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Föhn mich nicht zu

Föhn mich nicht zu

Titel: Föhn mich nicht zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Serin
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und distanzierter. Fast schon arrogant. Das lag sicherlich an Melanies höherer Intelligenz. Und alles in allem wirkte sie
     noch deutlich jünger und unverbrauchter als mein ehemaliger Schwarm.
    |134| «Wohnst also allein!»
    «Nee, bei meinen Eltern.» Wieder hatte ich gelogen. «Damit ich mich nicht so einsam fühle und meine Mutter mich besser trösten
     kann, wenn ich traurig bin, weil das mit Maria damals nicht geklappt hat.»
    Nikon warf der peinlich berührten Maria – sie hatte tatsächlich schon Falten um die Augen – ein hämisches Grinsen zu. Zugleich
     schien er sich aber über die Ernsthaftigkeit meiner Äußerung nicht mehr sicher zu sein. Darum war er wohl schließlich zum
     Thema Beruf gewechselt.
    «Und, was macht deine
Spiegel
-Karriere? Hab jarnichts von dir gelesen.» Daran konnte er sich noch erinnern, dass ich damals Journalist werden wollte, obwohl
     er anfangs so getan hatte, als wisse er nicht einmal, wer ich sei.
    «Das muss wohl daran liegen, dass ich nicht beim
Spiegel
bin.»
    «Und warum nicht? Hast doch immer davon erzählt. Journalist.
Spiegel
und so.»
    Es verstand sich von selbst, dass ich jetzt nicht gestehen durfte, mir es nicht zugetraut zu haben, beim
Spiegel
oder sonst einem angesehenen Presseorgan zu landen, und dass ich darum von meinem Berufswunsch lieber Abstand genommen hatte.
     Meine Selbstzweifel wären nur eine weitere Steilvorlage für seinen Hohn gewesen.
    «Ich wusste damals nicht, dass man als
Spiegel
-Redakteur nicht verbeamtet wird. Als ich das herausbekam, hatte ich keine Lust mehr auf Printmedien.» Er und die Dauerschweigerin
     Maria tauschten konsternierte Blicke aus. Nikon fing sich aber umgehend wieder:
    «Wat machste denn dann?»
    «Gar nichts. Ich warte auf die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens.»
    |135| Mit meiner Bemerkung konnten beide nichts anfangen. Doch er ließ nicht locker.
    «Nee, sag mal! Wat machst’n?»
    Eigentlich hatte ich keine Lust, Nikon meinen Beruf preiszugeben. Denn schon in meiner Familie musste ich mich ständig klischierter
     Vorstellungen erwehren: Lehrer hätten jeden Tag bereits um 13   Uhr Feierabend und die restlichen 350   Tage im Jahr Ferien, wenn sie nicht ohnehin aus Faulheit krankfeierten. Selbst meine besten Freunde konnten nicht nachvollziehen,
     dass ich trotz lediglich acht Stunden eigener Unterrichtsverpflichtung in der Woche auf einmal keine Zeit mehr haben sollte,
     um mich bei ihnen zu melden. Dass ein Referendariat jede zwischenmenschliche Beziehung auf eine harte Probe stellte, davon
     konnte vor allem Melanie ein Lied singen.
    Aber ich fand es auch feige, Maria und Nikon meinen Beruf zu verheimlichen.
    «Bin im Referendariat. Um Lehrer zu werden.»
    «Echt! Wegen Verbeamtung, oder was? Ich dachte, du wolltest beruflich etwas erreichen.»
    Es war schwer einzuschätzen, ob das eine seiner Spötteleien war oder ob Nikon ernsthaft annahm, dass sich beruflicher Erfolg
     und Lehrersein ausschlossen. Auf jeden Fall musste ich darauf Acht geben, welches der Motive für meine Berufswahl ich nannte.
     Die meisten kamen nicht infrage: dass ich an Schülern schätzte, dass sie – anders als die meisten Erwachsenen – noch formbar
     und in ihren Lebensentwürfen offen waren; dass mir der Kontakt mit den Teenagern die Möglichkeit bot zu erfahren, was Heranwachsende
     bewegte; dass ich mir von der Arbeit als Lehrer erhoffte, geistig jung zu bleiben. Objektiv betrachtet waren das keine schlechten
     Beweggründe, aber in Nikons Augen sicherlich vollkommen uncoole und leicht zu verlachen. Dass ich außerdem sehr nostalgisch
     war und mir von der Rückkehr an die Schule erhoffte, ein vages, |136| längst verlorenes Gefühl wiederzufinden, das ich mit einer unbeschwerten, weil überschaubaren und geordneten Welt assoziierte,
     die ich in meiner Jugend gehabt zu haben glaubte, hatte ich noch nicht einmal meinen Eltern gestanden.
    «Ich weiß nicht, was du mit erreichen meinst, aber mit einer sicheren Stelle hätte ich für mich schon einiges erreicht. Ich
     möchte mich, wenn ich einmal einen Job habe, bis zur Pensionierung nicht mehr anstrengen müssen. Und ich denke, da bin ich
     im Lehrerberuf richtig. Da bringt Anstrengen nämlich sowieso nichts, weil man deswegen auch nicht mehr Geld bekommt. Aber
     man wird auch nicht entlassen, wenn man eine ruhige Kugel schiebt.»
    Nikon war sich offenbar nicht sicher, wie ich das meinte, denn statt darauf einzugehen, brachte er einen anderen Einwand.
    «Und dein

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