Flut: Roman (German Edition)
irgendwie beunruhigt, als er das Gerät abschaltete und umständlich in die Manteltasche zurückschob.
Der Helikopter kam in Sicht, nachdem De Ville sich ächzend und mit schmerzhaft zusammengepressten Lippen wieder in den Sitz hatte zurückfallen lassen. Er war bereits gelandet, und zwar – zufällig oder nicht – auf demselben Parkplatz, auf dem Rachel vor wenigen Minuten erst angehalten hatte, um mit Darkov zu reden, sodass er zwar halb hinter den Bäumen verborgen, dennoch aber deutlich sichtbar war. Rachel hatte wohl automatisch angenommen, dass es sich um einen Polizeihubschrauber handelte, aber die Maschine war viel größer und selbst sie, die rein gar nichts von Hubschraubern oder irgendwelchen Fluggeräten verstand, sah auf Anhieb, dass sie mindestens zwanzig Jahre alt sein musste, wenn nicht mehr. Der Hubschrauber war in einem stumpfen Dunkelgrün gestrichen, das ihn an einem bedeckten Tag wie heute vor dem Himmel praktisch unsichtbar werden lassen musste, und Rachel schätzte, dass er gut und gerne acht Passagieren Platz bot. Auf der menschenleeren, verregneten Straße wirkte er wie ein missgestaltetes Rieseninsekt, das sich sprungbereit zwischen die Bäume gekrallt hatte, um auf Beute zu lauern; ein Anblick, der ebenso surreal wie auf schwer fassbare Weise bedrohlich war. Die Rotorblätter drehten sich noch; wahrscheinlich hatte die Maschine gerade erst aufgesetzt.
»Sie haben ein Taxi bestellt?« De Ville grinste zwar, aber seine Stimme zitterte leicht, und als Rachel sich zu ihm herumdrehte, sah sie, dass seine Stirn von einem Netz winziger Schweißperlen bedeckt war. Gerade als sie in den Wagen gestiegen war, war das noch nicht so gewesen. Er war in viel schlechterer Verfassung, als er zugab.
Da Rachel nicht antwortete, beugte sich De Ville ächzend zu ihrem Fahrer vor. »Fahren Sie zum Parkplatz«, sagte er überflüssigerweise. »Und möglichst nah ran. Ich habe keine Lust, mich schon wieder nass regnen zu lassen. Wenden Sie dort vorne und fahren Sie von der anderen Seite heran. Der Einstieg ist links.«
Der Mann nickte auf eine Art, der seine Nervosität deutlich machte. Er hatte ganz automatisch den Fuß vom Gas genommen, als der Parkplatz mit dem gelandeten Hubschrauber in Sicht gekommen war, jetzt beschleunigte er wieder und fuhr in so großem Abstand an der Parkbucht vorbei, dass die Räder des Wagens zweimal kurz über die unbefestigten Bankette rumpelten.
De Ville machte ein ärgerliches Gesicht, ersparte sich aber jeden Kommentar und auch Rachel dachte sich ihren Teil. Sie war offensichtlich nicht die Einzige hier, die der Anblick dieses fliegenden Monstrums nervös machte. Vor allem aber machte ihr der Anblick endgültig klar, dass ihr Leben von diesem Moment an nie wieder so sein würde wie vorher. Nach allem, was geschehen war, hätte ihr diese Erkenntnis geradezu lächerlich banal vorkommen müssen, aber das genaue Gegenteil war der Fall. Es war tatsächlich der Anblick des wartenden Helikopters, der sie wirklich begreifen ließ, dass ihr Leben an einem Wendepunkt angelangt war, jenseits dessen es kein Zurück mehr gab, und ein Gefühl von Endgültigkeit überkam sie, das fast körperlich wehtat.
Sie durfte nicht in diese Maschine einsteigen! Unter gar keinen Umständen! Irgendetwas Schreckliches würde geschehen, wenn sie es tat.
Der Wagen rollte fünf oder sechs Meter vor dem gelandeten Helikopter aus und fuhr dann noch einmal ein kurzes Stück weiter, als De Ville dem Fahrer über den Spiegel einen ärgerlichen Blick zuwarf. Weniger als zwei Schritte neben dem metallenen Ungeheuer blieben sie endgültig stehen. Der Fahrer schaltete den Motor aus und De Ville warf Rachel einen ungeduldig auffordernden Blick zu.
»Ich …« Rachel biss sich auf die Unterlippe und versuchte ihren Blick von dem Hubschrauber loszureißen, der so hoch wie ein Berg über dem Wagen emporzuragen schien. Riesenhaft, dunkel und auf schwer greifbare Weise bedrohlich. Die Rotorblätter bewegten sich noch langsam, aber mit einer majestätischen Kraft, die sie fast körperlich zu spüren glaubte, und zerschnitten das Tageslicht in asymmetrische Bereiche grauer und dunkelgrauer Helligkeit.
»Wo ist das Problem?«, erkundigte sich De Ville.
Rachel antwortete nicht gleich. »Ich … ich möchte nicht dort hinein«, sagte sie schließlich schleppend.
»Flugangst?«, erkundigte sich De Ville. Wahrscheinlich sollte es witzig klingen, aber das tat es nicht, und als es ihr endlich gelang, sich vom Anblick des
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