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Flut

Flut

Titel: Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Galera
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nicken ihm zu.
    Er geht in die Küche und setzt Kaffee auf. Als er am Tisch sitzt und ein Brot isst, klopft es an der Tür.
    Tag, junger Mann. Der Chef lässt fragen, ob wir die Steckdose benutzen können.
    Seine untere Zahnreihe ist verfault, er hat ein langgezogenes Gesicht wie ein Nagetier. Er führt seine dicken, rissigen Finger mit kaputten Nägeln zum Mund und zieht an einer Zigarette. In der anderen Hand hält er einen mit Isolierband umwickelten verrosteten Stecker. Das Ende des Kabels aus dem Boot.
    Das ist für den Schweißbrenner, sagt der Mann, als er zögert. Wir müssen was am Motor reparieren.
    Alles klar, ihr könnt die Steckdose hier nehmen.
    Danke, Mann, echt in Ordnung von dir.
    Kurz darauf geht irgendwo auf dem Boot das Schweißgerät an. Es ist ein weißes Walfangboot mit gelben und roten Streifen, auf den Namen Poeta getauft und wohl um die zwölf Meter lang. Funken schlagen aus einer Öffnung im Deck, während das Boot sacht hin und her schaukelt. Er geht nach draußen und sieht dem Treiben zu. Die Männer an Land ziehen sich gegenseitig auf und machen Scherze, die irgendetwas mit Geld zu tun haben. Der Mann mit dem Bibergesicht,der an seine Tür geklopft hat, redet am meisten und wird von einem anderen Marcelo genannt. Manches ist kaum zu verstehen, aber offenbar hat einer der Männer, ein Dicker, der das Ganze aus einiger Entfernung beobachtet und vielleicht der Besitzer des Bootes ist, gerade eine Rente von der Armee bewilligt bekommen. Die anderen hauen ihn lachend um Geld an.
    He, hast du mal einen Hunderter für mich?
    Nichts da.
    Hast du kein Mitleid mit mir? Ich kann mir nicht mal ein Päckchen Kekse kaufen.
    Dein Problem.
    Der Mann, der den Motor repariert, erscheint an Deck und brüllt, der Schweißbrenner gehe nicht mehr. Die anderen ziehen am Kabel und suchen nach einer möglichen Ursache. An einer Stelle ist das Kabel notdürftig verlängert, einer der Männer fummelt mit seinem Taschenmesser daran herum. Mittlerweile ist das Boot näher ans Ufer getrieben, und das Kabel, das über dem Wasser gespannt war, hängt fast vollständig im Wasser. Die ganze Aktion kommt ihm riskant, um nicht zu sagen irrwitzig, vor.
    Soll ich das Kabel aus der Steckdose ziehen?
    Nein, danke, Mann, ist nicht nötig.
    Irgendwie schafft es der Fischer, das Kabel mit seinem Taschenmesser instand zu setzen, und im nächsten Moment sprüht das Schweißgerät wieder Funken. Die Reparatur ist schnell erledigt. Marcelo zieht den Stecker aus der Steckdose und wirft dem Mann an Bord das zusammengerollte Kabel zu. Der sammelt sein Werkzeug ein, springt in ein Ruderboot und gesellt sich zu seinen Kollegen. Wie sich herausstellt, gehört das Schiff ihm. Ein kräftiger Mann mit spärlichem Bart, lockigem Haar und teilnahmsloser Miene. Er stellt sich als Jeremias vor, bedankt sich mit einem Händedruck für den Strom und sagt, sie würden am Abend in Richtung Süden auslaufen, in Itapirubá wurde ein Schwarm Corvinas gesichtet, und dass sie ihm am nächsten Morgen ein paar mitbringen würden.
    Jeremias und ein anderer bringen mit dem Ruderboot ein Ende des Netzes aufs Boot. Sie befestigen es an einer Spule und ziehen es mit einer Kurbel an Bord.
    Er bietet den Fischern Wasser, Kaffee und belegte Brote an, aber sie lehnen ab. Er fragt, wie groß das Netz sei. Marcelo sagt, anderthalbtausend Braças, weiß aber nicht, wie viel Meter das sind. Ein junger Mann mit hellen Augen, der bisher noch nichts gesagt hat, meint, das seien zirka zweieinhalb Kilometer. Ein kleines Netz. Üblich sind fünf Kilometer und mehr. Die Männer fangen an, dem Fremden Geschichten zu erzählen. Im letzten Jahr hatten sie einmal elf Tonnen Corvina an Bord. Das Boot lag so tief, dass das Wasser in die Luken drang und sie es mit Eimern herausschöpfen mussten. Alle halten sie ihre Billigzigaretten zwischen den Fingerspitzen, und wenn sie nicht dran ziehen, verschränken sie die Arme hinterm Rücken, als wollten sie verheimlichen, dass sie rauchen. Sie tragen ausgeblichene Sweatshirts und Gummistiefel oder zerrissene Turnschuhe.
    Wohnst du da?, fragt Marcelo und nickt in seine Richtung.
    Ich bin gestern eingezogen.
    Surfer?
    Nein.
    Warum dann? Hast du dich scheiden lassen?
    Ich wollte einfach am Strand wohnen.
    Ah, richtig so, hier lebt es sich gut, wirklich wunderschön hier.
    Das kann man wohl sagen.
    Und so schön friedlich. Morgens der Blick aufs Meer.
    Unbezahlbar.
    Und alles anständige Menschen. Wusstest du, dass in Garopaba noch nie jemand

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