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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Brian auf und schlug aufs Geratewohl einen Pfad ein, der waldeinwärts führte. Nachdem er an zwei Tolkienianern und einem Trio eigens importierter Alpha-Phi-Mädels vorbeigekommen war, erreichte er die Lichtung, auf der sich der magische Kreis befand: ein weiter Ring hellfarbiger Steine, dem die Hausbewohner eine besondere schützende Kraft zuschrieben. Im Kreis lag eine von übermäßigem Weingenuß ihrer Sinne beraubte Frau. Eine sehr hübsche Frau, wie Brian bemerkte, doch nicht seine; auch sonst war niemand zugegen - gleich in welchem Stadium der Ansprechbarkeit -, den er nach Aurora hätte fragen können. Fast mit seinem Latein am Ende, sah Brian aus den Augenwinkeln flüchtig etwas Rotes aufleuchten. Als er seinen Blick angestrengt auf eine Stelle am Waldrand richtete, wo sich die Bäume besonders dicht aneinanderzudrängen schienen, sah er es wieder und diesmal deutlicher: eine Gestalt in einem roten Kapuzenmantel, die sich waldeinwärts von ihm entfernte. Brian rief ihr nach, doch sie drehte sich nicht um.
    Er wollte sie nicht wieder aus den Augen verlieren; hastig stapfte er durch einen dünnen Nebelteppich und brach dann durchs Geäst. Brian blieb nicht stehen, um sich zu orientieren oder sich auffällige Landschaftsmerkmale einzuprägen; die Vorstellung, sich in einem unterirdischen Wald zu verlaufen, war absolut lächerlich. Die Stämme standen aber zunehmend nah beieinander, und schon bald wurde das Laubdach so dicht, daß vom Himmel nichts mehr zu sehen war. Der Nebel stieg immer höher, wurde immer undurchdringlicher, und Brian konnte die rotgekleidete Gestalt jetzt kaum noch erkennen.
    »Aurora!« schrie er. »Bleib stehen, Aurora! Wart auf mich!« Sie blieb nicht stehen - sie lief weiter, in eine dichte Nebelbank hinein, die sie vollends verschluckte. Plötzlich ängstlich, hielt es Brian jetzt für ratsamer, umzukehren und zum Festzelt zurückzulaufen, wo er einen Tolkienianer zu finden hoffte, der ihn durch diesen unmöglichen Wald führen würde. Doch als er um sich blickte, sahen alle Richtungen gleich aus, überall zog sich der Nebel weiter zusammen, und er begriff, daß er die Orientierung verloren hatte.
     
    IV
     
    »Hör auf, ihn zu ärgern, Puck! Komm jetzt.«
    »Nur’n Moment noch, Zeph...« Der Kobold schnitt Woodstock eine weitere Grimasse und sah ihm dann zu, wie er sich vor Lachen krümmte und mit der Faust auf den Boden schlug. Puck konnte sich nicht von ihm losreißen: Daß ein Angehöriger des Großen Volkes ihn wirklich sah, war bislang nur selten passiert,
    un d eine derartige Reaktion war ihm überhaupt noch nie untergekommen.
    »Das ist doch albern, Puck«, redete ihm Zephyr zu, die sich hinter einem Busch versteckt hielt. »Was ist, wenn er auf die Idee kommt, dich plattzutreten?«
    »Es sollte mich wundern, wenn er überhaupt imstande wäre, aufzustehen«, entgegnete Puck. Doch er hatte langsam genug von diesem Spiel, und so empfahl er sich dem Bohemier mit einer abschließenden langen Nase und kehrte zu Zephyr zurück. »Wohin jetzt?« fragte er sie.
    »Gehen wir rüber zum Kreis. Großvater soll heute Geschichten erzählen.« Puck nickte, und sie zogen los, wobei sie demselben Pfad folgten, den Brian Garroway vor nicht allzu langer Zeit so eilig beschritten hatte. Die zwei Kobolde hielten sich am äußersten Rand des Weges, um nicht von einem etwaigen anderen Waldläufer zertrampelt zu werden. Mit ihren kurzen Beinen kamen sie nicht so schnell vorwärts, doch nach angemessener Frist erreichten auch sie die Lichtung und den Ring aus magischen Steinen.
    Aphrodite, die bohemische Liebesministerin, lag noch immer besinnungslos im Inneren des Kreises. Furchtlos drängte sich eine wimmelnde Menge von Kobolden um sie herum, und einzelne benutzten sie sogar als Riesensofa; eine Koboldin stand seelenruhig auf Aphrodites Nacken und schnitt ihr Haarsträhnen ab, die man später zu allerlei Geweben verarbeiten würde.
    Puck und Zephyr mischten sich unters Volk. Anders als die Menschen pflegten sich die Kobolde an diesem Feiertag nicht zu kostümieren: Was hätte es für ein unsichtbares Zauberwesen auch für einen Sinn gehabt, sich als Gespenst oder Butzemann zu verkleiden? Puck entdeckte Hamlet unter den zahllosen Gesichtern; wie gewöhnlich in Eichenlaub gekleidet, das Nadelschwert an der Seite, plauderte er mit Jaquenetta, der Tierführerin, die in der Nacht von Spinnwebs und Saffrons Tod mit von der Partie gewesen war. Etwas weiter weg, fast am Rand des Kreises, waren Zephyrs

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