperol?« Justus’ Kopf verschwand hinter der Kühlschranktür.
    »Ja, gern.«
    Ich ging ins Wohnzimmer, das mit der Büste einer schwarzen Frau im 30er-Jahre-Stil und Gemälden bestückt war. Auf dem Boden lagen große Kissen, die nicht weniger einladend aussahen als die Ledercouch, die genauso gut in einen englischen Club mit großen Ohrensesseln gepasst hätte.
    Ich fühlte mich auf Anhieb wohl, zumal Justus viele Bücher besaß und eine gute Auswahl, wie ich mich auf den ersten Blick versichern konnte. Zumindest schien nichts dabei zu sein, was einen gleich stutzig machte, kein Titel also wie Serienmörder – eine Profilanalyse oder Ähnliches.
    Außerdem hatte er mehrere Fotos von Freunden aufgestellt, die sehr sympathisch aussahen.
    Mit zwei Aperolflaschen in der Hand gesellte sich Justus zu mir.
    »Und – fühlst du dich wohl?«
    Ich nickte.
    »Sag mal, Justus, haben deine Kollegen noch etwas wegen unseres Abgangs letzte Woche gesagt?« Ich erinnerte mich nur ungern an den Abend.
    Er lachte. »Und ob! Am nächsten Tag taten alle zuerst so, als ob nichts passiert wäre, dann nahm Ulli mich zur Seite und entschuldigte sich für ihr Verhalten und das der anderen. Sie meinte, man hätte ja auch nicht ahnen können, dass du ihre Sticheleien ernst nehmen würdest, und ob du nicht etwas empfindlich bist.«
    Na, das sah Justus’ Agentin mal wieder ähnlich.
    »Ich habe sie dann so sauer angeschaut, dass sie sofort ruhig war. Nach einiger Zeit fragte sie noch mal nach, ob man dich jetzt öfter sehen würde und wie ernst es sei, das müsse sie schließlich wissen, da sie für meine PR zuständig sei.«
    Falls es ausgleichende Gerechtigkeit gab, würde Ulli-Schrulli in ihrem nächsten Leben als Schmeißfliege wiedergeboren werden, so viel stand fest. Sie ließ anscheinend nichts unversucht, um einen Keil zwischen uns zu treiben. Sicher, eine Pressemitteilung, dass Justus eine Freundin hatte, war momentan wohl nicht gerade günstig.
    »So ist sie eben, immer Profi, immer im Dienst!«, meinte Justus.
    »Ja, ja.« Fragte sich nur, für wen im Dienst? Ihr einziges Interesse war, das Werk ihres Mannes und ihrer Schützlinge meistbietend an den Mann zu bringen. Ich jedoch brachte ihr nichts außer Ärger. Ob Justus ihr Spielchen langsam durchschaute?
    »Jetzt lass uns aber mal das Thema wechseln«, unterbrach er meine Gedanken.
    Recht hatte er, es gab nichts Abtörnenderes, als über Ulli Becker zu reden!
    Justus hatte das Bedürfnis, mit jemandem zu reden, der nicht nur wissen wollte, wie er seinen Körper derart fit halte, ob er noch solo sei und wie es denn sei, als Sexsymbol zu gelten, sondern mit jemandem, der ihm zuhörte, ihn einfach sein ließ, wie er war.
    Er vertraute mir, das spürte ich, und ich merkte auch, dass es nicht selbstverständlich für Justus war, sich einem anderen Menschen zu öffnen.
    Wir schafften es, eine Weile lang einigermaßen zivilisiert nebeneinander zu sitzen und zu reden, wenn ich auch die ganze Zeit ein Ziehen und Kribbeln verspürte.
    Dann fuhr Justus mir zärtlich durchs Haar. »Du tust mir so gut«, raunte er in mein Ohr.
    Dabei machte ich gar nichts Besonderes, ich konnte mit Justus zusammen einfach ich sein, und irgendwie schien das genau das zu sein, was er brauchte.
    Und wenn Justus nicht geübt darin war, sich anderen anzuvertrauen, so war es für mich neu, jemanden so sehr zu wollen, dass sich alles bei seinem Anblick nur so

Weitere Kostenlose Bücher