Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)
was sofort zu tun war. Als Fünftes dann die Frage, wie sie
wieder von hier wegkamen.
In wenigen
Stichworten erledigten sie das Thema von Josys Schularbeit. Pamela drängte: »Wir
schauen auf meine Uhr, halt dich knapp und kurz, aber vergiss nichts.« Sie staunte
kurz, wo hatte sie das gelernt? Endlich waren sie beim Punkt angelangt: Josy erzählte
exakt. Pamela war empört. Die Fakten waren: Wilma Kalla hatte die Kleine manipuliert.
Sie und ihr Vater hatten sie gemeinerweise zum Ausspionieren ihres angebeteten Francis
missbraucht. Vielleicht hatte sie hoffen wollen, Wilma sei endlich nett. Das hatte
sich in den vergangenen Wochen gesteigert. Jetzt hatte Josy belauscht, dass Francis
von einem Killer umgebracht werden sollte. Nicht nur zusammengeschlagen, nein, umgebracht.
Er wusste etwas, das er nicht wissen sollte. Etwas, das auch sein Vater gewusst
hatte.
Pamela fühlte
sich nicht unbedingt überrascht, doch trotzdem überrollt. Sie versuchte, das Ganze
zu verlangsamen. Ja, es gab etwas wie jugendliche Schizophrenie, eine Persönlichkeitsspaltung
in der Pubertät, die aber mit der Stabilisierung der Hormonlage auch wieder verschwand.
Außerdem war Josy verliebt, da waren die seltsamsten Manöver möglich aus den allerseltsamsten
Gründen: »Josy, das alles hast du aber nicht erfunden? Du hast es dir nicht bloß
ausgedacht?« Pamela musste das einwenden, auch wenn sie andauernd das Bild des verletzten
Francis auf dem Bett vor Augen hatte. Sie starrte Josy in die Augen, sagte langsam:
»Wenn das stimmt, was du sagst, ist das so gewaltig, dass man vor Schreck den Kopf
in den Sand stecken möchte.« Doch es war zu spät. Francis war bereits etwas zugestoßen.
Wie sollte sie das dem Kind beibringen? Als Pamela das so dachte, fühlte sie Panik
in sich aufsteigen. Hier und jetzt in Bern, und sie wusste nicht, wie sie einen
Jugendlichen vor einem Auftragskiller schützen sollte. Sie musste sich beruhigen,
kühlen Kopf behalten. Francis war in ihrer Obhut. Er war kein Narr, jetzt wusste
auch er, dass sein Leben in Gefahr war. Oder hatte er es schon vorher gewusst? Konnte
er so verzweifelt sein über den Tod seines Vaters und das Elend seiner Mutter, dass
es ihm gleichgültig war? Und was wusste er?
Aus Josys
Angaben war nicht ganz klug zu werden. Sie stellte Nachfragen, suchte Gewissheit,
vor allem was diese heutigen Schläger betraf.
Offensichtlich
war das, was Francis so umtrieb, soweit gegen Jurek Kalla gerichtet, dass dieser
sich gereizt fühlte. Kalla mochte einer Mafia angehören, er mochte einfach ein mächtiger
Mann sein. Anscheinend verfügte er über eine örtliche Schlägertruppe, die sich allem
Anschein nach im Stadion herumtrieb. Das Stadion! Es konnte nicht sein, dass das
Garys Truppe war, denn der hatte ihn heimgebracht. Andererseits hatte er bei den
Schlägern Autorität gehabt. Diese hätten aber nicht in seinem Auftrag gehandelt.
Eine andere Frage war, wie weit die offiziellen Sicherheitsverantwortlichen mitverwickelt
waren, wie sonst hätte von diesen Aufnahmen die Rede sein können?
Tizian wusste
anscheinend nichts von weiteren unterirdischen Bauten des Stadions. Doch bis Tizian
handeln würde, wäre Francis ausgeschaltet, seine Unterlagen vernichtet oder verschwunden.
Er würde ihn nicht gegen einen Killer schützen können, der schon bestellt war.
Pamela schob
den Gedanken beiseite, wie es wäre, wenn Terroristen diese Pläne kennen würden.
Blitzartig war ihr diese Gefahr bewusst. Da mochte es Gänge geben, deren Pläne Terroristen
in die Hände kämen, und die Bewacher kannten sie nicht. War das der Grund der Geheimhaltung?
Hatte sie
jetzt zu viele harte Filme gesehen, Filme, in denen nicht zwangsläufig das Gute
siegte, sondern realitätsnah das Böse?
Sie kauten lustlos, Josy ließ das
Brot nach wenigen Bissen liegen. Pamela fühlte sich einmal mehr als die Ältere,
die vernünftig zu sein hatte: »Komm, sitz nicht so verkrampft und lächle mich ab
und zu an, du solltest auch etwas mit den Händen durch die Luft fahren, wie du es
immer tust. Je lockerer wir reden, desto glaubwürdiger geht es nur um deine Schularbeit.«
Endlich
sah sie es klar. Es war schlimmer, als sie noch gestern für möglich gehalten hätte.
Es war auch schwierig. Aber sie war ja nicht allein. Schon plante sie die nächsten
Schritte:
»Francis
wurde zusammengeschlagen, er ist jetzt daheim. Wir werden heute noch handeln. Als
Erstes gehst du zurück zur Schule, du lässt dir überhaupt nichts anmerken. Dann
gehst
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