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Flutgrab

Flutgrab

Titel: Flutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meister Derek
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er den Kopf. »Erst der Hammer. Du sagst, ich soll dir trauen.«
    Gryps wog den Hammer ein paar Mal in der Hand. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Dafür habe ich zu viel über Euch gehört.«
    »Ach. Willst du mich umbringen oder mir trauen?«
    Es war dem Schmied anzusehen, dass er uneins mit sich war und nicht wusste, was er glauben sollte. »Ich habe Euch in meiner Schmiede gesehen. D’ Alighieri hat Euch einen Mann nachgeschickt. Ihr habt ihn umgebracht.«
    »Den Söldner? Er ist gestürzt.« Rungholt presste die Schmerzen in seinem Rücken beiseite. In seiner Lage fiel es ihm nicht leicht zu plauschen. Er sollte zusehen, dass er irgendwie auf die Beine kam. Doch dazu musste er Gryps die Hand hinstrecken. Lachhaft. Oder aber mit seinem ganzen Gewicht den Rücken am Rad hinauf … Der Schmerz war unerträglich. Er schrie auf und sackte zurück.
    »Gestürzt. Natürlich. Legt das Messer weg.«
    »Warum sollte ich?«
    »Ihr wollt wissen, wo die Kinder sind.«
    »Was nützt mir das, wenn du meinen Schädel schmiedest wie ein Hufeisen?«
    Gryps lachte auf. Kein unangenehmes Lachen. Sein eckiges Gesicht bekam etwas Spitzbübisches. Behutsam kam er näher. Noch zwei Ellen, und Rungholt würde ihm mit der Gnippe die Fesseln durchschneiden können. »So kommen wir nicht weiter«, sagte Gryps. »Ich bin nicht hergekommen, um Euch zu töten. Und ich bin nicht hier, um von Euch aufgeschlitzt zu werden.«
    Mit einer satten Bewegung steckte Gryps den Hammer in seinen Ledergürtel und hielt Rungholt die Hand entgegen. Der musterte den Riesen. Als Geschäftsmann war er es gewohnt, sein Gegenüber einzuschätzen und abzuwägen, ob er einer Finte aufsaß oder ein ehrbares Angebot bekam. Bei diesem Kerl war er sich jedoch absolut nicht sicher. Die Rückenschmerzen vernebelten ihm sein Gespür.
    Gryps forderte Rungholt abermals auf, seine Hand zu ergreifen, indem er noch einen Schritt vortrat und nun wieder über Rungholt stand. Der perfekte Moment. Ein Stich rechts, ein Stich links, und er fällt in die Pfütze.
    Ein Handteller, so groß wie eine Obstschale, winkte beinahe zärtlich, er solle zupacken.
    »Verdammt«, knurrte Rungholt. Seine Pranke wirkte wie eine Frauenhand, als er sie in Gryps’ legte. Der Schmied zog ihn mit Schwung auf die Füße.
    »Steckt das Messer weg, Rungholt. Tut mir den Gefallen. Und lasst uns ins Haus gehen. Das Wetter ist noch unser Tod.«
    Rungholt brummelte. »Wenn du zuschlägst, bring ich dich um.«
    »Ich weiß.«
    Mit einem Nicken steckte Rungholt die Gnippe zurück in seinen Gürtel, ließ den Fremden nicht aus den Augen und fragte mit ruhiger Stimme: »Warum kommst du her?«
    »Ich brauche Schutz. Ihr kennt Dartzow, Ihr habt Beziehungen ins Rathaus. Ganz nach oben. Ich weiß nicht, wem ich sonst trauen kann.«
    »Und wenn ich dir den Schutz gewähre, den du brauchst?«
    »Dann sag ich Euch, wo die Kinder sind.«
    Das erste Mal traute sich Rungholt, Gryps aus den Augen zu lassen, und sah sich im Nebel um. Der Hof lag ruhig da. Wahrscheinlich war es wirklich das Beste, sie gingen rein, wärmten sich, und Gryps erzählte ihm alles.
    »Kommt«, sagte er und führte Gryps am Wagen entlang Richtung Diele. Rungholt konnte vor Rückenschmerzen kaum gehen, brummte und knurrte vor sich hin. In ihm grollte der Schmerz, doch er konnte es nicht abwarten, ein paar Antworten zu erhalten. »Die Kinder, sie suchen den Hort, richtig?«
    Gryps nickte. Sie hatten Rungholts Lieblingsbank erreicht, auf der er so manche Stunde verbracht und seinem Rotrückchen zugesehen oder mit seiner Enkelin gespielt hatte. Während Rungholt sich kurz abstützte und verschnaufte, fragte er: »Was ist mit Peterchen geschehen? Und mit Agnes?«
    »Wir sind geflohen. Zu viert. Peterchen, der kleine Max, Agnes und ich. Wir haben die beiden mitgenommen, sind zurück nach Lübeck und … Peterchen, er … Peterchen ist kopflos einfach nach Hause gerannt, aber Agnes und ich … Wir wussten, dass es sein Tod sein wird.«
    »Weil er krank war?«
    Ein Knacken ließ Gryps herumfahren. Geschwind zückte er den Hammer und starrte in den Nebel. Rungholt folgte seinem Blick, tastete die Schemen ab … Hildes Beet, die Dornenhecke, kaum zu erkennen. Der beladene Wagen. Wieder knackte etwas. Metall auf Holz, als drehte sich eine Spindel.
    »Das ist nur der Wagen. Er ist zu schwer beladen«, beruhigte Rungholt den Schmied. »Es ist niemand hier. Höchstens mein unfähiger Knecht …« Er löste sich von der Bank und ging zur Dielentür.

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