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Flut

Flut

Titel: Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Galera
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sieht er ein paar alte Baumstämme und die Fassaden von vier oder fünf Häusern. Sie zeigt auf eines der Häuser, und sie halten an.
    Warte kurz, ja? Ich bin gleich wieder da.
    Es dauert fast eine Stunde. Er wartet, ohne auszusteigen, und hört sich durch verschiedene Radiosender. Er kann warten.
    Als Dália endlich kommt, verströmt sie einen vanilleartigen Duft und trägt Jeans, hellblaue Sandaletten, eine schwarze Bluse mit fast unsichtbaren Trägern und eine silberne Sonne an einer Kette. Die Haare sind mit einem weißen Haarband hochgebunden und quellen wie eine schwarze Koralle daraus hervor. Ihre Lippen glänzen.
    Lass mich dich ansehen, sagt er, und sie dreht sich zu ihm.
    Auf dem Weg bittet sie ihn, an der Tankstelle zu halten. Sie kauft ein Bier und einen Schokoriegel und bietet ihm von beidem an. Auf der Straße ist kaum Verkehr, und Dália redet gern. Sie ist zweiundzwanzig, stammt aus Caçador, wo vor allem Tomaten angebaut werden, und will im Juli nach Florianópolis ziehen, um dort Naturheilkunde zu studieren. Dass er Sportlehrer ist, interessiert sie nicht besonders, dafür äußert sie sich begeistert über seinen Umzug nach Garopaba.
    Du wirst dich wohlfühlen hier. Jeder fühlt sich hier wohl. Es ist einfach wunderschön. Ich lebe jedenfalls sehr gern hier. Darf man bei dir im Auto kiffen?
    Sie zündet einen Joint an und reicht ihn ihm. Er nimmt einpaar Züge und kriegt langsam etwas Angst vor den entgegenkommenden Scheinwerfern.
    Auf einem sandigen, mit Schlaglöchern übersäten Weg, flankiert von Straßengräben, gelangen sie schließlich zum Pico do Surf. Vergeblich versucht er, sich an den gerade zurückgelegten Weg zu erinnern. Es dauert, bis er den Fiesta so geparkt hat, dass sie nicht in einen Krater zwischen dem Weg und einem Stück Brachland fallen. Ein Palisadenzaun umschließt den Club, aus dem tiefe Bässe wummern und Stroboskoplicht aufblitzt. Ein paar Leute lehnen an Autos und trinken Bier. Vor der Tür ist eine kleine Schlange. Die Mädchen tragen hohe Absätze, kurze Röcke und schulterfreie Tops, ziehen entweder erwartungsvolle Grimassen oder lachen krampfhaft und sehen sich dabei nach allen Seiten um, als würden sie verfolgt. Die Jungs tragen Shorts, und ein paar von ihnen Flipflops. Alle sehen aus wie Surfer oder Surfer-Freundinnen. Dália verspricht, sie beide umsonst reinzubringen, aber am Ende lässt der Türsteher nur sie rein, und er muss die zwanzig Reais Eintritt zahlen. Sie steigen eine in den Hang geschlagene Treppe hinauf und laufen durch einen Garten mit großen Holztischen und einem Billardtisch. Auf der Tanzfläche ist es dunkel, die Musik ist sehr laut. Es läuft ein hypnotischer, irgendwie nerviger Hip-Hop-Track, der ihn sofort schlecht drauf bringt. Sie gehen an die Bar und kaufen Bier, und kaum hat er Dália den Rücken zugewandt, ist sie verschwunden. Er verliert sie lange genug aus den Augen, um ihr Gesicht zu vergessen, und erkennt sie erst sehr viel später an ihrer Kette wieder, als er sie in einer kleinen Gruppe tanzen sieht. Er geht auf sie zu, sie umarmt ihn kurz und stellt ihn den anderen vor, lässt ihn dann aber wieder los und tanzt mit einem Energy-Drink in der Hand weiter. Er versucht zu tanzen, kommt aber nicht in Stimmung und bleibt stattdessen am Rand stehen. Kurz darauf erscheint ein Typ mit wasserstoffblonden kurzen Haaren und redet auf Dália ein. Sie wirkt genervt, hört ihm aber zu und antwortet, das Ganze scheintendlos zu dauern. Er denkt an sein Auto, das etwas ungünstig neben dem Graben parkt und in dem seine Sachen offen sichtbar auf der Rückbank liegen. Er hat vergessen, das Autoradio rauszunehmen. Bestimmt schlagen sie mir die Scheibe ein und klauen das Radio, denkt er. Er kauft noch ein Bier. Es kommt ihm vor, als würde die ganze Zeit dasselbe Lied laufen. Dálias Haarschopf taucht vor ihm auf, sie beschwert sich über den Typen, mit dem sie geredet hat. Ihr heißer Atem riecht nach zuckerfreiem Menthol-Kaugummi und wirkt beruhigend auf ihn. Meine Güte, was für ein Idiot, regt sie sich auf. Bleib bei mir, dann belästigt er dich nicht mehr, sagt er. Sie schlingt ihre langen Arme um ihn, fängt an zu tanzen und fragt, ob er eine Pille wolle, sie habe gerade eine genommen. Ein Freund verkauft sie für einen Dreißiger. Er bemerkt den Schweiß auf ihrem Schlüsselbein und im Nacken. Er hält die Nase an ihren Hals und atmet den säuerlichen Geruch der Haut gemischt mit dem süßen Parfüm ein. Sie sagt, Bin gleich zurück, und

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