Fool on the Hill
Blackjack hielt die Einsamkeit irgendwann nicht mehr aus. Doch bis dahin würde er auf dem kalten, windigen, verschneiten Hügel bleiben, in dessen Himmelsduft, den Luther so geliebt hatte, sich inzwischen ein anderer Geruch mischte, wie von Ratten, aber längst nicht so lecker. Für einen Herrenlosen war Ithaca im Winter wahrlich kein Paradies, aber die Bronx war genauso kalt gewesen und das Futter noch spärlicher. Ja, besser als die Landstraße war das hier allemal.
»Hö’ zu, Kaate’«, hatte Rover-der-Ätzer gestern zu ihm gesagt. »‘Ove’ hat so ne Voo’ahnung,was dein’n Luuthe’ angeht, Mann.«
»Vorahnung?« hatte Blackjack skeptisch gefragt. Von übersinnlichen Wahrnehmungen hielt er noch weniger als von Kätzchen.
»Genau, eh. Mach du di’ man keine Soo’gen um ihn; diese’ Hund, eh, de’ kommt mit Lady F’ühling wiede’.« Nach kurzem Zögern hatte er hinzugefügt: »Falls de’ F’ühling kommt.«
»Falls?« Zum ersten Mal seit Wochen mußte der Kater grinsen. »Willst du damit sagen, daß hier auf dieser himmlischen Uni sogar die Jahreszeiten fakultativ sind?«
»Kein Jux, Mann, eh. ‘Ove’ will damit nu’ saagen, daß du dich besse’ wenige’ um Luuthe’ un’ meh’ um dich selbs’ soo’gen tätest, ‘iechst du’s nich? ‘aaq - ‘aaq is in de’ Luft, Mann. Schlechte Zeiten im Anmaa’sch.«
»Schlechte Zeiten? Na, hää’zlichen Dank auch, Mann, aber ich denk nicht daran, vor dem bißchen Gestank den Schwanz einzuziehen ... und was deinen Teufel angeht, so war’s mir nur recht, wenn er mich fände; ich bin genau in der ‘ichtigen Stimmung für ne Keile’ei.«
Kurz daraufwar der Puli verärgert weitergegangen, und Black-jack hatte sich noch lange über dieses Gespräch amüsiert - zumindest, solange er wach blieb. Aber Katzen können sich an ihre Traume nicht erinnern, und in der dunklen Welt des Alptraums sind Vorahnungen durchaus möglich. In dieser Nacht floh der Kater vor einem scharfzahnigen Ungeheuer, das ihn unerbittlich verfolgte: einem Untier, das er sehr gut kannte und längst hinter sich gelassen zu haben glaubte, das aber mit derselben unaufhaltsamen Entschlossenheit, die Luther ostwärts nach Ithaca zog, immer näher und näher kam. Und als Blackjack aufwachte, wartete auch er auf die schlimme Botschaft, die die Iden des März bringen würden, wenngleich es ihm nicht bewußt war.
Inzwischen beschloß Rasferret, sich einen Spaß zu gönnen und bei der jungen Asiatin, die ihm in der Neujahrsnacht durch die Lappen gegangen war, einen neuen Versuch zu starten. Die Uhr zog sich zu einer zweiten Stunde des Tötens auf.
Rasferret und der Schwarze Ritter
I
Carl Sagans Haus thronte am Rand der Schlucht und lud wie immer zu Spekulationen ein, wie es wohl innen aussehen mochte. Von außen wirkte es schlicht wie ein Betonklotz, ein hundertprozentig meteoriten- und gammastrahlensicherer Bunker. Gerüchten zufolge barg es jedoch in seinem Inneren solche Wunderwerke wie einen laserbeleuchteten Whirlpool, eine vollautomatisierte Hausbar mit Roboter-Butler und ein maßgefertigtes Holographiezimmer, in dem man sitzen und die Bewegungen von Milliarden und aber Milliarden computersimulierter Sterne beobachten konnte.
»Also was hat Prediger dir erzählt?« fragte der Schwarze Ritter. »Über mich?«
»Was er halt wußte. Nicht viel. Ich wollte dein... deine Einstellung verstehen.«
Nach einem Abend des Abwartens und Aufschiebens, in dessen Verlauf sie nicht ein einziges ernsthaftes Wort miteinander gewechselt hatten, waren Ragnarök und Jinsei in die Winternacht hinausgefahren; zahlreiche Glatteisstellen hatten die Straße in eine Slalomstrecke verwandelt und Rag eine vorsichtige Fahrweise abverlangt. Jetzt parkten sie an der Nordseite der Cayuga-Heights-Brücke, hoch über dem Fall Creek (stromabwärts von der Hängebrücke), und es schien, als ob das Schweigen endlich ein Ende finden würde. Die Lichter der Stadt, die sich nach Westen hin ausdehnte, spiegelten sich in Ragnaröks Brille, als er über den Rand der Schlucht spähte. Tief unter ihnen bildete das Flüßchen einen Wasserfall, der laut in der Finsternis raunte.
»Meine Einstellung.« Ragnarök lachte. »Du meinst doch mein emotionales Problem, oder?«
»Nenn’s, wie du willst«, sagte Jinsei. »Jedenfalls macht’s mir angst. Höllische Angst. Es tut mir nur leid, wenn du der Meinung bist, Prediger hätte mir nichts sagen dürfen.«
»Dürfen? Nein, das ist es nicht. Ich habe ihn
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