Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
vergangene Woche verbracht haben.«
    »Warum?«, fragte Rachel. »Wollen Sie mein Alibi überprüfen?«
    Ihr dritter Hieb zeigte immerhin Wirkung. Naubach hatte sich nun nicht mehr ganz so gut in der Gewalt und in seinen Augen blitzte es kurz und zornig auf. »Vielleicht, um sie zu warnen«, sagte er. »Oder möchten Sie, dass sie am Ende auch noch verschwindet?«
    »Kaum«, gestand Rachel. »Dazu müssten die Kerle sie übrigens erst einmal finden. Selbst mir fällt das manchmal nicht leicht.«
    Fast zu ihrer Überraschung gab sich Naubach mit dieser Erklärung sogar zufrieden. Wahrscheinlich hatte er ihre Hilfe gar nicht nötig, um Uschis Adresse herauszubekommen, oder glaubte es zumindest. »Wie Sie meinen«, sagte er achselzuckend. »Jetzt werden wir erst einmal – Mist!« Den Grund für das letzte, mit Nachdruck hervorgestoßene Wort verstand Rachel im gleichen Moment, in dem sie den Blick hob und nach vorne sah. Sie waren fast da. Der Weg von der Klinik hierher war nicht weit, zumal Naubach sehr schnell gefahren war, aber wie es aussah, würden sie für die letzten hundert Meter wahrscheinlich länger brauchen als für das gesamte Stück vom Krankenhaus hierher.
    Rachels Haus wurde belagert. Direkt in der Garageneinfahrt (jemand hatte das Tor mittlerweile zugemacht) parkte ein Streifenwagen der Polizei und ein zweiter stand ein kleines Stück davor und quer zur Fahrbahn, sodass er die gesamte Straße blockierte. Nicht, dass es viel zu blockieren gab – auf dieser Straße würde sich innerhalb absehbarer Zeit sowieso nicht mehr viel rühren, was deutlich größer als ein Skateboard war. Mindestens ein Dutzend Fahrzeuge standen kreuz und quer geparkt da – einige sogar auf dem Bürgersteig – und in geringer Entfernung gewahrte sie einen Ü-Wagen eines privaten Fernsehsenders, auf dessen Dach sich eine gewaltige Parabolantenne erhob, die wie eine futuristische Waffe aus einem Sciencefictionfilm auf ihr Haus gerichtet war. Die Insassen dieser Wagen umlagerten das Haus und taten so genau das, was sie sich vorhin vorgestellt hatte, als hätten sie ihre Gedanken gelesen und als Aufforderung verstanden: sie zertrampelten ihre Blumenbeete, verrenkten sich die Hälse, um einen Blick über den Zaun zu werfen, und drückten sich die Nasen an den Fensterscheiben platt. Blitzlichter zuckten ununterbrochen, obwohl es rein gar nichts zu fotografieren gab, und Rachel entdeckte einen ihrer Nachbarn, der heftig gestikulierend, aber ohne viel Erfolg versuchte, sich einen Weg zu seinem eigenen Haus zu bahnen. Hatte sie vorhin gedacht, sie sollte hier wegziehen? Wenn es noch eine Weile so weiterging, fügte sie mürrisch in Gedanken hinzu, dann würde sie es müssen.
    Naubach trat vorsichtig auf die Bremse, betätigte den Blinker und bog nach links ab, und Rachel atmete innerlich auf. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie sich ein Foto von ihr – noch dazu in ihrem heruntergekommenen Zustand – auf den Titelseiten der Boulevardpresse ausmachen würde. »Sieht so aus, als seien Sie berühmt, meine Liebe«, grinste Naubach mit unverhohlener Schadenfreude.
    »Danke«, antwortete Rachel säuerlich. »Ich kann darauf verzichten. Es sieht eher so aus, als müsste ich heute Abend in ungewaschenen Kleidern schlafen.«
    »Kein Problem. Geben Sie mir eine Minute.« Naubach sah einen Moment lang aus zusammengekniffenen Augen in den Rückspiegel, dann steuerte er den Wagen an den Straßenrand, zog ein Handy aus der Tasche und wählte eine eingespeicherte Nummer. Rachel konnte nicht verstehen, worum es in dem Gespräch ging. Es bestand im Grunde nur aus Halbsätzen, einzelnen Wörtern und gegrunzten Lauten der Zustimmung oder Ablehnung. Aber als er fertig war und das Gerät wieder einsteckte, zog er eine Grimasse. »Als ob man mit Timbuktu spricht«, beschwerte er sich. »Diese verdammten Interferenzen.«
    »Angeblich soll es ja noch schlimmer werden«, sagte Rachel. »Und? Was haben Sie erreicht?«
    »Warten Sie ab«, beschied sie Naubach. »Ein paar Minuten, und – hey! Das ging aber schnell!« Er sah wieder in den Rückspiegel und auch Rachel drehte sich auf dem Beifahrersitz herum, um in die gleiche Richtung zu blicken. Sie waren nur ungefähr fünfundzwanzig Meter von der Kreuzung entfernt, sodass sie die Wagen, die in einer sich schnell bewegenden Kolonne vorbeifuhren, deutlich erkennen konnte. Ein paar davon hatte sie vor einem Augenblick erst gesehen.
    »Ich verstehe«, sagte sie stirnrunzelnd. »Eine gezielte

Weitere Kostenlose Bücher