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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Werkzeug. Warum konntest du mir nicht vertrauen?«
    »Aber das habe ich doch«, antwortete Darkov. »Wäre ich sonst allein hierher gekommen?« Er verstärkte den Druck auf den Pistolenlauf ein wenig, um ihn zur Seite zu drücken, erreichte damit aber nur, dass Benedikt die Waffe seinerseits fester gegen seine Stirn presste, und Darkov ließ die Hand hastig wieder sinken. Vielleicht wurde ihm zum ersten Mal klar, dass er buchstäblich nur noch Millimeter vom sicheren Tod entfernt war.
    »Ich war niemals mehr für dich, nicht?«, fragte Benedikt. »Du hast mir nicht einen Augenblick lang vertraut.«
    »Vertrauen. Ein großes Wort«, sagte Darkov. Er versuchte den Kopf zu schütteln, aber er konnte es nicht, weil Benedikt die Waffe zu fest gegen seine Stirn presste. Es musste wehtun.
    »Erschießen Sie den Dreckskerl«, stöhnte Frank vom Boden aus. Er rappelte sich mühsam in eine halbwegs sitzende, nach vorne gebeugte Haltung hoch und massierte mit schmerzverzerrtem Gesicht seinen Magen. »Jagen Sie dem Kerl eine Kugel in den Kopf und dann verschwinden wir von hier. Ich weiß, wo der Hubschrauber steht.«
    Benedikt sah ihn eine halbe Sekunde lang stirnrunzelnd an, hob andeutungsweise die Achseln – und trat ihm mit solcher Wucht ins Gesicht, dass Frank nach hinten kippte und auf der Stelle das Bewusstsein verlor.
    »Benedikt, bitte«, sagte Darkov. »Entscheide dich. Du kannst mich erschießen, aber das würde nichts mehr ändern, du weißt es. Ich kann deinen Zorn verstehen, aber es stand einfach zu viel auf dem Spiel und auch das weißt du.«
    Benedikt starrte ihn noch eine Sekunde lang an. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war pure Qual. Dann fuhr er herum, schrie auf und schlug die Faust mit solcher Gewalt gegen den Türrahmen, dass seine Knöchel aufplatzten und zu bluten begannen.
    Währenddessen war Uschi neben Frank niedergekniet und begann ihn flüchtig zu untersuchen. »Es sind keine wichtigen Teile verletzt«, sagte sie. »Nur der Kopf. Aber er wird es überleben.« Wütend sah sie zu Benedikt hoch. »Es war nicht nötig, so brutal zu sein, oder?«
    Benedikt reagierte nicht, ganz einfach, weil er ihre Worte vermutlich gar nicht gehört hatte, aber Rachel wusste, dass Uschi Unrecht hatte. Es war nötig gewesen, in diesem Moment. Sie nahm sogar an, dass Benedikt ganz bewusst nach einem Ventil für seine Wut gesucht hatte. Hätte er es nicht gefunden, dann hätte er Darkov vielleicht getötet.
    Wortlos trat sie an Benedikts Seite und griff nach seiner Hand. Er ließ es widerspruchslos geschehen. Seine Knöchel sahen übel aus. Sie waren aufgeplatzt und bluteten heftig; Rachel war fast sicher, dass mindestens einer gebrochen war, und die Hand begann bereits anzuschwellen. In spätestens einer Stunde würde er sie wahrscheinlich kaum noch bewegen können.
    »Das sieht schlimm aus«, sagte sie. »Hast du Verbandszeug im Haus?«
    Uschi stand wortlos auf und trat an den Schrank und Benedikt zog die Hand mit einem Ruck zurück und ballte sie zur Faust, woraufhin sie noch heftiger zu bluten begann.
    »Rachel«, begann er. »Ich –«
    »Vertrauen, Benedikt«, unterbrach ihn Rachel. Sie machte eine Kopfbewegung auf Darkov. Ihre Stimme war so kalt, dass sie beinahe selbst davor erschrak. »Ein großes Wort.« Es war sonderbar – sie wusste selbst nicht genau, warum sie das sagte, denn es war ganz und gar nicht das, was sie in diesem Moment dachte. Alles, was sie im Grunde fühlte, war verletzter Stolz, aber es war wie so oft: Ihr war wehgetan worden und sie hatte den Wunsch, nun einem anderen wehzutun. Sie hatte noch nie zu denen gehört, die die andere Wange hinhielten.
    Wenn Benedikt verletzt war, dann ließ er es sich nicht anmerken. Er sah sie nur mit leerem Blick an und Rachel trat zur Seite und überließ es Uschi, seine Hand zu verbinden. Sie selbst ging zum Tisch, ließ sich schwer auf einen der geschnitzten Bauernstühle sinken und schloss für einen Moment die Augen. Plötzlich fühlte sie sich leer, auf eine rein körperliche Weise erschöpft und so maßlos enttäuscht, dass es fast wehtat.
    Darkov kam mit langsamen Schritten näher, warf einen flüchtigen Blick auf Frank herab und setzte sich an die andere Seite des Tisches. Wäre es Rachel nicht zu albern erschienen, dann wäre sie aufgestanden. Darkov sah sie einige Sekunden lang erwartungsvoll an, dann hob er die Schultern und zog ein altmodisch aussehendes Walkie-Talkie aus der Tasche.
    »Ihr könnt jetzt kommen«, sagte er und steckte das Gerät

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