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Flusskrebse: Roman (German Edition)

Flusskrebse: Roman (German Edition)

Titel: Flusskrebse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Auer
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RCD-Regierung und vielleicht konnten wir ja dort Arbeit finden.
    Wir schleppten jeder einen Sack Kartoffeln mit, die Wochenration, die wir im Minencamp bekommen hatten. Wir dachten, wenn wir sparsam wären, könnten wir auch zwei Wochen davon leben. Aber nach zwei Wochen waren wir noch genau so weit von Goma entfernt wie zu Anfang unserer Flucht, weil wir uns immer wieder verliefen, wenn wir einen Bogen machten um ein Dorf oder einen Ort, wo wir ein Lager der Mai-Mai vermuteten. An einem Morgen war der Ex-Manager verschwunden und mit ihm die letzten Kartoffeln, die wir noch aufgespart hatten. Nach einigen Tagen bekam einer von meinen Cousins Fieber und begann zu phantasieren, der Ex-Manager würde uns auflauern um uns umzubringen und unser Fleisch zu essen. Wir mussten aufhören, um alles einen Bogen zu machen, was nach einer menschlichen Ansiedlung aussah. Wenn wir meinen Cousin retten wollten, mussten wir irgendwie unter Menschen kommen. Wir mussten Dörfer finden mit Feldern, von denen wir uns wenigstens ein paar Maniokwurzeln stehlen konnten. Als wir wieder auf ein Dorf stießen, umkreisten wir es vorsichtig und suchten die Stelle, wo die Frauen Wasser holten. Dort versteckte ich mich und wartete. Meistens kamen die Frauen in Trupps von fünf oder mehr Frauen. Das war mir zu riskant. Ich wartete zwei Tage, bis ein junges Mädchen alleine daherkam. Ich rief aus dem Busch: ‚Hallo, sind bei euch im Dorf Soldaten?’
    ‚Ja, und ich werde sie gleich holen!’ schrie sie. Aber ich glaubte, dass sie log. Sie wollte davonlaufen, aber ich sprang aus dem Busch und warf sie um.
    ‚Entschuldige’, sagte ich, ‚ich wollte dir nicht wehtun. Ich brauche wirklich Hilfe. Schau, ich lass dich gleich los. So, jetzt lass ich dich los, aber renn nicht davon.’
    Ich ließ sie los und sie setzte sich auf. Sie war klein und stämmig und schielte ein bisschen.
    ‚Ich bin mit meinen zwei Cousins unterwegs’, sagte ich. ‚Wir sind vor den Mai-Mai geflüchtet, aber jetzt hat einer von ihnen Fieber und wir müssen ihn in ein Spital bringen.’
    Sie zeigte in eine bestimmte Richtung und sagte, dass dort in einem Dorf eine Krankenstation sei, und einmal in der Woche würde dort ein ausländischer Arzt von einer Hilfsorganisation hinkommen. Sonst wäre da nur eine Krankenpflegerin, aber vielleicht könnte die ja unserem Kranken eine Pille geben. Ich fragte sie, wie weit es denn sei bis dorthin, und sie sagte, zu Fuß würden wir schon zwei Tage brauchen.
    Ich dankte ihr und bat sie, niemandem von uns zu erzählen. Sie versprach es, aber sie zuckte die Achseln dabei, und ich dachte, dass es ihr kein sehr heiliges Versprechen sei. Darum gingen wir die meiste Zeit nicht auf dem Pfad, den sie mir gezeigt hatte, sondern im Wald, und wir brauchten drei Tage, bis wir das Dorf mit der Krankenstation fanden.
    Die Krankenpflegerin gab uns Pillen für meinen Cousin und sagte, wir sollten ihn nach Goma ins Spital bringen. Sie sagte, die Straße nach Goma sei unter Kontrolle der RCD und wir müssten uns nicht verstecken. Also zogen wir wieder los.
    Je näher wir der Stadt kamen, um so mehr Menschen trafen wir, die in dieselbe Richtung wanderten. Manche schleppten einen Koffer auf dem Kopf oder Bündel mit Bettwäsche und Kleidern. Manche schoben ein Fahrrad, das sie mit allem möglichen bepackt und behängt hatten oder sie hatten einen Schubkarren. Die meisten hatten nur ein paar Plastikbeutel, in die sie ihre Habseligkeiten gestopft hatten. Sie erzählten, dass sie vor den Mai-Mai geflohen seien, andere sagten, vor den Interahamwe. Oder sie wussten gar nichts, sie sagten: ‚Soldaten haben unser Dorf angezündet, wir sind davongelaufen, wir wissen nicht, was wir machen sollen.’
    Es hieß, in Goma gäbe es ein Lager, wo man Essen bekommen könnte und wo auch ein Spital wäre. Also hatten wir Hoffnung. Wir schleppten meinen kranken Cousin, die Pillen halfen ihm etwas, er konnte selber gehen, aber wir mussten ihn stützen. Nach einer Woche kamen wir ins Lager. Wir brachten meinen Cousin ins Spital, aber sie konnten ihn nicht aufnehmen. Sie gaben ihm eine Spritze und sagten uns, wo wir eine Plastikplane bekommen könnten. Wir bauten uns ein kleines Gerüst aus Ästen und deckten es mit der Plastikplane ab. So hatten wir jetzt einen Platz zum Schlafen. Aber wir hatten nichts, keinen Kanister zum Wasserholen, kein Kochgeschirr. Manchmal wurde etwas verteilt, aber bis wir davon erfuhren, war schon alles weg. Eine Frau, die mit ihrer Familie in der

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