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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kopf. »Lieber nicht. Ich weiß nicht, wie lange wir hier noch Ruhe haben. Ziehen Sie sich nur um. Rasch, bitte.«
    Sie hatte die Antwort vorausgeahnt und fragte sich, warum sie diese Frage überhaupt gestellt hatte, verzichtete aber darauf zu protestieren, sondern ging mit schnellen Schritten die Treppe hinauf und ins Schlafzimmer. Dort sah es nicht anders aus als unten, aber der Anblick machte sie ungleich wütender. De Villes Männer – sie hatte nicht einmal gewusst, dass er nicht allein gekommen war – hatten jeden Quadratzentimeter des Zimmers verwüstet, die Schränke aufgerissen, ihre Wäsche durchwühlt … selbst die Matratze lag schief auf dem Sprungrahmen und die Laken waren zerknüllt, was bewies, dass man sie hochgehoben und darunter nachgesehen hatte – wonach eigentlich? Der Anblick erfüllte Rachel mehr und mehr mit kalter Wut. Im Prinzip hatten die Männer nichts anderes getan als die unbekannten Eindringlinge, auf deren Spuren sie am Morgen gestoßen war, aber während diese sich zumindest noch Mühe gegeben hatten, ihr Tun zu verheimlichen, hatten De Villes Handlanger gehaust wie die sprichwörtlichen Vandalen. Rachel glaubte sie für einen Moment regelrecht vor sich zu sehen, wie sie in ihren Kleidern wühlten, jedes Handtuch herausrissen und ausschüttelten (es könnte sich ja ein Terrorist darin verstecken …) und zotige Bemerkungen machten, während sie in ihrer Unterwäsche herumfingerten. Der Unterschied war der, dass sich die Verbrecher alle Mühe gegeben hatten, unauffällig zu bleiben, während die Vertreter der Ordnungsmacht (ha, ha!), die sich doch eigentlich um ihren Schutz bemühen sollten, das Haus hinterließen, als wären Dschingis Khans Horden hindurchgezogen. Es sollte umgekehrt sein! Dass es nicht so war, stellte in Rachels Augen die ultimative Demütigung dar und erfüllte sie mit einem stillen, aber brennenden Zorn. Heute Nacht, dachte sie. Spätestens heute Nacht würde sie sich diesen De Ville vorknöpfen und ihm die Pest an den Hals träumen! Nun ja, vielleicht nicht unbedingt die Pest, aber irgendetwas in der Art, etwas ziemlich Unangenehmes und vor allem Langwieriges, damit er sich noch eine Weile an sie erinnerte …
    Sie verscheuchte den Gedanken. Er war kindisch und albern, aber sie konnte nicht darüber lächeln, sondern verspürte ganz im Gegenteil einen neuerlichen, wenn auch vollkommen anderen eisigen Schauer. Gott bewahre sie davor, die Fähigkeiten, die sie so fürchtete, irgendeines Tages tatsächlich zu haben!
    »Wie weit sind Sie?« Naubach war immerhin diskret genug, nicht heraufzukommen, aber sie konnte hören, dass er unten an der Treppe stand, und seine Stimme klang mehr als ungeduldig.
    »Fast fertig«, log Rachel. »Noch eine Minute.« Sie trat dicht an den kniehohen Wäscheberg heran, der sich vor dem Kleiderschrank auf dem Fußboden türmte, schlüpfte aus ihren Kleidern und wühlte mit einer kindischen, anarchistischen Freude in dem Durcheinander herum, bis sie eine Ausstattung zusammengestellt hatte, die der Situation angemessen schien. Rasch zog sie sich an, schloss die Schranktür und betrachtete sich prüfend in dem zwei Meter hohen Spiegel auf der Vorderseite der Tür. Plötzlich wurde ihr bewusst, wie sehr sie sich ihren namenlosen Verfolgern bereits angepasst hatte: sie trug schwarze, eng anliegende Jeans und bis in die Mitte der Schienbeine hinauf geschnürte Halbstiefel, einen schokoladenbraunen (was für eine Farbzusammenstellung!) Pullover und darüber einen knapp sitzenden Lederblouson, der ihr nicht einmal ganz bis zu den Hüften reichte. Jetzt noch ein kupferfarbenes Stirnband und ein Schwert auf dem Rücken, dachte sie spöttisch, und fertig ist Xena, die Kriegerprinzessin. Doch der Anblick amüsierte sie nicht annähernd so sehr, wie es der Fall hätte sein sollen, sondern erfüllte sie ganz im Gegenteil mit einer sonderbar ziellosen Beunruhigung. Es war ein holperiger Versuch, sich auf Kampf und Flucht vorzubereiten, als hätte irgendetwas tief in ihr ein Verteidigungsprogramm gestartet, dessen Existenz sie bisher noch nicht einmal geahnt hatte. Dabei hatte sie sich bislang stets für einen eigentlich friedliebenden Menschen gehalten. War es vielleicht an der Zeit, dass sie anfing, sich vor sich selbst zu fürchten?
    Sie zog es vor, diesen Gedanken nicht bis zu seinem Ende zu verfolgen, stopfte fast wahllos einige weitere Kleider in eine Reisetasche und kam nach kaum einer weiteren Minute bei Naubach an, der voller Ungeduld

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