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Flusskrebse: Roman (German Edition)

Flusskrebse: Roman (German Edition)

Titel: Flusskrebse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Auer
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Besucher lachte. „Ja. Wir sind die besten Rinderzüchter der Welt. Uns hat Gott die Rinder gegeben, darum sind wir niemals Viehdiebe, denn die Rinder haben uns immer schon gehört. Aber das sind Märchen von früher. Heute sind wir Christen und befolgen das siebente Gebot. Kennen Sie Ankole-Rinder? Sie haben riesige Hörner!“
    „So wie Watussi-Rinder?“
    „Das ist dasselbe. Wir nennen sie Ankole. Die Watussi, das sind wir. Also unsere Vorfahren waren Watussi. Oder Batutsi oder Tutsi, wie sie wollen. Mein Großvater hat eine große Herde gehabt.“
    „Also BanyaMulenge sind dasselbe wie Tutsi?“
    „Nein, wir haben auch andere Vorfahren. Unsere Vorfahren sind schon vor den Belgiern in den Kongo gekommen. Sie haben Ruanda verlassen, weil der König zu hohe Steuern verlangt hat. Aber nicht nur Tutsi aus Ruanda, auch Hutu, und Leute aus Burundi und aus anderen Gegenden. Das sind die BanyaMulenge geworden, sie leben im Hochland von Mulenge, in Süd-Kivu. So hat es mir mein Vater erklärt. Aber die Belgier haben auch wieder Leute aus Ruanda nach Kivu umgesiedelt. Und dann später sind Flüchtlinge aus Ruanda gekommen. 1994, als der Völkermord in Ruanda passierte, da sind die Hutu-Milizen in den Kongo geflohen. Zwei Millionen Hutus aus Ruanda! Zuerst haben sie die Tutsi in Ruanda abgeschlachtet, und als sie dann von Kagame besiegt worden sind, sind sie in den Kongo gegangen und haben sich hier breit gemacht. Sie haben angefangen, die hiesigen Tutsi und BanyaMulenge zu terrorisieren. Dann hat Kagame mit Mobutu verhandelt und vereinbart, dass die Hutu-Milizen zurückgeschickt werden, damit sie in Ruanda vor Gericht kommen. Und es hat geheißen, alle Ruander müssen weg aus dem Kongo. Und Leute in der Regierung, die etwas gegen die BanyaMulenge gehabt haben, haben gesagt, wir sind auch Ruander und müssen auch weg. Ich bin bei meinen Eltern geblieben, weil man nicht gewusst hat, was geschehen wird. Ich habe meiner Mutter und dem Großvater in der Landwirtschaft geholfen.
    Als ich zwölf war, sind Soldaten aus Ruanda gekommen. Das waren BanyaMulenge aus dem Kongo, die unter Kagame gekämpft hatten. Sie sind in die Dörfer gekommen und haben gesagt, wir müssen mit ihnen gegen Mobutu kämpfen, weil er die Hutu-Milizen ins Land gelassen hat. Sie haben alle Burschen antreten lassen, und wer ihnen groß und kräftig genug vorgekommen ist, den haben sie mitgenommen. Ich war ziemlich groß und sie haben meinem Vater nicht geglaubt, dass ich erst zwölf bin. Sie haben uns mit Gummstiefeln ausgerüstet und uns Kalaschnikows in die Hand gegeben und uns gezeigt, wie man damit schießt. Es geht wirklich leicht. Man muss nicht zielen. Man hält das Gewehr ungefähr in die Richtung und dann sieht man schon, wo die Kugeln einschlagen. Mein Vater hat mich freigekauft. Er hat dem Kommandanten 100 Dollar gegeben und hat mich nach Bukavu geschickt in die Stadt, zu seinem Bruder. Dort bin ich aufs Lyceum gekommen und habe angefangen Elektrotechnik zu studieren. Aber ich war enttäuscht. Ich wäre lieber Soldat geworden. Ich habe damals davon geträumt, einmal Romane zu schreiben wie Victor Hugo und Theaterstücke wie William Shakespeare. Darum wäre ich auch gerne mit den Aufständischen marschiert. Ich dachte, ich würde ein Held werden wie der kleine Gavroche in den „Elenden“. Und dann würde ich ein dickes Buch darüber schreiben. Ich glaube, mir wäre nicht viel passiert. Die Aufständischen unter Kabila haben sehr schnell gesiegt und sind bald in Kinshasa einmarschiert.
    Die Stadt – ah die Stadt war sehr aufregend. So viele Menschen. Am Anfang habe ich mich gefürchtet. Aber die Familie von meinem Onkel hat mich gut aufgenommen. Seine Söhne haben mich wie einen Bruder behandelt. Mein Onkel war ein
khadafi
, er hat mit Benzin gehandelt. Jeden Morgen ist er mit seinem Fahrrad zu einem Platz gefahren, wo man das Benzin direkt vom Tankwagen kaufen konnte. Dort hat er zwei Zehnliterkanister angefüllt. Nicht weit von seinem Haus war ein Taxistandplatz. Wenn einer einen Fahrgast gehabt, hat er ihn gefragt, wo er hin will. Dann ist er zu meinem Onkel gekommen und hat einen Liter gekauft oder zwei, je nach der Entfernung. Und wenn er das Geld von seinem Fahrgast bekommen hat und zurückgekommen ist, ist er zu meinem Onkel gegangen und hat bezahlt. Meine Tante hat auch gehandelt. Waren des täglichen Bedarfs. Mehl, Zucker, Seife, Batterien, Rasierklingen, Tonbandkassetten, alles das. Bei ihr konnten die Frauen aus der Nachbarschaft

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