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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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plötzlich stehen. Der Laster rollte kurz aus, und Galatea kurbelte die Handbremse fest, bevor es ihm in den Sinn kam, den Rückzug anzutreten.
    Die Schweine, die es anscheinend nicht erwarten konnten, sich abschlachten zu lassen, stimmten prompt ein Protestgeschrei ob der erneuten Verzögerung an. Galatea beachtete sie nicht weiter und kletterte, mit einer Taschenlampe bewaffnet, aus der Fahrerkabine. In der eisigen Luft fröstelnd, versuchte sie, die Kabine umzuklappen, um einen Blick auf den Motor zu werfen; sie rührte sich nicht.
    »Was zum Teufel...«
    Mittlerweile stinksauer, unternahm sie einen weiteren Versuch, doch der Hebemechanismus verweigerte die Zusammenarbeit.
    »Ich sollte dich da oben verscharren«, schimpfte sie mit dem Laster; die Nähe des Friedhofs flößte ihr ein gewisses Unbehagen ein. »Dich und die verdammten Schweine gleich mit.«
    Doch statt einen Spaten zu zücken, überquerte sie die Straße und begab sich zum nächstgelegenen Haus (eigentlich war es mehr eine Kate). Es brannte kein Licht, aber das war völlig in Ordnung: Wenn Galatea schon eine Scheißnacht verbringen mußte, dann sah sie keinen Grund, nicht auch andere daran teilhaben zu lassen.
    »Hallo, da drinnen!« rief sie und hämmerte dabei an die Tür. »He, aufwach-«
    Ihr mannhaftes Anklopfen ließ die Tür erbeben. Das Schloß klapperte, klickte, und die Tür ging nach innen auf. Im Haus war alles schwarz. Sehr schwarz.
    »Was’n gruseliges Mistloch«, bemerkte Galatea. Sie stieß die Tür vollends auf und trat über die Schwelle. »Hallo, ist da wer? Ich-«
    Da das Haus nun offiziell als gruselig eingestuft worden war, wäre Galatea nicht allzu überrascht gewesen, wenn sie plötzlich etwas aus der Dunkelheit angesprungen hätte. Das leise Rumpeln und Poltern ihres Lasters, der ohne sie wegfuhr - das war allerdings ein Schock.
    »He!« brüllte sie und wirbelte herum. »He, welches verfluchte A-«
    Doch da war keins, soweit man sehen konnte. Im Dunkeln sah die Kabine leer aus, obwohl das natürlich unmöglich war. Noch merkwürdiger war freilich, daß es der unsichtbare Fahrer irgendwie fertiggebracht hatte, den Laster bergauf in Bewegung zu setzen, ohne den Motor wieder anzulassen. Denn daß der Motor schwieg, war offenkundig, obwohl die Schweine einen unglaublichen Radau veranstalteten und nicht mehr nur quiekten, sondern regelrecht schrien, als wären sie im Schlachthof angelangt und würden, an den Füßen aufgehängt endlich erkennen, welches Schicksal ihnen bevorstand.
    Der Sattelzug beschleunigte schneller, als es selbst mit laufendem Motor möglich gewesen wäre, trotzdem rannte ihm Galatea nach und erreichte die Fahrerkabine, bevor er sich endgültig absetzen konnte. Sie sprang hoch, klammerte sich am Griff der Fahrertür fest und suchte mit den Füßen verzweifelt nach Halt. Für einen kurzen Augenblick fuhr sie außen am Lastwagen mit, gerade lang genug, um einen Blick hineinzuwerfen und sich zu vergewissern, daß wirklich niemand am Lenkrad saß. Dann ruckte die Kabine und warf sie ab; ihr rechter Fuß rutschte unter den Anhänger und wurde von sechs der achtzehn Räder zermalmt.
    Unbeirrt setzte der Sattelzug seine Fahrt den Hügel hinauf fort und ließ sie liegen — und in ihrem Schmerz konnte sich Galatea nicht gebührend über den glücklichen Umstand freuen, daß das Ungetüm nicht stehenblieb und wieder zurücksetzte, um ihr den Rest zu geben. So, wie sie am Boden lag, konnte sie direkt unter dem davonfahrenden Anhänger durchschauen, unter der Kabine durch, bis dahin, wo das Licht der Scheinwerfer auf die vereiste Fahrbahn traf.
    Blau, dachte Galatea und fing an zu schreien. Verdammte Scheiße, sie leuchten blau...
     
    III
     
    »Es ging um eine Lieferung Schindeln, damit kam es zum endgültigen Krach«, erklärte ihr Ragnarök. »Prediger hat dir doch erzählt, daß mein Vater Zimmermann war, oder? Seit meinem fünfzehnten Lebensjahr war ich eine Art Juniorpartner, hab nach der Schule immer im Betrieb mitgeholfen. Als ich neunzehn war, beschloß Lisbeth Folkers’ Vater, sein Dach neu decken zu lassen. Es war meine Aufgabe, das Material zu besorgen. Ich kaufte die Schindeln bei Gordon-Small, in der Nähe von Durham.« »Die Holzhandlung gehörte einem Schwarzen?« fragte Jinsei. »Gordon war schwarz. Small war Jude.« Er lächelte. »Es war höchste Zeit, allerhöchste Zeit, daß ich etwas in der Art tat. Als Papa das herausbekam, schäumte er natürlich vor Wut, aber es war zu spät, um die

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