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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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symbolisch zur Wehr setzen und schreien oder sonst was in der Art tun, wenn man daran ging, ihn umzubringen, während dem Grünzeug diese Möglichkeit in der Regel versagt bleibe. Von ihrem gehirnamputierten Bettgenossen an die Grenze ihrer Langmut getrieben, hatte die Vegetarierin ihre pazifistischen Ideale vorübergehend über Bord geworfen und war gewalttätig geworden. Nach einem kurzen Austausch von Küchenutensilien und anderen nicht-niet-und-nagelfesten Gegenständen hatten sich die zwei Liebenden mit je einer Abschiedsohrfeige für immer voneinander getrennt.
    Wie er nun im Empfangsbüro der Forschungsanstalt einen Kaffee trank und sich bei der Betrachtung der »lesbischen« Bildsequenz der neuesten ›Penthouse‹-Ausgabe die Lippen leckte, fühlte sich Tyson Riddle beim Anblick eines Muttermals an die längst verlorene Dame Fleischlos erinnert; und ihm wurde warm zumute, als er sich vergegenwärtigte, daß in ebendieser Anstalt Tiere Tag für Tag im Namen der Wissenschaft zu Tode gefoltert wurden, viele von ihnen ohne jede Notwendigkeit.
    Er lehnte sich zurück und legte die Füße auf den Schreibtisch, wobei er achtlos gegen einen Stapel zerfledderter Taschenbücher trat. Zuoberst lag eine von gründlicher Lektüre zeugende Comic-Version von ›Mumu‹; darunter, und einschlägiger, ein Exemplar der nützlichen, von der American Medical Association herausgegebenen Broschüre ›Den Kopf retten: Über den richtigen Umgang mit tollwütigen Tieren‹. Riddle war für die Hundeabteilung der Anstalt zuständig. Er haßte Hunde.
    Ein Lastwagen hatte draußen vor dem Empfangsbüro geparkt, und eine Lieferantin namens Abby Rasmussen lud gerade eine Sendung chirurgischer Instrumente aus. Riddle legte die Lesbierinnen für einen Augenblick beiseite und sah ihr durchs Fenster zu. Rasmussen erinnerte ihn überhaupt nicht an die Vegetarierin - sie hatte beispielsweise langes blondes Haar, während Fleischlos pechschwarz gewesen war -, und trotz ihrer eher durchschnittlichen Oberweite fand Riddle sie verdammt sexy. Als sie hereinkam, um sich die Lieferung quittieren zu lassen, teilte er ihr sein Urteil mit.
    »Also wie ist es, Rasmussen?« fragte er. »Fühlst du dich nie einsam, den ganzen Tag auf der Straße?«
    Rasmussen, die einmal einen Sommer lang Mitglieder für die CIA angeworben hatte und Riddle in etwa so attraktiv fand wie einen anal fixierten Sandinisten, lutschte nachdenklich ein Bonbon.
    »Ich werd dir was sagen«, erwiderte sie. »So wie ich die Sache sehe, gibt es drei Zustände: einsam, verzweifelt und das Stadium, in dem man sich genausogut seine Selbstachtung bewahren und ins Kloster gehen kann. Kannst du mir folgen, Tyson?«
    Nachdem sie weggefahren war, machte es sich Riddle wieder bequem und holte aus der untersten Schublade des Schreibtisches sein Stilett hervor. Die Waffe bestach durch eine Zwanzigzentimeterklinge und war als Bausatz von einem Versandhaus aus dem Süden gekommen. Riddle ließ das Messer aufschnappen und kritzelte mit der Spitze auf den Penthousebildern herum. Nach fünf Minuten ließ er wieder davon ab; er war nur ein halbherziger Frauenhasser.
    Er brühte sich gerade eine frische Tasse Kaffee auf und überlegte derweil, ob er jemanden vom Eingang der Lieferung benachrichtigen oder gar selbst wieder an die Arbeit gehen sollte, als das Telefon klingelte.
    »Hallo. Was wollen Sie?«
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang irgendwie leicht fremdländisch.
    »Im Schuppen läuft ein Hund frei herum«, sagte sie.
    »Ha? Wer spricht da?«
    »Sie haben während der Arbeit geschlafen, Mr. Riddle. Einer der Hundekäfige steht sperrangelweit offen. Ich sehe es mit eigenen Augen. Ganz schön großer Hund im übrigen...«
    »Sie können es unmöglich sehen«, entgegnete Riddle, der wenig Sinn für dumme Streiche hatte. »Da drin ist überhaupt kein Telefon. Welches verdammte Arschloch spricht denn da?«
    »Ah, diese gepflegte Ausdrucksweise. Einen wunderschönen Tag noch, Mr. Riddle.«
    Der Anrufer legte auf. Riddle knallte den Hörer auf die Gabel, ging ans Fenster und sah hinaus. Der Schuppen, der die Hundekäfige beherbergte, lag am anderen Ende des Gebäudekomplexes. Es war ein relativ kleiner Schuppen; den weitaus größten Posten in der Anstalt machten Kaninchen und kleinere Nagetiere aus.
    »Scheiße...« Na ja, er mußte sowieso rüber und ein paar Käfige säubern. Also verzichtete er auf seine zweite Tasse Kaffee, schnappte sich seine Jacke, schob das Stilett gedankenlos in

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