Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)
Rücken fällst,
falls du mit der ganzen Geschichte zu tun hast oder dabei irgendjemandem etwas schuldig
bist. Siehst du das Risiko, das ich eingehe? Habe ich das klar genug gesagt?«
Gary kniff
ein Auge zu, sagte eindringlich: »Ich arbeite nicht für Kalla und werde nie einen
Auftrag von ihm annehmen.« Er zog das Gesicht etwas schief: »Du hast Glück, dass
ich dich mag.« Pamela lächelte erleichtert zurück. Gary erläuterte mit beiden Händen:
»Die Guglieros haben einen Vertrag mit dem Stadion. Weißt du, die Guglieros sind
meine Familie, das kommt zuallererst, einer für alle, alle für einen, und von mir
total alles. Hier in unserer Welt sind wir die Guten: Wir rauben und morden nicht,
höchstens in Verteidigung unserer Mitglieder. Wir sind gegen Gewalt und gegen Chaos,
darum übernehmen wir Ordnungsdienste. Das bringt aber auch schön etwas ein, dadurch
sind wir sozusagen eine Berufsgruppe geworden. Meine Leute können davon leben. Das
hab ich aufgezogen, das wird nicht gefährdet, sonst sehe ich rot.« Jetzt schüttelte
er fast ungläubig den Kopf. »Du bist eine Nummer! Das sag ich nicht zu jeder, du
bist schwer in Ordnung, wie Emily, aber noch mehr. Ich hab’s gewusst, als du die
Treppe heruntergerannt bist, geflogen wie ein Vogel, direkt zu mir.« Pamela spürte
die Spannung, die unvermittelt im Raum war, Anziehung bis zur Bewusstlosigkeit,
schaute in sein Gesicht, verlor sich in seinen Augen, die mehr schwarz waren als
braun, die weit waren aus weitesten Fernen, las eine unbekannte Welt irgendwo in
den Sternen, hörte wieder einmal Sternenmusik, zog ihren Blick zurück, oder tat
er es? Es war zu früh, das war doch erst einmal Freundschaft, warum konnte man mit
einem Mann nicht eine ganz und gar gute, platonische Freundschaft halten? Nicht
heute Nachmittag, und was mochte der nächste Tag bringen? Pamela atmete tief durch,
lächelte etwas verwackelt.
Gary lachte,
stand auf, sagte in herzzerreißend rauem Ton: »Du bist mir eine!« Sie fühlte seine
Hand, die ihre Haare hob, seine Fingerkuppen, die weich unter ihrem Haar durch über
ihren Nacken strichen. Als Pamela sich anschmiegen wollte, war alles schon vorbei,
Gary ging zur Anrichte.
»Nimmst
einen Schluck Bourbon oder magst jetzt ein Kaffee fertig? Wir stoßen darauf an,
ich nehme dich in die Familie auf. Dann eilt es aber, von wegen Probefahrt. Mit
Kalla ist nicht zu spaßen.«
Sie saßen
in seiner blitzblanken Küche. Pamela fasste zusammen.
»Der Felsbrocken
galt schon damals Francis, ich trug seine Jacke, das hast du dir sicher auch so
gedacht. Ich hatte Glück. Du wusstest, dass Leute der Guglieros diese Falle bereitet
hatten, darum warst du bereit. Hättest du auch Francis geholfen?« Sie machte eine
Pause, Gary nickte kurz, meinte bestätigend: »Du weißt, ich wusste nicht, wem es
galt.« Er zögerte: »Wenn es heute dieselben waren, weiß ich ja, wer es ist.« Pamela
atmete zweimal tief durch, erinnerte sich, Gary hatte gesagt, Emilys Freunde sind
meine Freunde. Dieser Satz galt auch für sie. Jetzt schob sie energisch weg, was
so einladend war, Garys Geruch, Stimme, sexy Silhouette, starke Arme, schwarze Hände,
seine geeigneten Gene, seine Tauglichkeit zum Traummann mit einer Traumfamilie in
einer blitzblanken Traumküche. Später.
Sie fasste
knapp zusammen: Francis war der Sohn des Adrian Berry, des Architekten des Stadions.
Adrian Berry kam mit dem Auto bei den Beatushöhlen von der Straße ab, ertrank im
See. Vielleicht wusste Gary darüber besser Bescheid als sie. Adrian Berry hatte
Pläne zurückgehalten, die ein Riesending waren. Francis hatte die Pläne, gab sie
nicht heraus, und jetzt war klar, dass er sie kannte. Darum der Killerbefehl. Francis’
Mutter lag gehirngeschädigt in der Klinik Botanique. Auch für sie war der Todesbefehl
ergangen. Das könnte heißen, dass der Gehirnschaden gar nicht endgültig war. Sie
musste sofort dort herausgeholt werden. Pamela redete leise und bei dieser Aufzählung
mehr und mehr verzweifelt.
Sie verstummte.
Sie verbot sich, Bilder hochkommen zu lassen. Nie wieder würde sie sich zur Unterhaltung
Krimis ansehen, diese zeigten unverblümt brutale Szenen, Hardcore nannte man das,
Menschen quälen Menschen, fügen ihnen Schmerzen zu, verletzen sie. Sie wollte, sie
hätte so etwas nie gesehen.
Gary hatte
unbeweglich zugehört. Plötzlich blitzte es in seinen Augen auf: »Du weißt nicht
zufällig auch schon, wie du Francis und seine Mutter vor Kalla verstecken willst?«
Pamela suchte in
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