Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
du mir das alles noch mal zeigst. Und was ist Lord Nelson für einer?“
Als er seinen Namen hörte, hob Lord Nelson den Kopf und Daniela sah eine winzige Pferdenase unter dem buschigen Haarschopf und ein kauendes Maul, aus dem rechts und links Heuhalme ragten.
„Er ist ein Mini-Shetlandpony. Und unser Ausbrecherkönig. Er kann unter jedem Zaun durch, wenn er will. Und dann geht er fressen. Ich nehme ihn manchmal als Handpony auf Ausritte mit, damit er nicht verfettet.“
Lord Nelson senkte den Kopf wieder und fuhr damit fort, das Schlaflager aus Heu zu fressen, als ob er derlei Bedenken bezüglich seines Übergewichts nicht teilte. Robert legte ihm einen Strick um den Hals und versuchte, ihn von dem Futter wegzuziehen. Lord Nelson warf sich ins Seil, um wenigstens noch eine Wegzehrung zu ergattern, bevor er wie ein Verbrecher abgeführt wurde.
„Bis gleich!“ Robert lächelte ihr noch mal zu und Daniela lächelte zurück. Dann hörte sie flotte kleine Hufe und Roberts Stiefel, die über die Stallgasse liefen. Etwas rumorte und dann hörte sie ein Geräusch, als ob einer der blauen Futtereimer umfiel.
„Nelson! Nein! Jetzt ist Schluss.“
Sie musste leise lachen. Robert war wunderbar. Daniela fühlte sich ganz anders als noch vor wenigen Tagen. Diese Welt hier hatte nichts mit Berlin, BIH und Filmsets zu tun. Hier schien alles unberührt parallel zu existieren. Und die beiden Welten vertrugen sich nicht. Man konnte in der einen oder der anderen leben und Daniela fühlte, dass sie sich für diese Welt hier entscheiden würde. Sie tat ihr gut und Robert tat ihr gut. Er war ein echter Mann. Und war liebevoll und fürsorglich, ging gut mit den Tieren um und brachte sie zum Lachen. Es war kein Zufall, dass sie hier gelandet war. Das Schicksal sorgte für sie, bot ihr einen Ersatz für ihr bisheriges Leben, der sogar weit besser war als alles, was sie kannte. An ihre Tage im Altenheim konnte sie sich kaum noch erinnern. Das kam ihr surreal vor. Der Putzwagen und die Spinde, das schlechtgelaunte Pflegepersonal … wie falsch und schädlich das alles war. Und wie lange sie es ertragen hatte! Viel zu lange.
Daniela nahm ihre noch feuchten Kleider und stand auf. Vor dem Mittagessen würde sie sich umziehen müssen.
„Ich helf dir dann später im Stall, okay?“, sagte Sunny und strahlte Robert von der Seite an. Daniela sah von ihrem Teller auf. Während des Essens hatte Sunny ohne bemerkbare Pause an Robert herumgebaggert. Und jetzt versuchte sie auch noch, sich Arbeitszeiten mit ihm zu ergattern. Unverfroren, fand Daniela. Sie beschloss, Sunny im Auge zu behalten, obwohl Robert kein Interesse an dem blonden Mädchen signalisierte. Auch diesmal enttäuschte er sie nicht.
„Ist schon okay. Ich habe die Arbeit heute Morgen mit Patricia angefangen und würde das gerne mit ihr zu Ende bringen. In drei Tagen kommen die Feriengäste. Patricia wollte im Stall die Fenster putzen und mit mir die Pferde auf Hochglanz bringen. Das macht dann nen guten Eindruck“, sagte er und Daniela fiel ein Stein vom Herzen. Martina nickte zustimmend.
„Das ist wirklich keine schlechte Idee. Wir machen immer nur im Haus alles sauber, aber die Stallfenster, die haben es auch mal nötig. Gute Idee, Robert.“
Sunny sah nicht aus, als ob sie die Idee auch gut fände. Daniela lächelte und Sunny warf ihr einen finsteren Seitenblick zu.
„Patricia ist total flott beim Putzwischen“, sagte Robert.
„Ja, das ist sie“, bestätigte Martina. „Ihr zwei macht das schon.“
„Gut, dann wollen wir mal.“ Robert stand auf und gab Daniela ein Zeichen.
„Sunny, du bleibst bitte hier und räumst ab“, sagte Martina. Daniela konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Besser konnte es gar nicht laufen.
Sie folgte Robert, der auf den Stall zustrebte.
„Warum hast du das gesagt?“, fragte Daniela ihn. Er drehte sich kurz um, während er lief.
„Weil ich dich bei mir haben will, bis ich sicher sein kann, dass du keinen Blödsinn machst“, sagte er.
„Ich werd’s nicht wieder versuchen. Ich schwöre es“, sagte Daniela. „Aber ich arbeite gern mit dir. Ich werde alles saubermachen.“
„Gut. Das musst du jetzt auch. Martina erwartet das von dir“, sagte er.
„Kein Problem“, sagte Daniela.
Solange ich in deiner Nähe bleiben darf.
Robert mochte sie, das war sicher. Natürlich hatte er auch einen Grund, sie bei sich zu haben. So hatte er ein Auge auf sie, damit sie sich nichts antat. Dass sie es sowieso nicht getan
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