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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Allerdings kostet es mich genau einen Anruf, Sie festnehmen zu lassen. Sollte ich das tun? Was meinen Sie?«
    Rachel würdigte ihn keiner Antwort. »Wie geht es Kommissar Naubach?«, fragte sie. »Ist er schwer verletzt?«
    »Nicht lebensgefährlich, aber es hat ihn ziemlich übel erwischt«, antwortete De Ville. »Er hat eine ziemlich tiefe Fleischwunde davongetragen, die ihn noch eine ganze Weile außer Gefecht setzen wird. Und mir geht es auch wieder ganz gut, danke der Nachfrage.«
    »Tragen Sie eine kugelsichere Weste?«, erkundigte sich Rachel.
    »Ja«, antwortete De Ville. »Was mich nicht davor beschützt hat, zwei gebrochene Rippen und einen blauen Fleck von der Größe Afrikas zu haben.«
    »Das klingt, als würde es wehtun«, vermutete Rachel.
    »Das tut es auch.«
    »Gut«, sagte Rachel. »Aber ich schätze, Sie können froh sein, dass Sie noch leben.«
    »Oder dass der Kerl ein so miserabler Schütze war.«
    Wahrscheinlich konnte er froh sein, dass er ein so ausgezeichneter Schütze war, dachte Rachel. Sie rief sich die kurze Szene im Krankenhaus noch einmal ins Gedächtnis zurück und war jetzt vollkommen sicher, dass der Attentäter De Ville ganz bewusst nicht tödlich getroffen hatte. Aber sie sparte es sich, das laut auszusprechen.
    De Ville zog eine Grimasse und schenkte ihr zugleich einen bösen Blick, der sie daran hinderte, dieses alberne Spielchen noch weiter zu treiben. »Lassen wir das«, sagte er. Er schaltete Naubachs Handy aus, schob es umständlich in die Manteltasche und verzog das Gesicht, als bereite ihm die Bewegung Schmerzen. Offensichtlich hatte er nicht übertrieben, was seine gebrochenen Rippen und den Bluterguss anging. Rachel bedauerte plötzlich ihre gehässige Bemerkung von gerade.
    »Wohin fahren wir?«, fragte sie.
    »An einen Ort, an dem wir in Sicherheit sind«, erwiderte De Ville. Wieso, dachte sie, sagt er wir und nicht Sie? »Sie werden noch früh genug erfahren, wohin.«
    »Ich dachte, ich wäre nicht verhaftet«, sagte Rachel.
    »Das sind Sie auch nicht.«
    »Dann können Sie mir auch verraten, wohin Sie mich bringen. Oder ich steige tatsächlich aus und gehe zu Fuß zurück.«
    De Ville verdrehte die Augen. »Sie machen es mir wirklich nicht leicht«, seufzte er. »Also gut, wenn Sie darauf bestehen …« Er warf einen raschen, aber sichtlich nervösen Blick nach vorn, zu dem Polizisten hinter dem Lenkrad hin, als habe er Angst, in dessen Gegenwart laut zu sprechen. Natürlich war das absurd. Wenn er seinen eigenen Leuten nicht mehr vertrauen konnte, dachte Rachel, wem dann?
    »Der Helikopter kommt uns entgegen und nimmt uns auf halber Strecke auf. Und ob Sie es glauben oder nicht: Ich weiß selbst nicht genau, wohin. Noch nicht.«
    Rachel war nicht ganz sicher, ob sie ihm glauben sollte – aber sie war vollkommen sicher, dass dies die beste und einzige Antwort war, die sie im Moment von De Ville bekommen würde; warum auch immer. Vielleicht hatte er tatsächlich einen Grund, jedem zu misstrauen, aber vielleicht gehörte Paranoia auch einfach zu seinem Beruf.
    »Was geschieht jetzt mit ihm?«, fragte Rachel nach einer Weile.
    »Mit wem?«
    Rachel war völlig sicher, dass er wusste, wovon sie sprach. »Benedikt«, sagte sie und verbesserte sich sofort. »Darkov.«
    De Ville maß sie mit einem Blick, der mehr über das sagte, was er wirklich von ihrem Versprecher hielt, als ihm vermutlich selbst klar war. »Das kommt zum größten Teil auf ihn selbst an«, sagte er schließlich. »Wenn er keinen Widerstand leistet, wird ihm nichts passieren – und ich hoffe aufrichtig, dass es so kommt. Mir ist nicht daran gelegen, dass ihm irgendetwas zustößt.«
    »Streng genommen hat er ja auch nichts getan«, antwortete Rachel. »Außer dass er versucht hat, mich zu warnen.«
    »Sie verteidigen ihn immer noch«, sagte De Ville kopfschüttelnd. »Ich werde einfach nicht schlau aus Ihnen. Aber ich gebe Ihnen mein Wort, dass ihm nichts zustoßen wird.«
    »Wenn er vernünftig ist«, vermutete Rachel.
    Wie De Ville gesagt hatte, erwartete sie der Helikopter auf halbem Weg zurück zur Stadt. De Ville hatte die Zeit genutzt, um mit Naubachs Handy zwei Telefonate zu führen; das erste, kürzere, hatte nur aus ein paar knappen Jas, Neins und einigen komischen Lauten bestanden, während er das zweite in einer Sprache geführt hatte, die Rachel nicht verstand. Sie vermutete, dass es Italienisch war, war aber nicht ganz sicher. De Ville erklärte ihr natürlich nichts, wirkte aber

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