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Flußfahrt

Flußfahrt

Titel: Flußfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dickey
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seinen Mund verzerrt, so daß sein Gesicht mit den hängenden, offenen Lippen wie das eines Kretins aussah, aber seine Augen waren davon nicht betroffen. Sie waren blau, klar, und ihr Blick durchdrang alles. Ich stolperte auf ihn zu, als wollte ich ihn in einer Bar zwischen lauter Betrunkenen begrüßen. Ich versuchte, ihn an den Riemen seiner Schwimmweste aus dem steinernen Sitz zu ziehen, aber einen Augenblick lang leistete er Widerstand. Er schien sich eher noch tiefer in die Felsen zu lehnen. Dann erhob er sich und fiel mir kraftlos gegen die Strömung in die Arme. Bobby ging auf die andere Seite von ihm, und zu dritt kämpften wir uns durch zwei Welten, durch Wasser und Luft, auf das Kanu zu, tappten durch den Fluß, und in der Unterwasserströmung verhedderten sich unsere Beine. Drew war mir nie so groß vorgekommen. Wir stürzten alle drei, und er schwamm fort mit nach hinten gebogenem Kopf, drehte sich mit seiner Schwimmweste langsam nach oben. Sein entstelltes, vom Wasser überspültes Gesicht war weiß wie der Himmel über uns. Ich stolperte hinter ihm her, trat in ein Loch unter ihm, griff ihn schließlich, zog ihn zurück zu dem Felsen, der dem Kanu am nächsten war, und legte ihn mit dem Gesicht nach unten darauf. Ich betrachtete seinen Kopf. Irgend etwas hatte ihn dort furchtbar hart getroffen, soviel stand fest, aber ich konnte nicht feststellen, ob die Wunde von einem Gewehrschuß herrührte oder nicht; ich hatte noch nie eine Schußwunde gesehen. Ich erinnerte mich plötzlich wieder an die Beschreibungen über Kennedys Ermordung, an Einzelheiten aus Berichten von Augenzeugen, Ärzten und von der Autopsie der Leiche, die ich – wie damals fast alle Amerikaner – in Zeitungen und Illustrierten gelesen hatte. Ich erinnerte mich, daß ein Teil von Kennedys Kopf ganz einfach weggeblasen worden war – hier aber nichts dergleichen. Genau über dem linken Ohr befand sich eine tiefe Schramme unter dem Haar, und dort schien der Kopf auf seltsame Weise eingedrückt, eingekerbt. Aber man konnte kein Hirn sehen, nichts war hier weggeblasen.
    »Bobby, komm her«, sagte ich. »Wir müssen hier Klarheit gewinnen.«
    Ich deutete auf die Stelle an Drews Kopf. Bobby starrte mit seinen rotgeränderten Augen darauf und schrak zurück. Wir hingen am Felsen und rangen nach Luft.
    »Ist das eine Schußwunde?«
    »Ed, du weißt doch, daß ich das nicht wissen kann. Aber es sieht gewiß nicht danach aus, wenn du mich schon fragst.«
    »Aber sieh doch mal hierher!« Ich zeigte ihm die tiefe Schramme unter dem Haar. »Nach allem, was wir wissen, scheint es mir ganz danach auszusehen, daß ihn ein Schuß gestreift hat. Aber ob ihm vielleicht diese Felsen hier erst zum Verhängnis geworden sind, wer kann das sagen?«
    »Oder vielleicht die Felsen flußaufwärts, gleich nachdem er ins Wasser gestürzt ist«, sagte Bobby.
    »Wenn wir jetzt alles richtig machen, brauchen wir niemandem eine Erklärung zu geben. Außer uns selbst vielleicht«, sagte ich. »Aber ich möchte es wissen. Ich finde, wir sollten es wissen.«
    »Aber wie können wir es herausfinden?«
    »Lewis weiß da besser Bescheid als wir. Wir wollen Drew zum Boot bringen und Lew zeigen.«
    Wir packten Drew wieder und zerrten ihn zum Kanu hinüber. Wir ließen ihn nieder, bis sein Kopf den Bootsrand erreicht hatte und daran lehnte.
    »Lewis«, sagte ich leise.
    Er antwortete nicht, seine Augen waren geschlossen, und er atmete schwer.
    »Lewis, nur eine Sekunde. Es ist wichtig. Es ist sehr wichtig.«
    Er wandte uns den Kopf zu und öffnete die Augen. Bobby und ich hielten Drew mit drei Händen, und ich drehte Drews Kopf und tastete unter seinem Haar nach der Stelle, die ich Lewis zeigen wollte.
    »Lewis, ist er erschossen worden? Stammt das von einer Kugel?«
    Für einen Augenblick flackerte in seinen Augen das alte Interesse auf. Er hob den Kopf so hoch, wie er konnte, und starrte auf Drews Haar.
    »Sag, ist er erschossen worden? Erschossen? Sag es, Lewis!«
    Ganz langsam wandte er mir den Blick zu und sah mir in die Augen. Mein Hirn zuckte; ich wußte nicht, was jetzt kam. Er nickte kaum merklich und sank dann wieder zurück.
    »Streifschuß«, sagte er.
    »Bist du sicher? Bist du ganz sicher?«
    Er nickte noch einmal und erbrach sich noch in derselben Bewegung. Er nickte wieder, und Bobby und ich sahen uns an. Dann blickten wir abermals auf Drews Wunde.
    »Vielleicht«, sagte Bobby.
    »Ja, vielleicht«, sagte ich. »So wird es wohl gewesen sein. Wir können ihn aber

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