Fool on the Hill
Teil von Lothlorien, wo die Bäume am dichtesten standen, fuhr Rasferrets Geist in die Gummimaid und flößte ihren Gliedmaßen Leben ein, ließ Glasaugen mit blauem Feuer auflodern. Aus diesen Augen blickend, probierte Rasferret seinen neuen Körper aus, öffnete und schloß die Hände, bewegte die Arme, zertrat einen trockenen Zweig, als er seinen ersten Schritt tat.
Es war 23 Uhr 15. Die Stunde des Tötens hatte begonnen.
IV
Amos Noldorin, Kopräsident der Tolkienia, und seine Dame Fujiko lagen nackt wie Adam und Lilith im Garten Eden beieinander auf einem weißen Seidenlaken inmitten der Lichtung am Eingang von Lothlorien. Direkt über ihnen, in der Flanke des Hügels, öffnete sich die Tür, die zu den unterirdischen Gewölben von Khazad-dûm und weiter zum Fahrstuhl führte.
Die Sterne blinkten hübsch am Himmelsgewölbe, und das gelegentliche Aufleuchten eines Meteors sorgte für Abwechslung. Die Luft im Garten war angenehm warm, nicht zu feucht, und ein kaum wahrnehmbarer Wind fächelte ihnen den Duft exotischer Blumen zu: Usambaraveilchen vielleicht oder Mallorn- Blüten. Von diesem gebändigten Paradies umgeben, stritten die zwei Verliebten scherzhaft darüber, was in der nächsten knappen Viertelstunde zu tun sei. Noldorin beharrte darauf, daß sie sich anziehen und nach oben gehen sollten, um Prediger und Jinsei, die jeden Augenblick ankommen mußten, in Empfang zu nehmen. Fujiko, deren bohemische Libido gegenwärtig die Oberhand hatte, bekundete ihre Wünsche, indem sie ihre Zunge hinter seinem linken Ohr spielen ließ.
»Jetzt wart doch«, protestierte Noldorin - nicht allzu heftig -, als sie ihn erneut auf das Laken hinunterdrückte und versuchte, ihn zu besteigen. »Warte doch! Sie sind bestimmt gleich da.«
»Ist die Eingangstür abgeschlossen?« fragte Fujiko, und beugte sich vor, um seine Brust zu küssen.
»Das nicht«, gab Noldorin zu. Seine Widerstandskraft erlahmte mehr und mehr.
»Wo liegt dann das Problem?«
»Ich werd dir sagen, wo das Problem... ich... schau doch, he, was ist, wenn sie reinkommen und uns so sehen?«
»Dann sollen sie sich ein eigenes Laken holen«, meinte Fujiko und machte sich eifrig an ihm zu schaffen. »Oder sich ins Gras legen.«
»Findest du nicht...« Noldorin hielt kurz inne, um nach Luft zu schnappen, »... findest du nicht, daß das ein bißchen zu sehr gegen die Anstandsregeln verstoßen würde?«
»Sprich einer Risleyanerin niemals von Benimm«, entgegnete Fujiko, und in diesem Augenblick drehte jemand am Schalter und verwandelte den lustvollen Tagtraum in einen eiskalten Nachtmahr. Ihre Hände auf Noldorins Körper erstarrten. Seine vielversprechende Halberektion welkte dahin wie eine abgeschnittene Blume, und beide fröstelten.
»O Gott!« rief Fujiko angsterfüllt aus, und der noch auf dem Rücken liegende Noldorin brauchte nicht erst groß zu fragen, was los sei.
Das Himmelsgewölbe war schwarz geworden. Pechschwarz. Doch das war noch nicht das Schlimmste. Die Brise hatte schlagartig aufgehört, und alle Wärme schien irgendwie aus der Luft verschwunden zu sein. Die Leiber der zwei Verliebten dampften, so plötzlich, so abrupt war der Temperatursturz gewesen. Aber auch das war noch nicht das Schlimmste, ebensowenig der Nebel, der um sie herum aufzusteigen begann und drohte, auch noch das schwache Licht der verborgenen Bodenbeleuchtung zu verschlucken. Das Schlimmste war das Geräusch: das Geräusch eines nicht allzu verstohlen sich nähernden Etwas, das ihnen aus einer nicht weit entfernten Baumgruppe entgegendrang.
»Gott, o Gott, wir sind nicht allein!« schrie die zitternde Fujiko. An einem anderen Ort, zu einer anderen - unendlich fernen - Zeit hatte sie einer wütenden Rockergang ohne jede Angst die Stirn geboten, doch jetzt packte sie ein übernatürliches Entsetzen, und Bilder aus schrecklichen Märchen gingen ihr durch den Kopf: der nach Rotkäppchens Blut dürstende böse Wolf, die Hexe, die nach Hansels Rippchen schmachtet.
Noldorin richtete sich zur Hocke auf und schlug das Laken eng um sich und Fujiko, um ihre Blöße zu bedecken und gegen die Kälte. Auch er verspürte dieses Entsetzen, doch nicht nur das. Er fühlte sich merkwürdig benommen: benommen vom plötzlichen Temperaturwechsel, vom Liegen, vom Wein, den er getrunken hatte. Mit schwindligem Kopf betrachtete er den Ring an seiner rechten Hand, einen Silberreif mit einem weißen Opal. Er war eine Nachbildung eines von Tolkiens drei Großen Eibischen Ringen. Magie.
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