Fool on the Hill
waren ein paar Kaffeespritzer, die noch beseitigt werden mußten.
»Und was ist das?« fragte Aurora und sah sich den Korb näher an. Weidengeflecht, mit einem Band und einem Kärtchen am Griff.
»Hab ich heute früh vor der Tür gefunden. Du kennst nicht zufällig jemanden, der auf einem Passagierdampfer arbeitet?«
»›Bon voyage‹« las sie auf der Karte. ›»Vom Fährmann.‹ Soll das ein Witz sein?«
»Frag mich was Leichteres, Lady. Ich hab’s mehr oder weniger aufgegeben, mysteriösen Sendungen und ihrer Herkunft auf den Grund gehen zu wollen. Lohnt die Mühe nicht. Wie war’s mit einem Apfel?«
Dem Apfel, hätte er ruhig sagen können; es gab nur einen. Wie er so blank poliert, makellos und rot inmitten fleckiger Bananen
und sauer aussehender Trauben lag, war er zweifellos die appetitlichste Frucht im Korb. Aurora nahm ihn, spürte seine Kälte in ihrer Hand, und ein Dutzend Märchen fielen ihr wieder ein. Sie lächelte.
»Wahrscheinlich ist er vergiftet«, warnte George sie.
»Wie der Wein in der Scheune?«
»Genau.«
»Hmmm... ich glaube, ich hätte nichts gegen eine zweite Vergiftung von der Art.«
»Na, dann beiß rein«, riet George. Er legte den Lappen weg und wandte sich wieder den Pfannkuchen und Würstchen zu. Was dann geschah, wirkte nicht ganz so dramatisch, wie es vielleicht im Sinne des Erfinders gewesen war.
George hörte das saftige Knirschen, als Aurora in den Apfel biß; einen Augenblick später einen dumpfen Aufprall, als die Frucht zu Boden fiel.
»Ach du Schreck«, sagte sie.
»Aurora?« George drehte sich um und sah, daß sie taumelte.
»Ach du Schreck«, wiederholte sie. Denn natürlich war es ein vergifteter Apfel. Zugleich war es aber auch ein Apfel der Erkenntnis, und kurz bevor sie zusammenbrach, waren Auroras Augen von diesem Wissen erfüllt. »Schneewittchen. Er ist verrückt nach Grimms Märchen.«
George fing sie mitten im Fall ab.
III
Zwei Tage später, am 13., ließen Ragnarök und Jinsei ihre Morgenveranstaltungen sausen und gingen nach Collegetown auf ein Eis im Cravings Ice Cream Shoppe. Seit ihrem Rennen mit dem Lastwagen hatten sie mehr Zeit gemeinsam als allein verbracht. Ragnarök war noch nie zuvor mit einer Frau richtig befreundet gewesen, und er hätte es früher vielleicht nicht für möglich gehalten; dennoch lagen hier alle Symptome einer engen Freundschaft vor, während sich seine Verliebtheit - wie ein echter Südstaatengentleman - höflich zu verabschieden schien. Es wäre falsch gewesen zu behaupten, daß Jinsei ihm Prediger ersetzt hatte - niemand, ob Mann oder Frau, hätte das jemals geschafft -, doch zweifellos nahm sie in seinem Herzen mittlerweile einen recht ähnlichen Platz ein. Viele Nächte hindurch hatten sie miteinander gesprochen und, wie es sich für gute Freunde gehört, einander geholfen, mit alten und neueren Tragödien fertig zu werden. Sie hatten mit Sicherheit genügend Gesprächsstoff.
An diesem Montagmorgen trug Jinsei dazu bei, eine weitere Tragödie zu verhindern, indem sie einen Kampf beendete, noch ehe er richtig ausbrechen konnte.
»Na, wen haben wir denn da!« Jack Baron, noch immer regierender Präsident der allseits beliebten Rho Alpha Tau, lief um seinen Porsche herum und stellte sich Ragnarök und Jinsei in den Weg, die gerade aus der Eisdiele kamen. Er war nicht allein: Bobby Shelton und Bill Chaney quetschten sich aus der Beifahrertür heraus. »Wie läuft’s denn so in Bohemia?« fragte Jack heiter. »Und im Orient?«
»Nicht«, sagte Jinsei und umklammerte automatisch Ragnaröks Arm. Zwei parkende Autos weiter lehnte Samuel Doubleday seine nicht unbeträchtliche Leibesfülle an seinen Straßenkreuzer; Nattie Hollister war eben über die Straße gerannt, um Kaffee und Krapfen zu holen. Wenn Jinsei glaubte, Jack Baron hätte den Polizisten nicht bemerkt, so irrte sie sich. Und wenn sie glaubte, die Anwesenheit des Polizisten würde eine hemmende Wirkung auf die Rattenbrüder ausüben, so irrte sie sich abermals.
»Im Ernst.« Als Ragnarök nicht antwortete, sondern nur finster dreinschaute, fuhr Jack Baron fort. »Im Ernst, wie ist es dir denn so ergangen?« Seine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln: »Wie geht’s dem guten alten Prediger?«
»Oh, Jack!« Bobby Sheltons Miene parodierte Bestürzung. »Danach hättest du nicht fragen dürfen, Jack. Hast du denn das Neueste noch nicht gehört?«
»Aber nein, Bobby.« Jack sah angemessen verblüfft aus. »Was denn?«
Ȇber unseren
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