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Flut

Flut

Titel: Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Galera
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den Beckenrand berührt. Der Buddhist mit den Pferdelippen und Schuhgröße sechsundvierzig, der sich im Wasser bewegt, als hätte er einen Außenbordmotor, blickt panisch zu ihm hoch und will seine Zeit wissen.
    Und, wie viel?
    Sorry, Buda, ich musste ans Telefon gehen und war etwas abgelenkt.
    Das ist nicht dein Ernst, ruft er mit São-Paulo-Akzent. Er starrt mit offenem Mund durch seine beschlagene Schwimmbrille auf die Uhr am Beckenrand und versucht, die Zeit abzulesen.
    Ungefähr so schnell wie das Mal davor. Eins fünfundzwanzig. Versuch, die Arme ein bisschen mehr anzuwinkeln, o.   k.? Zehn Sekunden. Mach dich bereit.
    Leopoldo dreht sich weg, stößt einen fürchterlichen Erschöpfungsschrei aus, blickt auf die freie Bahn im leeren Becken und atmet drei Mal mit dem pfeifenden Geräusch eines Dampfdrucktopfs aus.
    Achtung, fertig …
    Er drückt die Füße an die Beckenwand, hebt den Oberkörper aus dem Wasser und atmet ein.
    Los.
    Leopoldo taucht ein, streckt die Arme und stößt sich von der Beckenwand ab. Er hört nicht mal mehr das Piepen der Stoppuhr. Nachdem er Sekunden später wieder auftaucht, schallt das Krachen seiner Beinschläge durch die ganze Halle. Er wäre ein echter Champion, würde er regelmäßig trainieren, aber er ist zwei Drittel des Jahres unterwegs und fotografiert für diverse Zeitschriften exotische Orte, Frauen und Extremsportler. Zusammen mit Bonobo gehört er zur Gemeinde des Buddhisten-Tempels in Encantada. Nach dem Training gehen sie kurz in der Umkleide duschen.
    Bonobo hat nach dir gefragt, du würdest dich gar nicht mehr blicken lassen. Er will dich mit in den Tempel nehmen.
    Redet er immer noch davon? Ich hab ihm doch schon gesagt, dass ich keine Lust dazu habe.
    Er glaubt, du seist Buddhist und wüsstest es nur nicht.
    Er hat versucht, mich zu bekehren. Als er bei der Reinkarnation ankam, hatte ich genug.
    Die eigentliche Reinkarnation gibt es im Buddhismus gar nicht. Das Konzept der Wiedergeburt …
    Genau, Wiedergeburt. Ein und dasselbe. Ich muss schnell los, meine Freundin braucht mich. Bist gut geschwommen heute, Buda. Bis morgen.
    Hm.
    Sein tropfnasser Bart fühlt sich binnen Sekunden eiskalt an. Er rast los und kommt schlitternd vor Jasmims Haus zum Stehen, noch bevor er ins Schwitzen gerät. Auf dem abschüssigen Grundstück ist niemand zu sehen, aber er hört einsilbiges Gemurmel, das Geräusch einer Schaufel und ein elektronisches Summen, hin und wieder von einem hellen Klingeln durchbrochen. Ehe er klopft, öffnet Jasmim die Tür, stürzt die fünf Stufen der kleinen Zementtreppe hinunter und wirft sich ihm in die Arme.
    Gott sei Dank bist du da. Vor zwanzig Minuten haben sie angefangen, unter dem Haus zu graben.
    Sie gehen rechts ums Haus herum, von wo aus der grasbewachsene Hang bis runter zum blassgrünen Schilf am Ufer der Lagune führt, und kommen an einem etwa fünfzig Zentimeter tiefen Loch in der Größe eines Waschbeckens vorbei, in dem lauter abgehackte Wurzelenden baumeln und wo die beiden Eindringlinge zuvor ein paar Bierdosen aus vergangenen Zeiten gefunden haben. An der Ecke treffen sie auf einen runzligen Alten, der auf dem einen Auge blind ist und eine lehmfarbene Cordhose, eine abgewetzte bleigraue Jacke undeine schwarze Schiebermütze trägt. Er stützt sich auf die roboterartige Verlängerung seines Arms und sieht einem etwa sechzehnjährigen Jungen zu, der neben dem Fundament ein Loch gräbt.
    He. Ihr könnt aufhören. Ihr dürft hier nicht graben.
    Es dauert etwas, bis sie ihm Beachtung schenken, aber als Senhor Joaquim sich zu ihm umdreht, erschrickt er und verliert das Gleichgewicht, so dass er einige Schritte rückwärts den Hang hinunterstolpert und fast hinfällt, während das Gerät an seinem Arm elektrostatisches Pfeifen von sich gibt. Der Junge hört auf zu graben, sieht zum Groß- oder Urgroßvater, um sicherzugehen, dass ihm nichts passiert ist, und wendet sich dann ihm zu. Der Gesichtsausdruck im Schatten seiner Baseballkappe lässt weder Gefühle noch Absichten erahnen. Es wird dunkel.
    Wer hat euch erlaubt, hier zu graben?
    Der Alte traut sich erst nicht zu sprechen, aber schließlich platzt es aus ihm heraus.
    Hier ist ein Schatz vergraben. Hat sie dir davon erzählt?
    Ob da ein Schatz ist oder nicht, ist völlig egal, schreit Jasmim. Ihr könnt hier nicht einfach ohne meine Erlaubnis Löcher graben. Das ist ein Privatgrundstück.
    Bei allem Respekt, Senhora, Sie sind nur die Mieterin. Gehören tut das Haus Abreu.
    Wer ist

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