Fool on the Hill
Geschichte!«
»Siehst du?« sagte Puck zu seinem Gegner. »Du verdirbst noch allen den Abend!«
Laertes sah zu Hobart hinüber: »Krieg ich nun meine Geschichte, ja oder nein?«
»Ja, ja, ist gut! Wenn du dich unbedingt wie ein verzogenes Kind aufführen willst, sollst du deinen Willen haben, damit du Ruhe gibst. Die Waffe weg, Puck!«
»Aber keine x-beliebige Todesgeschichte«, fügte Laertes hinzu, als Puck sein Schwert widerwillig in die Scheide zurücksteckte.
»Dir schwebt also eine ganz bestimmte vor?«
»Ja. Du sollst uns vom Krieg erzählen.«
Hobart erblaßte. »Vom Krieg...«
»Ja, warum nicht?« drängte Laertes. »Ist das nicht die schlimmste Todesgeschichte überhaupt? Genau, was ich jetzt brauche. Erzähl uns, erzähl uns vom Großen Krieg. Erzähl uns die Geschichte von Rasferret dem Engerling.«
Stephen George saß an der Bar im Pavillon und becherte mit Löwenherz und Shen Han.
»Tut mir leid, George«, sagte der bohemische König, der wie üblich seinen Midori aus einem Schnapsglas schlürfte, »ich weiß nicht, wovon du redest.«
»Ich ebensowenig«, sagte der tolkienianische Präsident.
Löwenherz leerte sein Glas und bestellte das nächste. »Versteh mich recht, wir hätten dich wirklich einladen sollen, und jetzt, wo du hier bist, kannst du natürlich auch bleiben, aber...«
»Aber ihr habt die Einladung nicht geschickt«, vollendete George den Satz für ihn.
»Wie, sagtest du, war der Wortlaut?« fragte Shen Han. ›»Die Dame vom Tolkien-Haus‹? Unsere Einladungen erfolgen immer im Namen der Brüder vom Tolkien-Haus. Die Dame ist uns vollkommen unbekannt; das einzige, was wir über sie wissen, ist, daß sie das Haus gebaut hat.«
»Ich könnte mir vorstellen, daß ich was über sie weiß«, murmelte George.
Sie schwiegen verdutzt. Löwenherz kippte einen weiteren Midori und sah zu Shen Han hinüber, als ihm plötzlich etwas einfiel.
»Ach ja«, sagte er, »ich wollte dir noch danken. Ich war vor ein paar Minuten drüben beim Spiegel des Galadriel und hab gesehen, daß die Gummimaid weg ist. Ihr habt sie rausgeworfen, was?«
Shen Han blinzelte. »Ich wollt’s tun... Tut mir leid, das muß mir entfallen sein. Das wird wohl einer der anderen besorgt haben. Noldorin vielleicht.«
»Egal«, sagte Löwenherz. »Hauptsache, sie ist weg.«
»Die Gummimaid?« fragte George. »Was ist denn die Gummimaid?«
»Ein dummer Scherz«, erklärte Löwenherz. »Spielt keine Rolle. Sag uns lieber, wann du diese Einladung bekommen hast.«
»Ich weiß nicht. Es ist komisch, aber ich kann mich gar nicht erinnern, sie tatsächlich erhalten zu haben. Ich weiß bloß, daß sie die letzten paar Wochen neben meiner Schreibmaschine gelegen hat. Ich kann nicht -«
Er verstummte. Hinter der Bar, draußen, halb hinter einem Baum an der Rückseite des Festzeltes versteckt, war ihm ein Hirtenstab aufgefallen. Er stand auf.
»George?«
»Ihr müßt mich kurz entschuldigen«, sagte er. »Ich hab mit jemandem ein paar Takte zu reden.«
Shen Han blickte sich um. »Mit wem denn?«
»Der Schönen Schäferin. Wir unterhalten uns nachher weiter, okay?«
George verabschiedete sich von den beiden mit einem Kopfnicken, drängte sich eilig um die Theke und ging auf den Baum zu. Er hatte ihn fast erreicht, als der Hirtenstab hinter dem Stamm verschwand, um Sekunden später knapp zehn Meter weiter hinter einem anderen Baum wiederaufzutauchen.
»Gut«, sagte George. »Auf ein neues.« Er ließ sich bereitwillig von der flüchtigen Hirtin zu einer fröhlichen Jagd verführen. Während Brian Garroway der Dame seines Herzens fast ununterbrochen nachgerufen hatte, sie möchte auf ihn warten, sparte sich George die Mühe; Kalliope wußte genau, was sie wollte, und er hatte nicht ein einziges Mal erlebt, daß sie eines ihrer Spiele vorzeitig abgebrochen hätte. Es hatte keinen Sinn, sich dem Gang der Ereignisse zu widersetzen.
Er tappte auf eine offene Lichtung, wo der dritte Präsident, Lucius DeRond, rittlings auf dem Riesenpilz saß und aus einer Wasserpfeife schmauchte. »Von dieser Seite des Pilzes wirst du größer«, intonierte Lucius, indem er Rauchkringel gen Himmel blies, »und von dieser Seite kleiner.« George fragte ihn, was die Mitte des Pilzes bewirke, wartete indes die Antwort nicht ab; der schlanke, rosenfarbene Hirtenstab lockte ihn weiter.
Jenseits der Lichtung wurden die Bäume allmählich dichter, der Nebel undurchdringlicher. Bald folgte er nicht mehr dem Schäferstab, sondern nur dem
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