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Flusskrebse: Roman (German Edition)

Flusskrebse: Roman (German Edition)

Titel: Flusskrebse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Auer
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Nähe wohnte, hatte Mitleid mit meinem Cousin, weil er krank war, und gab uns etwas Essen für ihn. Wir brachten ihn noch ein paar Mal ins Spital und sie gaben ihm Spritzen und er wurde gesund.
    Meine Cousins wollten nach Bukavu zu ihrer Familie. Ich wollte nicht mitkommen. Ich wollte ihrer Familie nicht wieder zur Last fallen. Ich sagte ihnen, sie sollten mir Nachricht schicken, wie es meinem Vater und meiner Mutter gehe. Nach einem Monat bekam ich einen Brief von meinem Onkel in Bukavu. Meine Familie war zu einer Schwester meiner Mutter in ein Dorf gezogen. Dort gab es wenigstens genug Maniok und Bananen zu essen. Nachdem sie dort schon ein Jahr gelebt hatten, kamen Interahamwe und errichteten ein Lager in der Nähe und verlangten Lebensmittel und Geld als ‚Steuer’. Dann rückten RCD Truppen gegen sie vor. Sie kamen ins Dorf und hielten eine Versammlung ab und beschuldigten die Dorfbewohner, dass sie die Interahamwe unterstützten. Als der Dorfvorsitzende sich verteidigte und zu schreien begann, verprügelten ihn die Soldaten. Irgend ein Junge warf einen Stein auf sie, darauf begannen sie zu schießen. Mein Vater und meine Mutter wurden erschossen und zwei meiner Brüder. Nur meine Schwester und mein jüngster Bruder überlebten.
    Mein Onkel lud mich ein, wieder zu ihnen nach Bukavu zu kommen, aber ich konnte mich zu nichts aufraffen. Ich ging Holz sammeln für die Frau, die meinem kranken Cousin geholfen hatte, und dafür gab sie mir ein bisschen gekochten Reis. Ich sah den Kindern zu, wie sie Krieg spielten. Sie hielten einander Spielzeugpistolen an die Schläfen und drückten ab. Die kleineren Jungen mussten tot zusammenbrechen, wenn die größeren sie erschossen. Jeden Tag nahm ich mir vor: Morgen gehe ich in die Stadt und versuche, irgend eine Gelegenheitsarbeit zu finden. Aber das war nur ein leerer Gedanke, der sich immer wieder in meinem Gehirn wiederholte, ohne dass er irgendwelche Folgen gehabt hätte. Ich tat nichts um meine Lage zu ändern. Ich wusste nicht, was ich hätte tun sollen, und ich gewöhnte mich daran, dass ich nichts tun konnte. Ich blieb zwei Jahre in dem Lager. Dann hieß es, der Krieg sei zu Ende.
    Zuerst nahm ich das gar nicht zur Kenntnis. Erst als sich das Lager langsam leerte, als auch die Frau, für die ich Holz sammelte und Wasser holte, sich verabschiedete und sagte, sie würde versuchen, nach Hause zu gehen, da machte ich mich auf den Weg zu meiner Tante und meinen Geschwistern. Ich musste viel zu Fuß gehen, denn die Lastwagenfahrer, die ich anhielt, wollten Geld von mir und ich hatte keines. Manchmal haben sie mich mitgenommen, wenn ich beim Verladen geholfen habe.
    Meine Geschwister waren sehr froh, mich zu sehen. Sie sagten: Gehen wir zurück und bebauen wir unser Land. Mein kleiner Bruder wollte Rinder züchten. Meine Schwester sagte, sie würde uns helfen, so lange, bis wir beide verheiratet seien. Wir machten einen Plan. Wir würden einen Teil unseres Landes verkaufen und dafür Rinder kaufen. Wir würden Maniok und Bananen anpflanzen und uns nur vom Ertrag unserer Felder ernähren, bis wir eine große Herde hätten. Dann würden wir einen Teil der Rinder verkaufen und und wieder Land zurückkaufen. Bis dahin sollte keines von uns eine Familie gründen. Erst wenn wir es zu genügend Wohlstand gebracht hatten, würden wir das tun.
    Aber dann ging der Krieg von neuem los. Die RCD hatte Frieden mit der Regierung in Kinshasa geschlossen und die Armeen der Rebellen und der Regierung wurden vereinigt. Oberst Laurent Nkunda wurde in der Regierungsarmee zum General befördert. Aber dann sagte er sich von der Regierung los. Er sagte, in Bukavu hätte es Massaker an den BanyaMulenge gegeben und er müsse die BanyaMulenge beschützen. Natürlich waren wir zuerst für Nkunda, aber als er Bukavu eroberte, plünderten seine Soldaten alles, was ihnen unter die Finger kam. Sie fragten nicht, wer Hutu oder Bembe oder Mulenge oder Hunde war. Wer sich gegen die Plünderungen wehrte, wurde verprügelt oder getötet. Mein Onkel hatte einen Freund, einen Ladenbesitzer, und als die Soldaten kamen, stellte er sich mit seinem Freund vor dessen Laden und schrie den Soldaten zu: „Wir sind BanyaMulenge , ihr seid doch gekommen, uns zu beschützen, verschont diesen Laden!“ Ein Soldat hat ihm mit dem Gewehrkolben die Zähne aus dem Mund geschlagen, ein anderer hat ihm die Rippen gebrochen.
    Als wir davon hörten, sagte ich zu meinen Geschwistern: ‚Es hat keinen Sinn. Dieser Frieden ist kein

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