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Flusskrebse: Roman (German Edition)

Flusskrebse: Roman (German Edition)

Titel: Flusskrebse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Auer
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junge Mann auch Künstla! Er schreibt sea schöne Gedicht!“
    „Wirklich?“ Magda Reiter schaute interessiert. „Haben Sie etwas mit? Würden Sie etwas vortragen?“
    „Entschuldigung, ich weiß nicht, kann ich das vortragen? Ich habe tatsächlich etwas mit, aber...“ Juvénal zog verlegen ein Schreibheft aus der Tasche seines Anoraks. „Ich versuche zu schreiben auf Deutsch, und meine Lehrerin sie korrigiert meine Verse. Darum ich habe das hier bei mir, weil heute ich war in dem Kurs.“
    „Unsa Lehrerin sagt, das gloße Dichta!“
    Juvénal schüttelte den Kopf. „Nein, nein, sie sagt das nicht. Sie sagt, es ist ganz gut, aber ich weiß nicht. Sie gibt mir große Ermutigung!“
    „Ja, dann tragen Sie das doch vor! Gleich nach der Einführung – mein Mann spricht die einführenden Worte – und vor den Trommlern, ja?“
    Drei junge Männer in bunten westafrikanischen Kostümen schleppten gerade große und kleine Trommeln herein.
    „Hugo!“ rief Magda Reiter ihrem Mann zu, der mit einer anderen Gruppe in der Nähe stand, „dieser junge Mann wird uns ein paar Gedichte vortragen!“
    „Wunderbar! Am besten gleich nach meiner Rede, vor den Trommlern!“
     
    In Hugo Reiters Rede war von einem neuen Wind aus Afrika die Rede, der aus den Räumen uralter Geschichte, Religionen, Mythen und Kulturen wehte, aber auch aus einem tiefen Reservoir an Vitalität und Lebensfreude, an Leidenschaft und Grausamkeit, an magischer Verstrickung und Aberglauben, an Härte und Sanftmut, an Güte und Haß. Mautner, der von den Bildern sehr beeindruckt war, aber sie nicht interpretiert bekommen mochte, wäre am liebsten eine Weile an die frische Luft gegangen, wollte aber den Auftritt von Juvénal nicht versäumen. Vera schien an Reiters Lippen zu hängen, aber das konnte auch Höflichkeit sein.
     
    „Und nun“, kündigte Magda Reiter an, nachdem ihr Mann seine Rede beendet hatte, „wird uns Herr Juvénal Masunzu ein selbstverfasstes Gedicht vortragen.“
     
    Juvénal trat vor, sein Schreibheft in der Hand. Er konzentrierte sich kurz, dann hob er den Blick und sah mit einem leisen Lächeln in die Runde von einem zum anderen. Alles Geflüster hörte auf. ‚Das hat er von seinem Vater gelernt’, dachte Mautner. Mit leiser, fester Stimme begann Juvénal vorzutragen:
     
    „An dem Tag, wo wir über die Grenze gehen,
siehst du die Stadt schon, drüben, über dem Fluss?
An dem Tag, wo wir über die Grenze gehen,
siehst du sie schon?
Wir werden ein Boot finden, angebunden versteckt im Gebüsch,
ein Seil werfen mit einem Haken dran.
Wir werden im Schlamm kriechen tief auf dem Grund,
einen Tunnel graben unter dem Fluss,
und der Fluss wird auf uns herunterregnen
schwere Tropfen aus dunklem Gestein.
Wir werden über die Grenze gehen.
    An dem Tag, wo wir über die Grenze gehen,
siehst du die Felder, drüben, über dem Fluss?
An dem Tag, wo wir über die Grenze gehen,
siehst du sie schon?
Wir werden uns unter dem Zug festhalten,
auf Hochspannungsleitungen balanzieren
im Morgengrauen hoch über den Wächtern.
Wir werden über die Stromschnellen springen
und wenn sie auf uns schießen,
werden wir uns in Vögel verwandeln
und hinüberfliegen über die Grenze
in das andere Land
in die andere Zeit
auf der anderen Seite:
drüben
über dem Fluss.“
     
    Zwei, drei, vier Sekunden lang hielt Juvénal die Zuhörer noch mit seinem Blick. Dann senkte er den Kopf. Der Beifall dauerte lange an und Magda und Hugo Reiter drückten ihm ehrlich bewegt die Hände. Dann eröffnete Magda das Buffet und die Band begann zu spielen.
     
    Juvénal kehrte zu seiner Gruppe zurück und Frau Zhao schüttelte ihm begeistert die Hand. Patrice klopfte ihm auf die Schulter, Frau Saberi legte die rechte Hand auf die Brust und verneigte sich. „Das war großartig, ganz großartig“, sagte Mautner und Vera schloss sich an: „Hervorragend, ich gratuliere Ihnen!“
    Hugo Reiter kam nach: „Das ist ja phantastisch, ein solches Talent! Haben Sie noch mehr Texte?“ Und zu Mautner gewandt: „Wir müssen einen Verlag für ihn finden, der Mann muss veröffentlichen. Man könnte da doch etwas machen in Kombination mit den Bildern“, er deutete auf die Wände, „Einen Kunstband mit Gedichten. Denken Sie einmal drüber nach.“
    Juvénal schüttelte den Kopf. „Soviel habe ich noch nicht geschrieben.“
    „Dann schreiben Sie, schreiben Sie! Wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt!“
     
    „Wir haben noch gar nicht alle Bilder gesehen“, sagte Juvénal. Ihn zog es zu

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