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Flutgrab

Flutgrab

Titel: Flutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meister Derek
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deinem Leben«, sagte sie. »An dem ich ja eh nicht mehr teilnehme.«
    »Was … Aber … Alheyd.«
    » Inventur! Wenn du die Sachen alle verscherbeln musst, weil wir kein Geld mehr haben, dann sag es einfach! Ich habe dich gewarnt. Ich lebe auch ohne Geld mit dir zusammen. Das ist mir egal. Das weißt du.«
    »Warte.« Er wollte sie zu sich ziehen, aber sie riss sich los und zerrte die Truhe an ihm vorbei. Rungholt kassierte einen vernichtenden Blick von Hilde, dann schnappte sich die alte Magd die zweite Kiste. Fassungslos stand Rungholt da.
    »Ohne Geld kann ich leben. Aber es ist mir nicht egal, angelogen zu werden. Das habe ich nicht verdient!«
    »Wer lügt denn? Wir müssen die Ware nur zählen und …«
    Ihre Augen wurden zu Schlitzen. »Mach’s nicht noch schlimmer.«
    Ehe es sich Rungholt versah, hatte sein Weib die Truhe bereits vor die Haustür gezogen.
    »Äh, ja, Herr?« Außer Atem kam Contz gerannt. »Es läuft alles gut. Ihr müsstet noch die Karren bezahlen. Die Männer haben die Leihe ausgelegt, aber …«
    »Contz! Verflucht noch mal, steh hier nicht blöd rum. Hilf den Frauen. Besorg ihnen gefälligst eine Schubkarre, was weiß ich.«
    »Wo soll’s denn hingehen?«
    »Mit meiner Faust in dein Gesicht, du Kotzenschalc, wenn du nicht endlich deinen Arsch bewegst!« Rungholt war so laut geworden, dass die Männer ihr Singen abbrachen und ihn überrascht ansahen.
    Contz eilte los, packte schnell ein paar Kisten von einer Karre und half den Frauen, die Truhen aufzuladen. Rungholt verfolgte alles grübelnd, selbst als die Haustür hinter ihnen zugefallen war, stand er noch eine Zeitlang reglos in der Diele und musste den schlechten Traum erst einmal abschütteln. Er kam sich vor, als habe ihn ein Pferdewagen überrollt. Sollte er Alheyd nachlaufen, alles erklären? Tuschelnd im Regen ewige Diskussionen führen? Ach, die war doch viel zu aufgebracht, um ihm ein Ohr zu schenken. Lieber einen Genever auf den Schreck. Alheyd würde bei Mirke unterkommen, nur ein paar Straßen weiter in der Marlesgrube. Besser, sie holt mal Luft, wir holen beide mal Luft, redete er sich ein.
    Das Gemüt der Frauen war wie eine Esse mit Blasebalg: Man brachte sie schnell zur Weißglut, aber ohne Schüren erstickte die Flamme sogleich. Erst einmal würde er die Kinderleiche loswerden, die Sache mit d’ Alighieri ausstehen, seine Waren in Sicherheit bringen, Gryps finden und die Kinder retten. Nicht gerade kurz, die Liste. Die Punkte vor Augen setzte er noch einen weiteren Genever auf sein Soll für den Abend.
    Er wollte sich die Garnache überstreifen und sich den zweiten Wagen im Hinterhof ansehen, da bemerkte er, dass er den Mantel nicht bei sich hatte. Der lag noch immer über dem aufgeschnittenen Jungen. Seine Finger stanken nach Verwesung. Er wusch sie in der Kochecke und sah Mareks Männern zu, die Fass um Fass, Sack um Sack und Kiste um Kiste von den Dachböden holten. Das Haus war ein einziger Ameisenhaufen. Gut so.
    Rungholt suchte in seiner Kleidertruhe nach einem Umhang, fand aber keinen. Die dreckigen Klamotten der letzten Tage hingen mit Asche gelaugt und gekocht in Mirkes Zimmer, das meiste fand er jedoch im Kamin. All die Schecken und Tapperte, von denen Alheyd bereits vor Tagen sagte, sie seien ruiniert. Immerhin hatten sie so Alheyd und Hilde noch gewärmt. Ein halbes Vermögen in den Flammen. Wenn er die Kinder in Sicherheit wusste, würde er Dartzow und der Stadt eine gepfefferte Rechnung stellen.
    Rungholt riss sich eine Husse von der Leine. Der schlichte Überwurf war noch klamm. Nach ein paar Klaftern im Regen würde er eh wieder klitschnass sein. Murrend schritt er an zweien der Männer vorbei, die bereits ein Zugpferd in die Diele brachten, nahm sich eine Fackel. Er trat auf den Hof hinaus, um auch den zweiten Wagen in Augenschein zu nehmen.
    Der Morgennebel hing noch immer schwer zwischen den Häusern. Wahrscheinlich würde er sich den ganzen Tag lang nicht auflösen. Rungholt konnte die Kamine riechen – der feine Geruch von Holz, verbranntem Torf und Weihnacht. Eigentlich roch so der Winter. Doch es war Juli.
    Mareks Männer hatten ganze Arbeit geleistet. Der zweite Wagen war ebenfalls so gut wie abfahrbereit. Die Fracht ragte über zwei Klafter hoch in die trübe Luft.
    Rungholt leuchtete, kontrollierte die Seile, die sie über seine Gewürz- und Gurkenfässer, über die Kisten mit Tongeschirr und den Ballen voller Feh und Baumwolle geschmissen hatten.
    Zufrieden wollte er zurück in die Diele

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