Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flußfahrt

Flußfahrt

Titel: Flußfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dickey
Vom Netzwerk:
weiß nicht. Wirklich nicht.«
    Drew ging auf die andere Seite des toten Mannes hinüber und deutete nachdenklich auf ihn. »Ich weiß nicht, was du vorhast, Lewis«, sagte er. »Aber wenn du die Leiche versteckst, setzt du dich einer Mordanklage aus. Soviel verstehe ich von den Gesetzen. Und eine Mordanklage willst du bestimmt nicht riskieren, ich meine unter den Umständen, die du gerade beschrieben hast. Du solltest gefälligst gründlich darüber nachdenken, es sei denn, du hast dich jetzt schon mit dem elektrischen Stuhl abgefunden.«
    Lewis sah ihn interessiert an. »Nimm doch mal an, es gibt gar keine Leiche«, sagte er. »Keine Leiche – kein Verbrechen. Stimmt doch, oder?«
    »Mag sein, aber ich bin da nicht so sicher«, sagte Drew und starrte erst Lewis an und dann den Toten. »Woran denkst du, Lewis?« fragte er. »Wir haben ein Recht darauf, das zu wissen. Und wir sollten verdammt schnell zu einem Entschluß kommen. Wir können hier nicht einfach rumstehen und die Hände ringen.«
    »Keiner ringt die Hände«, sagte Lewis. »Ich habe nachgedacht, während ihr euch anscheinend nur bei den konventionellen Aspekten aufgehalten habt.«
    »Worüber hast du nachgedacht?« fragte ich.
    »Darüber, was wir mit der Leiche anstellen sollen.«
    »Du bist ein verdammter Idiot«, sagte Drew mit leiser Stimme. »Mit der Leiche anstellen? Sollen wir sie etwa in den Fluß schmeißen? Dort würden sie zuerst suchen.«
    »Wer?«
    »Alle, die ihn vermissen. Die Familie, die Freunde, die Polizei. Vielleicht der Kerl, der bei ihm war.«
    »Wir brauchen ihn ja nicht in den Fluß zu werfen«, sagte Lewis.
    »Lewis«, sagte Drew, »es ist mein Ernst. Wir müssen zusammenhalten. Es handelt sich hier nicht um eines von deinen Scheißspielen. Du hast jemanden getötet. Da liegt er.«
    »Ich habe ihn getötet«, sagte Lewis. »Aber du irrst dich, wenn du sagst, daß unsere Lage nichts mit Spiel zu tun hat. Vielleicht ist es ein ernstes Spiel – aber du übersiehst einen wichtigen Punkt, wenn du es nicht als Spiel auffaßt.«
    »Hör doch auf, Lewis«, sagte ich. »Komm uns nicht wieder mit dieser Tour.«
    Lewis wandte sich mir zu. »Hör mal her, Ed, hör mir mal gut zu. Ich glaube, daß wir aus dieser Sache rauskommen können. Ohne daß irgendwelche Fragen gestellt werden, ohne irgendwelchen Ärger, wenn wir uns nur in der nächsten Stunde etwas zusammenreißen und ein paar Dinge richtig machen. Wenn wir es bis zu Ende durchdenken und es konsequent zum Ende bringen und keine Fehler machen, dann können wir rauskommen, ohne daß je ein Wort darüber verlautet. Wenn wir es mit dem Gesetz zu tun kriegen, werden wir für den Rest unseres Lebens mit dieser Leiche zu tun haben. Wir müssen sie loswerden.«
    »Aber wie?« fragte ich. »Wohin damit?«
    Lewis wandte das Gesicht dem Fluß zu, dann hob er die eine Hand und machte eine ausladende Geste über die Landschaft hin, eine Geste, die den Wald umfaßte, meilenweit. Ein neuer Ausdruck, ein Leuchten trat in seine Augen, eine listige, verschwörerische Durchtriebenheit, ein fast vergnügter Blick, sein typischer, siegessicherer Blick. Er ließ die Hand wieder sinken und legte sie locker auf den Boden, nachdem er Drew und mir den Wald, die ganze Wildnis geschenkt hatte.
    »Überall«, sagte er. »Irgendwo. Nirgendwo.«
    »Ja«, fiel Drew aufgeregt ein. »Wir könnten alles mögliche mit ihm machen. Wir könnten ihn in den Fluß werfen. Wir könnten ihn vergraben. Wir könnten ihn sogar verbrennen. Aber sie würden ihn finden, oder zumindest irgend etwas von ihm, wenn sie kämen und suchten. Und was ist mit dem anderen, der bei ihm war? Er braucht nur loszugehen und jemanden …«
    »Jemanden – was?« fragte Lewis. »Ich glaube nicht, daß er Wert darauf legt, jemandem zu sagen, was er gemacht hat, als dieser Kerl erschossen wurde. Und schon gar nicht dem Sheriff oder der Polizei. Er könnte zwar irgendwen holen, aber ich bezweifle, daß er das tut. Jedenfalls wird er garantiert nicht die Polizei holen. Und selbst wenn er zurückkommt …« Lewis berührte die Leiche mit dem einen Ende seines Bogens und sah Drew gerade in die Augen. »Der hier wird dann nicht mehr dasein.«
    »Wo soll er denn sein?« fragte Drew und schob sein Kinn vor. »Und woher willst du wissen, daß der andere Kerl nicht in diesem Augenblick in der Nähe ist? Vielleicht beobachtet er uns ja die ganze Zeit. Es dürfte nicht so schwierig sein, uns zu folgen, wenn wir die Leiche irgendwohin schleppen und vergraben.

Weitere Kostenlose Bücher