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Föhn mich nicht zu

Föhn mich nicht zu

Titel: Föhn mich nicht zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Serin
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noch wirklich frei entscheiden zu können. Frau Karamis’ Blick ruhte erwartungsvoll
     auf mir. Mahmoud flehte mich mit seinen Augen geradezu an. «Okay», murmelte ich. «Ich bin mit dieser Lösung einverstanden.»
    Mahmoud erwiderte erfreut: «Danke! Sie sind echt cool.» Danach übersetzte er alles Gesagte wieder ins Arabische:
«Ma fina
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nisaab el tuleb min el madrase bidun sabab. Bas istes Serin befaker ino lah tithasan el hale isa mnaatihun asas.» 7
    Augenscheinlich erleichtert, verließ Frau Karami mit ihrem Sohn kurz darauf den Raum. Ich hatte wohl eine Abschiebung verhindert.
     Das war doch eigentlich auch was Gutes, etwas, auf das ich stolz sein konnte. Wenngleich es eigentlich die Aufgaben überstieg,
     die ich mir als Referendar zuschrieb. Aber immerhin zeigte sich Mahmoud nachhaltig dankbar. Seit diesem Tag grüßte er mich
     in den Pausen immer per Handschlag. Und am Ende unserer letzten gemeinsamen Stunde hat er mich sogar umarmt.
    Lehrerzimmer, Mittwoch, zweite Hofpause, typisches Gespräch zwischen Referendaren
    Christina: Hast du jetzt Schluss?
    Ich: Ja!
    Christina: Ich würde gerne mit dir über meinen Unterrichtsbesuch sprechen. Geht das?
    Ich: Jetzt nicht. Aber schick ihn mir doch und ruf mich einfach heute Abend an. So ab 22   Uhr hätte ich Zeit.
    Christina: Okay.

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Den mach ich fertig
    Als Referendar spürte ich eine besondere Zuneigung zu schlechten, schwierigen Schülern. Mit den Strebern, erst recht, wenn
     sie schleimten, tat ich mich oft schwer. Ich fand die mit den Verhaltens- und Lernstörungen angenehmer und interessanter,
     obgleich sie mir das Leben nicht leicht machten. Gegenüber Leistungsträgern hingegen hegte ich in der Regel eine biografisch
     begründete Abneigung. Das bliebe für sie ohne tatsächliche Konsequenzen, würde es mir gelingen, mich im Unterricht von Sympathie
     und Antipathie frei zu machen. Ich vermochte es aber nicht. Ich hatte schon oft einen Schüler einfach deswegen nicht rangenommen,
     weil er mir zu gut war. Da konnte der den Arm fünfundvierzig Minuten oben lassen! Es war mir egal, ob er als Einziger die
     Antwort wusste, ob der Arm mangels Blutzufuhr abstarb. Das waren allerdings eher die subtilen Formen meiner Missachtung.
    Häufiger rutschten mir unbedachte Bemerkungen heraus, die sich für einen Lehrer eigentlich nicht ziemen:
    «Mensch, David! Was meldest du dich denn immer?»
    «Na, weil Sie Fragen stellen.»
    «Trotzdem, nicht schon wieder du!»
    Es ist natürlich unmöglich, die guten Schüler das gesamte Schuljahr hindurch zu ignorieren, denn die schlechten beteiligen
     sich ja nur sehr selten bis gar nicht. Angesichts dieses Dilemmas war ich gezwungen, den wenigen hervorragenden Schülern doch
     hin und wieder das Wort zu erteilen:
    «Nennt mir bitte die Gründe für das Scheitern der Weimarer Republik!   … Ja, Nico!»
    |96| «Zu den Gründen zählen auf jeden Fall das antidemokratische Denken vor allem in der Führungsschicht, die Spaltung der Arbeiterbewegung,
     die Strukturschwäche der politischen Ordnung – zum Beispiel mit der hervorgehobenen Stellung des Reichspräsidenten   –, die als ungerecht empfundenen Bestimmungen des Versailler Vertrags, die ökonomische Krise sowie die Toleranz gegenüber
     der NSDAP in weiten Teilen der Führungsschicht.»
    «Du bist wohl so ein Intellektueller, oder wat?!», entfuhr es mir.
    Leider besaß ich nur wenig Spielraum bei der Vergabe der Zensuren, für die ich mich an den in den Curricula ausformulierten
     Standards orientieren musste. Wie gern hätte ich manchem Einserkandidaten eine Vier oder Fünf gegeben, nur damit der Ehrgeizling
     mal ein für jede Persönlichkeitsreifung so förderliches Misserfolgserlebnis erfuhr. Doch ich konnte bestenfalls aus einem
     Sehr gut ein Gut machen. Am weitesten reichten meine Möglichkeiten noch bei der Bewertung des Sozialverhaltens, das allerdings
     nicht auf dem Zeugnis ausgewiesen wurde. Die anderen Lehrer wunderten sich nur, warum diese guten Schüler, die bei ihnen ein
     vorbildliches Benehmen an den Tag legten, bei mir plötzlich verrückt spielten.
    «Na, er ist unfähig, sich anzupassen und in die Klassengemeinschaft zu integrieren», erklärte ich.
    «Wieso? Das ist doch ein ganz Lieber. Der tut doch keiner Fliege was zuleide.»
    «Eben! Die anderen in der Klasse sind nun mal nicht lieb, und die tun nicht nur Fliegen was zuleide. Da habe ich kein Verständnis
     dafür, wenn ein gewisser Tung immer aus der Reihe tanzt und meint, auf

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