Flut

lockerer und zeigen ihm heute eine Choreographie, die sie eingeübt haben. Sie stehen am Beckenrand, wackeln mit den Hüften, recken die Fäuste und wirbeln die Haare durch die Luft, während auf einem ihrer Handys Rolling on the River von Tina Turner läuft. Kaum sind sie im Wasser, werden sie wieder ernst und absolvieren das Training mit dem ihnen eigenen Stoizismus. Jedes Mal fragt er, wer von ihnen Rayanne ist und wer Tayanne. Sie versuchen, ihn mit Verwirrspielen reinzulegen, die er jedoch durchschaut, sobald sie anfangen zu schwimmen, weil er sie am Beinschlag erkennt. Tayanne winkelt die Knie zu sehr an und streckt die Füße nicht richtig aus und wird deshalb meistens von ihrer Schwester abgehängt. Gegen Ende des Trainings überredet er Ivana, Schmetterling zu lernen, was ihr vor Jahren ein Arzt wegen ihres Hohlkreuzes verboten hatte. Wenn sie langsam anfangen, dürfte es keine Probleme geben, glaubt er.
    Er isst ein Stück Orangenkuchen, unterhält sich dabei mit Mila, der Chilenin an der Bar, und fährt dann wie immer zur Schule, um Pablo abzuholen. Die Wolken sind im Laufe desTages weniger geworden, hin und wieder sieht man den abnehmenden Mond durchscheinen. Vergeblich wartet er am Tor darauf, dass der Junge auf ihn zugelaufen kommt. Nach einigen Minuten wird eine Lehrerin auf ihn aufmerksam. Dália war schon da und hat ihn abgeholt. Er ruft sie an.
    Ich hab blaugemacht. Was blieb mir anderes übrig? Ich hatte noch keine Zeit, mich darum zu kümmern.
    Aber, tchê , ich kann ihn doch weiter abholen.
    Ah, klar. Jetzt pass mal auf. Ich lasse nicht zu, dass du mit den Gefühlen meines Sohnes spielst. Und auch nicht mit meinen. Kapierst du das nicht? Was tust du da eigentlich? Du rufst mich nicht mehr an, sagst kein Wort. Wie soll ein Mensch das verstehen? Du …
    Es macht mir wirklich nichts aus, Dália. Wir können doch Freunde sein. Oder nicht?
    Sie seufzt in den Hörer.
    Ich hol ihn ab.
    Sie denkt kurz nach.
    Na gut. Aber nur solange ich keine andere Lösung gefunden habe.
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    4 (1) ich will, dass du dich jeden tag befriedigst und dabei an mich denkst. versprich mir das! ich spüre die ganze zeit den geschmack deiner haut und deine hände auf mir. es geht nicht weg. so etwas habe ich noch nie erlebt. (2) ich hab versucht, die letzte nachricht zu löschen, tut mir leid, wie peinlich. hast du sie überhaupt gelesen? sehen wir uns heute? p.s.: pablo hat sich total über die brille gefreut!! kannst du ihm nicht schwimmen beibringen? (3) guck mal, das video zu dem lied, das wir gestern gehört haben und das du gut fandst, von dem typen von den chili peppers: http://www.youtube.com/watch?v=gZsbODz0V3Y (4) antwortest du vielleicht mal???
    5 Hallo. Ich habe lange überlegt, ob ich dir schreiben soll, weil du letztes Mal, als ich dich angerufen habe, nachdem ich das von deinem Vater gehört hatte, mir ziemlich deutlich zu verstehen gegeben hast, dass du keinen Kontakt zu uns haben möchtest. Wenn du willst, ignorier meine Nachricht einfach so wie die anderen, und verzeih bitte, wenn ich dich damit belästige. Aber ich glaube, dass du dich nur so verhältst, damit die Leute hinter dir herlaufen, weil du nicht von dir aus auf sie zugehen willst. Falls ich mich irre, mach ich es wahrscheinlich nur noch schlimmer, aber … das Risiko gehe ich ein.
    Ich habe erst vor ein paar Tagen erfahren, dass du in Garopaba bist. Deine Mutter hat mir erzählt, dass du aus deiner Wohnung ausgezogen bist und alles verkauft hast. Ich weiß noch, wie du immer gesagt hast, du würdest eines Tages am Strand leben wollen. Ich hoffe, es geht dir gut dort. Ich kann mir genau vorstellen, wie du frühmorgens deine Bahnen ziehst und dich danach auf einem Felsen in der Sonne wärmst. Surfst du? Ich hab immer gedacht, du müsstest surfen. Manchmal muss einem das Leben erst ein paar Schläge erteilen, bevor man solche Träume in Angriff nehmen kann. Ich wünsche dir nur das Beste, das werde ich immer, das weißt du (obwohl du es nicht hören willst, aber du weißt es, oder?). Deine Mutter sagt, du redest mit ihr, aber sonst mit so gut wie niemandem, und du hättest auch keinem gesagt, wohin du gehst. Von allen Menschen, die ich kenne, hast du deine Dämonen am besten unter Kontrolle, aber ich bin sicher, dass sie da sind, zumal ich sie selbst schon gesehen habe. Und ich weiß auch, dass ich sie gefüttert habe, und das macht mich sehr traurig. Einsamkeit schwächt, und ich möchte nicht, dass sie Besitz von dir ergreifen, während du dort ganz