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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Schindeln zurückzuschicken - sie waren schon drangenagelt. Wer weiß, wenn der alte Folkers davon Wind bekommen hätte, wäre er vielleicht imstande gewesen, sie alle runterzureißen und durch arische zu ersetzen, aber mein Vater hielt es nicht für nötig, ihm das auf die Nase zu binden. So gerieten wir uns in die Haare. Fing zuerst mit viel Geschrei an, aber ich sagte die falschen Dinge, und da ist er ausgerastet, hat mich rumgeschubst... wir hatten einen Spiegel, einen holzgerahmten Spiegel, der, solange ich denken konnte, in unserem Wohnzimmer gestanden hatte, und da stieß er mich direkt rein. Ich hab mich an x verschiedenen Stellen geschnitten. Danach blieb’s nicht mehr beim Schreien.«
    Ragnarök schluckte. »Ich hatte ein Stück Glas in der Hand, eine Scherbe vom Spiegel, geformt wie ein Messer. Ich dachte, ich würd ihm damit die Kehle durchschneiden. Beinah. Beinah...«
    »Aber du hast es nicht getan«, sagte Jinsei.
    »Ich hab’s fallen lassen. Als ich auf ihn losging, war es einfach nicht mehr in meiner Hand, und ich habe ihn statt dessen geschlagen. Ein paarmal mehr als nötig. Dann ist er hingefallen und hat angefangen zu weinen. Weißt du, das einzige, was noch schlimmer ist, als deinen Vater weinen zu hören, ist, ihn weinen zu hören und zu wissen, daß du ihn dazu gebracht hast...« Er verstummte. Zuckte mit den Schultern. »Wie dem auch sei. Das war’s dann. Ich verließ das Haus und lief einfach immer weiter. Hungerte unterwegs, jedenfalls bis ich Predigers Familie kennenlernte. Nach Hause bin ich nie wieder zurückgekehrt. Das war unmöglich; unser nächster Streit wäre ein ganzes Stück schlimmer ausgegangen.«
    »Na schön«, sagte Jinsei. »Aber warum gibst du dir dann nicht endlich eine Chance und läßt die Sache auf sich beruhen?«
    »Wie meinst du das?«
    »Du machst mir angst«, sagte sie. »Furchtbare Angst. Und dir selbst machst du, glaub ich, sogar noch mehr angst. Du hast dieses Bild von dir als... ich weiß auch nicht was, als SA-Mann vielleicht, der drauf wartet, daß es mit ihm durchgeht. Und vielleicht bist du wirklich gewalttätiger, als es für dich gut ist, aber von diesem Mangel an Selbstbeherrschung, der dir solche Sorgen bereitet, kann ich beim besten Willen nichts feststellen. Du hast Bobby Shelton zusammengeschlagen, Jack Baron hättest du vermutlich am liebsten das Genick gebrochen, aber du hast es nicht getan. Gott weiß, was dein erster Impuls war, als du mich und Prediger zusammen gesehen hast, aber du hast dich beherrscht. Und dein Vater... ich weiß nicht, was dazu gehört, sich gegen neunzehn Jahre solcher - solcher Erziehung aufzulehnen, aber es überrascht mich nicht, daß du dazu wütend sein mußt, sehr wütend. So wütend, daß du ihn hättest umbringen können. Aber du hast es nicht getan, Ragnarök.«
    »Du warst nicht dabei. Du hast nicht gesehen -« »Brauch ich auch nicht. Wenn du dich bemühst, etwas weniger gewalttätig zu sein - in Ordnung. Ich werde dann ruhiger schlafen. Aber genauso in Ordnung ist es, wenn du dir selbst verzeihst.«
    »Nein. Nein, das ist es nicht, du verstehst einfach nicht! In mir steckt zuviel vom Klan... wenn ich die Zügel locker lasse, mich nur einmal entspanne, dann lauf ich Gefahr, mir das nächstemal, wenn ich einem Typen wie Jack die Fresse poliere, anschließend auf die Schulter zu klopfen, gut gemacht, Rag. Und dann... siehst du nicht, was dann passieren würde? Ich werde nie jemandes Ritter in schimmernder Rüstung sein. Ich bin wie sie; ich hab einfach nicht das Zeug dazu. Ich hab zuviel von meinem Vater mitbekommen.«
    Jinsei sah ihn wenig überzeugt an und tippte mit einem Finger an den linken Bügel seiner Sonnenbrille. »Könntest du bitte das Ding da abnehmen?« fragte sie und tat es dann selbst, bevor er antworten konnte. »Schon besser. Du hast schöne Augen; du solltest sie nicht verstecken. Hör zu, Rag, niemand verlangt von dir, daß du ein Ritter oder Heiliger bist. Das kannst du ruhig anderen überlassen. Wozu ich dich brauche, ist... na ja, ich hätte dich gern als Freund. Ich brauche einen, besonders jetzt, wo Prediger tot ist. Ich brauche jemand, mit dem ich über alles reden kann, was in der Neujahrsnacht passiert ist. Aber mit einem Jemand, der sich andauernd selbst zerfleischt, ist mir nicht gedient.«
    »Ich bin kein so guter Mensch«, beharrte Ragnarök, »wie du zu glauben scheinst.«
    Da lachte sie los und verblüffte ihn total, als sie ihm scherzhaft gegen die Schulter boxte. »Du dämlicher

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